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Mehr als einen Blick wert

Knut Balandis. Foto: Andreas Greiner-Napp
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Braunschweigs Künstler im Porträt – Photographiekünstler Andreas Greiner-Napp stellt seinen Bildband „EINblick“ vor.

Nicht selten werden Künstler durch reine Zufälle inspiriert. Und so war das auch beim Photographiekünstler Andreas Greiner-Napp. Für seinen gerade erschienen Bildband „EINblick“, in dem er 82 regionale Künstler vorstellt, bedurfte es eines Dachbodenfunds als Anregung. Nach einem Jahr Arbeit ist jetzt ein Buch mit individuellen, ausdrucksstarken, künstlerischen Porträtfotos erschienen, das dank einiger begleitender Textpassagen auch eine gute Portion Witz enthält.

Der Berufsverband der Bildenden Künstlerinnen und Künstler in Braunschweig (BBK) hatte alle seine Mitglieder befragt, wer mit einem Künstlerportrait EINblick gewähren möchte. Nicht alle sagten zu. Denen, die teilnahmen, ist Meisterphotographen Andreas Greiner-Napp mit seinen Porträts sehr nahe gekommen. Jedes Foto für sich ist ein Kunstwerk.

In seiner Einführung schreibt Kunsthistoriker Prof. Dr. Dr. Andreas Tacke von der Universität Trier über die beeindruckend fotografierten Köpfe: „Einige mit tief eingegrabenen Lebensspuren. Eine Vielzahl an unterschiedlichen Stufen auf der Lebensleiter. Eine Vielzahl an Möglichkeiten, wie das Leben mit einem spielte oder wie mit dem Leben gespielt wurde. Spätestens hier löst sich die intendierte Reihung des Fotoprojekts auf, offenbaren sich Menschen, die für sich selbst stehen, ohne das Vor- und Nachher der Anderen.“

Und Jim Rakete, ein national anerkannter Meister des Porträts, urteilt in seinem Vorwort: „Gerade in Zeiten immenser Bildgefräßigkeit fällt ins Auge, dass es für den wählerischen Moment bei der Abbildung einer Person keinen Ersatz gibt.“ Greiner-Napp habe der Versuchung widerstanden, einfach nur Gesichter zu sammeln. Dafür steht das dem Buch vorangestellte Goethe-Zitat gewissermaßen als Gütesiegel: Dem Augenblick Dauer verleihen.

„EINblick“ lädt in erster Linie zum Betrachten der ästhetischen Bilder ein, aber eben auch zum Lesen. Getragen werden Fotos und Texte von einem sehr aufgeräumten, klar gegliederten Layout, das Greiner-Napp dem Braunschweiger Künstler Ingo Lehnhof anvertraute. Mit ihm hatte er gemeinsam an der Hochschule für Bildende Künste (HBK) studiert und zuvor bereits ein Buchprojekt realisiert.

Am Anfang hatte Andreas Greiner-Napp beim Aufräumen auf dem Dachboden des BBK-Kunsthauses an der Humboldtstraße 34 ein Fotobuch aus den frühen 1980er Jahren in die Hand bekommen. Darin waren die damaligen BBK-Künstler in Schwarz-Weiß-Aufnahmen porträtiert und mit ihren Lebensläufen aufgeführt. „Ich dachte mir, dass es so etwas wieder geben müsste, aber eben anders, moderner, kreativer“, erinnert sich Greiner Napp an jenen ersten Moment. Mit seiner Idee rannte er sowohl bei den meisten Kolleginnen und Kollegen als auch bei Unterstützern „offene Türen einrannte“. Das Projekt nahm Gestalt an.

Er beteiligte die Künstlerinnen und Künstler an den Inszenierungen seiner Fotos, fragte sie nach dem Ort, an dem sie am liebsten porträtiert werden wollten und stellte ihnen auch sehr persönliche Fragen. Etwa die: Wären Sie nicht Künstler, welchen Beruf hätten Sie am liebsten? Sany Abdullah antwortet: Kartoffelschäler in der Küche. Was würden Sie gerne erlernen? Gelassenheit und Geduld, sagt Bettina Hackbarth. Worüber ärgern Sie sich am meisten? Ignoranz, Respektlosigkeit, Besserwisserei, Hundehaufen, Ungeduld, meint Susanne Hesch. Oder: Was bringt Sie zum Lachen? Worauf Manfred Kracht kurz anmerkt: Diese Fragen.

Die Porträtfotos sind sehr oft in den Ateliers oder Werkstätten der Künstlerinnen und Künstler entstanden und stellen Bezüge zu den Arbeiten her. Jürgen Neumann wird inmitten seiner mannshohen Holzskulpturen abgelichtet, Michael Benning vor einem seiner Objektkästen und Heike Czerwonka-Dörges zwischen ihren großformatigen Zeichnungen. Viele wählten aber auch besondere Orte für ihre Porträts. Knud Ballands sitzt in einem Bauwagen, Ilse Hilpert steht mit Gummistiefeln im Kreuzteich und Deborah Uhde hat sich auf einen Dachboden verirrt.

Dank der Unterstützung der Stadt Braunschweig und der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz sowie weiteren Förderern konnte der BBK das Projekt realisieren. „So ungewöhnlich die Herangehensweise der Initiatoren an diese Publikation ist, so ausgefallen und exklusiv sind auch die Informationen über die Künstlerinnen und Künstler“, lobt Dr. Anja Hesse, Kulturdezernentin der Stadt. Und Tobias Henkel, Direktor der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz schreibt: „Lieber Andreas, Du schließt neue Welten auf. Du schickst uns auf eine Erkundungsreise in bisher Unerkanntes. In Braunschweig. Bei Braunschweigern. Danke!“

„EINblick- 82 Künstler des BBK Braunschweig“ ist vom 7. November an für 29,95 €uro im Kunsthaus BBK, bei der Buchhandlung Graff und über den VITA-MINE Verlag, info@vitamine-verlag.de zu erhalten.

Fakten

Der Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler vertritt rund 14.000 Künstlerinnen und Künstler. Damit ist der BBK der größte Bundesverband für bildende Künstler in Europa. Der Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler Braunschweig e. V. arbeitet seit 1991 als selbständiger Verein. Der BBK Braunschweig vertritt die Interessen von etwa 120 Mitgliedern gegenüber der Stadt Braunschweig und der kunstinteressierten Öffentlichkeit in der Region. Dazu zählt auch die Beratung seiner Mitglieder in Fragen der Sozial- und Krankenversicherung, des Urheber- und des Steuerrechtes sowie bei Verträgen mit Galerien.

Fotos

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