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Themen waren Trümmer, Hunger, Flüchtlinge

Prof. Gerd Biegel, Direktor des Instituts für Braunschweigische Regionalgeschichte; und Dr. Gert Hoffmann, Präsident der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, zu Beginn des Vortrags. Foto: SBK
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Vortrag von Prof. Gerd Biegel zum 70. Jahrestag der letzten Braunschweigischen Landtagssitzung im Institut für Braunschweigische Regionalgeschichte.

In seinem Vortrag zum 70. Jahrestag der letzten Braunschweigischen Landtagssitzung lobte Prof. Gerd Biegel, Direktor des Instituts für Braunschweigische Regionalgeschichte, Fleiß und Pragmatismus der Abgeordneten. In nur neun Monaten hätten 14 Landtagssitzungen (mit der Sitzung des zunächst eingesetzten Landesrates) und dazu die der Ausschüsse stattgefunden. Die Protokolle wiesen, so Biegel, aus, dass die Fragen der Ernährung, der Flüchtlinge, der Wohnraumbewirtschaftung und der Kriminalität, zum Beispiel Schwarzmarkt, oberste Priorität besaßen und nicht die nach einer neuen Braunschweigischen Verfassung.

Die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz und das Institut für Braunschweigische Regionalgeschichte hatten am vergangenen Mittwoch zu einem Vortragsabend über diese letzten Monate des Braunschweigischen Landtags im Jahre 1946 eingeladen. Der Titel lautete: „… dieses Ende kennzeichnet den Beginn der wirklichen Demokratie“. Professor Biegel stellte das Auflösen des alten Landes Braunschweig und den Beginn des heutigen Niedersachsens als spannende und widersprüchliche Entwicklung dar.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Land Braunschweig durch die britische Militärregierung wieder mit dem Länderstatus ausgestattet. Mit der Verordnung Nr. 55 wurde zum 1. November 1946 aber die Bildung des Landes Niedersachsen verfügt, dem auch das alte Land Braunschweig angehörte. Mit der letzten Landtagssitzung am 21. November 1946 endeten die parlamentarisch-demokratische Tradition und die Selbstständigkeit des Landes Braunschweig mit der Eingliederung in das neue Land Niedersachsen.

In seinen einführenden Bemerkungen hatte zuvor Dr. Gert Hoffmann, Präsident der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz (SBK), auf die wechselvolle, auch im europäischen Maßstab bedeutende Geschichte des Landes Braunschweig hingewiesen. Er erinnerte daran, dass der Abschied den Zeitgenossen 1946 nicht leicht gefallen ist. Die Erinnerung an diesen Umstand ist heute keine nostalgisch-traurige Gedenkkultur. Es sei die Kenntlichmachung, wo dieses alte Land Braunschweig noch heute seine Wirkung entfaltet – auch wenn es schon 70 Jahre nicht mehr als eigenständiger Staat existiere und vor zwölf Jahren dazu noch die alte Bezirksregierung Braunschweig aufgelöst worden sei. Mit dem Ende dieser letzten Verwaltungsebene, die an das alte Braunschweig anknüpfte, sei folgerichtig die SBK mit dem gesetzlichen Auftrag, die historische und kulturelle Identität des Braunschweiger Landes zu bewahren und zu fördern, entstanden.

Biegel wies in seinem Vortrag auf den unvergessenen Appell des SPD-Ministerpräsidenten Alfred Kubel an die Militärregierung hin, dass man mit sieben Gramm Fett keine deutsche Demokratie aufbauen könne. Als man sich im Braunschweigischen dann an die Verfassung gemacht habe, sei die Entscheidung der Briten, nur fünf Länder auf ihrem Gebiet zuzulassen, bereits festgezurrt gewesen. Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein waren gegründet, Hamburg und Bremen gesetzt, also musste der Rest Niedersachsen werden.

Ob eine rechtzeitige Braunschweigische Verfassung das Aufgehen in Niedersachsen verhindert hätte, ist hypothetisch. „Ein früher Landesplan hätte den Denkprozess der Briten vielleicht noch beeinflusst“, räumte Biegel ein. Andererseits habe auch die frühe Verfassung in Oldenburg die Oldenburger nicht davor bewahrt, im neuen Land Niedersachsen aufgehen zu müssen.

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