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Diesen Burgturm gibt es doppelt

Die Kopie des Burgtums der Burg Danwarderode am Haus Hochstraße 21. Foto: Thomas Ostwald
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Braunschweigs skurrile Ecken und andere Merkwürdigkeiten, Folge 18: An der Hochstraße 21 steht eine Kopie des Turms der Burg Dankwarderode

Wer auf der Kastanienallee und der sich anschließenden Helmstedter Straße in Richtung Innenstadt fährt, erhascht mit einem Seitenblick in die Hochstraße einen Blick auf einen prächtigen Burgturm und fragt sich, wie kommt ausgerechnet an diese Stelle, mitten in der Wohnbebauung, eine Burg? Und vor allem: Diesen Turm, den kenne ich, aber nur woher?

Gehen wir diesen Fragen also nach. Nähern wir uns dem Gebäude, dann verstärkt sich die Anmutung einer alten Burganlage. Und es handelt sich in gewisser Weise tatsächlich auch um eine „Burg“, aber sie ist eben beileibe nicht mittelalterlichen Ursprungs, sondern in ihrem heutigen Erscheinungsbild erst nach dem Zweiten Weltkrieg auf skurrile Art und Weise entstanden.

Über dem Eingang ist der stilisierte Umriss eines Uhus zu erkennen, der augenzwinkernd ein Auge zukneift. Und an der „Burgpforte“ steht in Stein gemeißelt der Name „Schlaraffia Brunsviga“. Das deutet auf den Eigentümer und natürlich auf eine Kuriosität hin: Dem Braunschweiger Ableger des weltweiten, 1859 in Prag gegründeten Bundes Allschlaraffia gehört also diese vermeintliche Burg – und das schon seit 1912. Die Mitglieder nennen sich je nach Zugehörigkeitsdauer „Knappen“, „Junker“ und „Ritter“. Folgerichtig haben sie ihr Domizil „Okerburg“ getauft. Schließlich sieht es ja auch wie eine aus.

Während der Nazizeit war allerdings auch die Brunsviga als „Winkelloge“ verboten und wurde enteignet. Im Krieg erhielt das Gebäude zu allem Überfluss einen heftigen Bombentreffer. Doch schon gleich nach Kriegsende fanden sich die Schlaraffen wieder zusammen, bekamen ihr Haus zurück und begannen mit dem Wiederaufbau.

Dabei erst erhielt das Gebäude seinen prächtigen Turmaufbau. Denn beim Wiederaufbau ihrer „Burg“ erinnerten sich die Schlaraffen an den Stadtbaurat Ludwig Winter, der die Burg Dankwarderode zwischen 1887 bis 1906 auf den Grundmauern der alten Anlage ebenfalls frei „historisierend“ hatte aufbauen lassen. Eben diesen besagten Turm hatte er eigens dafür entworfen. Daran nahmen sich die Schlaraffen jener Tage ein Beispiel und fertigten fantasievoll eine Kopie des an. So steht nun eine Burg an einer Stelle, an der man keine weitere in Braunschweig vermuten würde: An der Hochstraße 21.

Ursprünglich befand sich in dem Gebäude die Werkstatt des berühmten Erzgießers und Metalltreibers Georg Howaldt. Diesem Mann verdanken wir nicht nur verschiedene Denkmäler unserer Stadt, sondern sehr viele in ganz Deutschland. Howaldt wurde 1802 in Braunschweig als Sohne eines bekannten Goldschmieds geboren. Er trat in die Fußstapfen seines Vaters, ging später nach Nürnberg und begann mit dem Gießen größerer Figuren. 1837 folgte Howaldt dem Ruf des Collegium Carolinums, der heutigen Technischen Universität Braunschweig, und wurde 1863 Professor für Modellieren. Er starb 1883 hoch geachtet und wohlhabend. Sein Grab befindet sich auf dem Magni-Friedhof.

Zu seinen Arbeiten in Braunschweig zählen ursprüngliche Quadriaga auf dem Schloss, Heinrichbrunnen am Hagenmarkt, die Reiterstandbilder vor dem Schloss, die Denkmäler für Lessing, Gauß, Bugenhagen und Herzog Wilhelm. Er erhielt Aufträge aus England und den USA, fertigte u.a. auch das Kaiser-Wilhelm-Denkmal am Deutschen Eck in Koblenz.

In der dritten Generation der Familie Howaldt kam es aber 1906 zum Konkurs der Gießerei. Das Gebäude stand leer, bis der Verein „Schlaraffia Brunsviga“ die ehemalige Gießerei 1912 für 19.000 Mark erwarb. Die ehemalige Gießhalle wurde zum „Rittersaal“ umgebaut, womit der Aufbau der „Okerburg“ begann. Die ‚Neuesten Nachrichten‘ aus Braunschweig schrieben in dem Jahr von einem Umbau im „romanischen Stile“.

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