Schön schräg verschroben

Die Dame am See. Foto: Tobias Teich
Die Dame am See. Foto: Tobias Teich

Theater­kol­lektiv Märchen­onkel insze­niert Landschafts­spa­zier­gang „Die Dame vom See“.

Wie ist das eigent­lich, wenn wir eine Einla­dungs­karte zu einem Fest aus dem Brief­kasten fischen? Zum 60. von Onkel Peter zum Beispiel. Bricht dann einzig und allein die schiere Freude aus, weil Onkel Peter unser Herzen­s­onkel ist, mit dem man immer alles bequat­schen konnte, was bei den Eltern zu gewissen Lebens­ab­schnitts­zeiten vielleicht weniger ratsam war? Oder rattert vielleicht auch dieses im Kopf ab: Was ziehe ich an, kreisch!? Was nur schenken, Panik?! Hoffent­lich kommt Tante Dingsda nicht, bitte­bitte!? Was kann ich nur sensa­tio­nell Köstli­ches fürs Büffet zaubern, mmhhh?! Kurz gesagt: Stress pur. Und das Fest tritt in den Hinter­grund, versackt in den Nebeln einer völlig überfrach­teten, leer drehenden Vorbe­rei­tungs­hys­terie.

Dies ist vielleicht der thema­ti­sche Kern eines theatralen Landschafts­spa­zier­gangs am Braun­schweiger Dowesee. Auf den Weg macht sich das Theater­kol­lektiv Märchen­onkel mit Gästen von 6 bis 99 Jahren. Geladen hat nicht der Onkel und auch keine Tante, sondern „Die Dame vom See“. „Es geht nicht darum, die größte Torte, das teuerste Geschenk und das extra­va­gan­teste Outfit zu präsen­tieren, du bist nicht einge­laden, um den kompli­zier­testen Tanz und die effekt­vollste Feuershow vorzu­führen. Du bist geladen, um herrlich mensch­lich zu sein.“

So steht es auf der Einla­dungs­karte. „Wir wollen mit diesem Spazier­gang gesell­schaft­liche Zwänge aufzeigen und brechen“, erläutert Märchen­on­kelin Johanna Abrams im Vorge­spräch. Häufig sei es ja so, dass das Wesent­liche eines Festes, nämlich das beisammen sein, das intensive Reden, das Mitein­ander bei Tanz und Spiel, völlig verdrängt werde von so unwesent­li­chen Details wie: Wer hat den  schärfsten Fummel an? Wer die origi­nellste Verpa­ckung fürs Geschenk fabri­ziert? „Die Dame vom See bittet Dich nur, dass Du kommst. Dass Du kommst, in eine fremde Welt – die doch nicht fremd ist!“, heißt es weiter auf der Einla­dungs­karte.

Ohne zu viel zu verraten: ein bisschen fremdeln wird der ein oder andere „Mitläufer“ schon, wenn das Augap­fel­wesen das ein oder andere Auge wohin auch immer wirft. Oder man befürchten muss, dass sich die Gebende Geranie vor Begeis­te­rung ins Blumen­töpf­chen macht … Schön schräg verschroben und märchen­haft lustwand­le­risch soll der andert­halb­stün­dige Weg mit diesen Wesen(tlichen) um den See werden. Ein schil­lerndes Spiel mit Erwar­tungen und Wünschen und Sehnsüchten, die ein jeder mit an das Ufer des Sees bringt. Und wenn es regnen sollte, auch nicht so schlimm, findet Rike Breier vom Theater­kol­lektiv: „Der Dowesee ist einfach toll. Das Ambiente ist immer anders. Wenn der Wind den See wellt oder die Regen­tropfen auf dem Wasser tanzen, da sieht man alles immer wieder neu und anders.“ Und am Schluss? Wird es ein Fest geben? Man wird sehen, aber ist der Gedanke gemeinsam aufzu­bre­chen nicht auch schon ganz schön festlich.

Der theatrale Landschafts­spa­zier­gang „Die Dame vom See“ ist ein Projekt des Theater­kol­lek­tivs Märchen­onkel in Koope­ra­tion mit dem Förder­verein Kultur unter Glas. Märchen­onkel sind: Johanna Abrams, Rike Breier und Lisa Weymanns.

Mehr unter www.theater-märchenonkel.de

Auffüh­rungen am Freitag, 16.9., jeweils um 17.30 Uhr sowie Sonnabend, 17.9., und Sonntag, 18.9., jeweils um 15 Uhr im Schul- und Bürger­garten Dowesee.

Tickets an allen bekannten Vorver­kaufs­stellen oder unter www.konzertkasse.de.

Tickets für 10 Euro/ermäßigt 5 Euro. Schul­klassen oder Gruppen ab zehn Personen zahlen nur 3 Euro pro Ticket.

Gefördert von der Stadt Braun­schweig, dem Freun­des­kreis der Heinrich Böll Stiftung, dem Förder­verein des Schul- und Bürger­gar­tens am Dowesee und der Biolo­gie­sta­tion Dowesee und Die Braun­schwei­gi­sche Stiftung.

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