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Wie der Weihnachtsbaum nach Amerika kam

Grußkarte mit dem ersten Weihnachtsbaum Nordamerikas. Foto: Archiv IBR
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Geschichte(n) aus dem Braunschweigischen, Folge 6: Mit Friederike Riedesel führte eine Braunschweigerin die Tradition in Übersee ein.

Die Tradition des Weihnachtsbaumes, die einst vom Oberrheingebiet ihren Ausgang nahm, ist allgemein bekannt. Vom Zunftbrauch zum familiären Festsymbol war seit dem 16. Jahrhundert nur ein kurzer Weg. Wesentlich länger war er nicht nur im bildlichen Sinne über den Ozean, jedoch ging das auch schneller als oft vermutet. Denn tatsächlich war es eine Frau aus Braunschweig, die den ersten Weihnachtsbaum Amerikas schon 1781aufgestellt hatte und eben nicht, wie oft behauptet, erst im 19. Jahrhundert.

Friederike Riedesel (1745 – 1808) vollbrachte diese „Pioniertat“. Ihr Ehemann, General Friedrich Adolf Riedesel Freiherr zu Eisenbach (1738 – 1800), hatte die braunschweigischen Soldaten im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg geführt. Deren Landungsgebiet nach der Überfahrt ist heute noch als New Brunswick bekannt und liegt in Kanada.

Der gebürtige Hesse Riedesel war Adjutant des Herzogs Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel. Der Herzog hatte seine die Briten unterstützende Truppe von rund 4000 Mann unter den Befehl Riedesels gestellt. Es gelang die Vertreibung der amerikanischen Streitkräfte aus Kanada. Braunschweigische Soldaten waren von 1776 bis 1783 in Nordamerika im Einsatz.

Das Quartier des Generals befand sich im Winter 1781 in Sorel/Kanada. Schon damals gedachte man gerade in Kriegszeiten an Weihnachten besonders wehmütig der fernen Heimat. Zum Weihnachtsfest  sorgte daher die Frau des Hauses dafür, dass sich die Familie, Freunde und Soldaten um einen kerzengeschmückten Baum versammeln konnten – eine Erinnerung an die Heimat Braunschweig, in die Riedesel wenige Jahre später auch wieder zurückkehren konnte.

Die Sitte des geschmückten Weihnachtsbaumes aber breitete sich nun auch in Nordamerika aus, wo bekanntlich am Ende des 19. Jahrhunderts erstmals elektrische Kerzen die Weihnachtsbäume schmückten. Vor dem ehemaligen Hauptquartier der Braunschweiger Truppen in Kanada erinnert noch heute eine Tannenbaumsilhouette an den ersten von Friederike Riedesel aufgestellten christmas tree.

In der Stadt Braunschweig ist der traditionelle Weihnachtsbaum erstmals 1810 nachweisbar, jedoch liefern die Braunschweigischen Anzeigen bereits Anfang Dezember 1790 erste Hinweise auf diesen Brauch. In einer Anzeige wurden damals „einige Kiepen Hohen Buchsbaum zu Weihnachtsbäumen für Kinder zu gebrauchen“ angeboten. Der Weihnachtsbaum offenbarte aber auch die sozialen Gegensätze. Erwerb durch Kauf war nur dem wohlhabenden städtischen Bürgertum möglich. Die ärmere Bevölkerung schlug die Bäume selbst im Wald.

Dies führte zu ernsthaften Problemen in der Forstwirtschaft. Um den stadtnahen Baumbestand zu schützen, wurden deswegen sogar Weihnachtsbäume für den häuslichen Gebrauch durch Verordnungen verboten. Letztlich setzte sich der Brauch, im Familienkreis unter dem Tannenbaum zu feiern, aber im 19. Jahrhundert allmählich dennoch durch. Der Baumschmuck bestand meist aus Kerzen, Äpfeln, vergoldeten Nüssen, Figurengebäck, das mit rotem und weißem Zuckerguss verziert war und natürlich aus Bratjenkerls. Die Figuren aus Dörrobst waren eine Braunschweiger Spezialität. Erst im 20. Jahrhundert folgten Glaskugeln und Lametta als Weihnachtsbaumschmuck.

Termin:

Gerd Biegel, Gründungsdirektor des Instituts für Braunschweigische Regionalgeschichte, hält am Donnerstag, 20. Dezember 2018, um 19 Uhr im Institut (Fallersleber-Tor-Wall 23, 38100 Braunschweig) einen Familienvortrag zu Braunschweigischen Weihnachtsbräuchen.

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