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„Anerkennung für Stifter befördern“

Professor Dr. Michael Göring. Foto: David Ausserhofer
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Interview mit Professor Dr. Göring, dem neuen Vorsitzenden des Bundesverbands Deutscher Stiftungen.

Professor Dr. Michael Göring will als neuer Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Stiftungen noch mehr Menschen zum Stiften animieren. „Ich bin überzeugt, dass wir die positive Wirkung privater Stiftungen auf die Gesellschaft noch weiter mehren können“, sagte er im Interview mit der Stiftungsplattform der Braunschweigischen Stiftungen „Der Löwe“. Göring, Vorstandsvorsitzender der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius in Hamburg, setzt dabei unter anderem auf Stiftungskooperationen, stärkeres Werben für sogenannte Verbrauchsstiftungen und intensivere Öffentlichkeitsarbeit.

Herr Professor Dr. Göring, herzlichen Glückwunsch zum neuen Ehrenamt. Wo packen Sie als Erstes an?

Ich möchte noch stärker als bisher deutlich machen, was private Stiftungen für die Gesellschaft bedeuten. Der Stiftungsgedanke ist ein Grundelement unserer freiheitlichen Gesellschaft. Nicht umsonst wurde er im Dritten Reich und im Kommunismus unterdrückt. Stifterisches Engagement ist für das Gemeinwohl also ein sehr hohes Gut. Ich bin überzeugt, dass wir die positive Wirkung privater Stiftungen auf die Gesellschaft noch weiter ausbauen können. Durch veränderte Rahmenbedingungen wird die Anzahl der Stiftungen in Deutschland weiter zunehmen. Wir haben schon jetzt mehr als 20.000 Stiftungen. Das sind doppelt so viele wie noch vor zehn Jahren. Wir sind also bereits auf einem sehr guten Weg.

Wie erklären Sie sich die erfreuliche Entwicklung?

Mehr als 70 Jahre nach dem Weltkrieg haben wir eine reife und wohlhabende Gesellschaft in Deutschland. Viele vermögende Menschen sind dankbar für den erfolgreichen Weg, den sie beruflich gehen konnten, und spüren nun das Bedürfnis, der Gesellschaft etwas zurückgeben zu wollen. Viele, die die Möglichkeit dazu haben, entdecken über eine Stiftung aber auch, dass sie eigene Ziele gemeinnützig erreichen können. Im vergangenen Jahr gab es wieder 634 neue Stiftungen.

Und das, obwohl die Niedrigzinsphase die Ertragsmöglichkeiten für Stiftungen sehr schwierig macht.

Ja, das ist zweifellos ein Problem. Weniger für die großen Stiftungen, die können über professionelles Management und Investitionen etwa in Immobilien relativ sicher Erträge erwirtschaften, aber kleine Stiftungen haben es sehr schwer, ihr Stiftungsziel noch zureichend erfüllen zu können. Deswegen raten wir verstärkt zu Zusammenschlüssen oder Kooperationen. Ich finde es auch sympathisch, wenn kleinere Stiftungen nur für eine Generation, für 15 oder 20 Jahre als Verbrauchsstiftung gegründet werden. Das ist ja seit 2013 erlaubt. Der Ewigkeitsgedanke bei Stiftungen ist gerade bei jüngeren Stiftern nicht mehr so ausgeprägt. Sie wollen selbst entscheiden, wo ihr Geld gemeinnützig eingesetzt wird und es auch erleben. Im Übrigen sind schon immmer Stiftungen auch wieder verschwunden, etwa durch Kriege, Inflationen oder ähnlichem. Der Gedanke, eine Stiftung müsse immer auf die Ewigkeit angelegt sein, ist keineswegs zwingend.

Wo liegen die Vorteile Ihrer geschilderten Alternativen?

Es geht bei allen Modellen immer nur um höhere Effizienz der Stiftungen. Mehr Bündnisse steigern die Qualität der Stiftungsarbeit. Ein Zusammenschluss bietet sich etwa an, wenn kleine Stiftungen mit geringen Erträgen gleiche Ziele haben und gemeinsam mehr erreichen können. Ich denke da beispielsweise auch an die vielen Bürgerstiftungen, die es mittlerweile gibt. Eine Kooperation ist sinnvoll, wenn eine Stiftung allein ein bestimmtes Projekt nicht realisieren kann, aber es zu zweit klappt, wenn die jeweiligen Stiftungsziele passen. Und Verbrauchsstiftungen, die nicht nur mit ihre Zinserträge einsetzen müssen, sondern eben auch mit ihrem Kapital fördern dürfen, sind ein Weg, trotz der Niedrigzinsphase gut fördern zu können. Oft schießen Stifter da selbst Kapital nach, was ja auch die Steuerlast mindert. An dieser Möglichkeit sieht man, dass unsere Gesellschaft stiftungsfreundlich ist.

Welche Rolle spielen für Sie regionale Stiftungen?

Regionale Stiftungen haben den großen Vorteil, dass sie genau wissen, was vor Ort passiert, was in der Region erforderlich und förderwürdig ist. Sie haben die Möglichkeit, auf die Entwicklung in der jeweiligen Region einzuwirken. Wenn diese Kraft noch koordiniert und gebündelt wird, wie beispielsweise mit dem Haus der Stiftungen in Braunschweig, dann sind der Wirkungsgrad des Engagements und die Akzeptanz der Stiftungen in der Gesellschaft sehr hoch.

Nach Ihrer Wahl haben Sie gesagt, dass Sie noch mehr Menschen zum Stiften anstiften wollen. Wie?

Ich habe es eingangs schon erwähnt. Stiftungen müssen besser und anschaulicher vermitteln, was sie ermöglichen, was sie leisten. Das heißt, dass die Öffentlichkeitsarbeit verbessert und intensiviert werden muss. Das positive Wirken von Stiftungen muss stärker verankert werden im Bewusstsein der Menschen. Ihr Portal „Der Löwe“ ist dafür beispielgebend. Es ist vielseitig, interessant und motivierend. Ich sehe es als wesentliche Aufgabe des Bundesverbandes an, die Anerkennung für Stiftende und Stiftungen weiter zu befördern.

Zur Person:

Michael Göring wurde am 30. Juli 1956 in Lippstadt/Westfalen geboren. Er ist Stiftungsmanager und Autor (Der Seiltänzer, 2011; Vor der Wand, 2013). Er leitet als Vorsitzender des Vorstandes die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius in Hamburg. Darüber hinaus ist er Honorarprofessor am Institut für Kultur- und Medienmanagement der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg und Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen in Berlin. Michael Göring war zuletzt im Januar in Braunschweig. Er las im Haus der Stiftungen am Löwenwall aus seinem Roman „vor der Wand“.

Info:

Als unabhängiger Dachverband vertritt der Bundesverband Deutscher Stiftungen die Interessen der Stiftungen in Deutschland. Der größte Stiftungsverband in Europa hat rund 3.900 Mitglieder; über Stiftungsverwaltungen sind ihm insgesamt mehr als 7.000 Stiftungen mitgliedschaftlich verbunden. Damit repräsentiert der Dachverband rund drei Viertel des deutschen Stiftungsvermögens in Höhe von mehr als 100 Milliarden Euro.

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