Das ehemalige Opernhaus in Braun­schweig

Opernhaus am Hagenmarkt, Westseite des ersten Baues, Zeichnung.
Opernhaus am Hagenmarkt, Westseite des ersten Baues. Nach einem Kupferstich von August Anton Beck, 1714.

Das alte Opern- und Schau­spiel­haus am Hagen­markt in Braun­schweig zählte im 18. und 19. Jahrhun­dert zu den großen Musik­häu­sern in Norddeutsch­land. Nicht nur wegen seiner hervor­ra­genden Akustik, sondern auch wegen der damals  modernen Bühnen­technik. Der Name des großen zeitge­nöss­si­chen Bühnen­bild­ners Johann Oswald Harms (1643–1708), der auch mit der berühmten Hamburger Oper zusam­men­ar­bei­tete, stand für das „größte, präch­tigste und schönste […] Theatrum“ seiner Zeit.

Das Haus war eine herzog­liche Einrich­tung, nicht der Braun­schweiger Bürger! Der theater­be­geis­terte Herzog Anton Ulrich (reg. 1685–1714) ließ sich den Bau 27.000 Reichs­taler kosten, und er entstand unter der Feder­füh­rung von Anton Ulrichs Hofbau­meister Hermann Korb. Umgebaut wurden das alte, nach 1671 nicht mehr benötigte Rathaus des Weich­bildes Hagen und dessen Gewand­haus. Am 2. Februar 1690 wurde es mit einer Auffüh­rung der Oper „Cleopatra“ eröffnet (Musik von Johann S. Kusser). Die Urauf­füh­rungen  von G. E. Lessings Emilia Galotti anläßlich des Geburts­tages von Herzogin Philip­pine Charlotte am 13. März 1772 und Goethes „Faust“ (Teil I) im Jahr 1829 belegen den natio­nalen Rang der Spiel­stätte.

Johann Oswald Harms, Bühnenentwurf für eine unbekannte Aufführung im Opernhaus, Aquarell 1691.
Johann Oswald Harms, Bühnen­ent­wurf für eine unbekannte Auffüh­rung im Opernhaus, Aquarell 1691.

Das Opernhaus als Teil herzög­li­cher Politik

Die Herzöge, seit 1671 wieder im Besitz der größten Stadt des Landes, wollten die Bürger schritt­weise für sich gewinnen, nachdem schon in den 1680er Jahren mehrere Sozial­stif­tungen zur Entlas­tung von Bedürf­tigen einge­richtet worden waren. Als Opern­nutzer im Blick hatte man neben den zahlenden, „wohlge­klei­deten“  Bürgern auch an die vielen Besucher der beiden Braun­schweiger Handels­messen, die jedes Jahr seit 1681 im Februar und August zwischen Altstadt- und Kohlmarkt statt­fanden.

Das Haus besaß ferner einen großen Redou­ten­saal, einen Festsaal zur allge­meinen Benutzung. Solange kein repäsen­ta­tives Stadt­schloss vorhanden war und sich die Herzöge bis 1724 bei ihren Besuchen in Braun­schweig im Burgpa­last und in den umgebauten Wirtschafts­ge­bäuden der Riddags­häuser Zister­zi­enser, im Grauen Hof, aufhielten, diente auch ihnen der Redou­ten­saal als Feststätte.

Das Opernhaus bildete schon 1690 den nördli­chen Abschluss einer zukünf­tigen „Residenz­meile“ in Braun­schweig. Sie erhielt seit dem frühen 18. Jht. entlang des Bohlwegs das herzog­liche Zeughaus (1712–1735), das „Cavaliers­haus“ (1748; für adelige Hofgäste), das Collegium Carolinum (1745), die Reitbahn (1748) und als südlichen Abschluß das Graue Hofschloss (1717–1724 ff.). Das Opernhaus bildete den Auftakt zu dieser Perlschnur an höfischen Bauten inmitten Braun­schweigs, die aller­dings 60 Jahre brauchte, bis sie vollständig war.

Das Opernhaus im Wandel der Zeiten

Das Äußere, wie es August Beck 1714 überlie­ferte, machte einen schlichten Eindruck: zweige­schossig mit Mezzanin und einfacher Giebel­front nach Westen, Balkons vor der ersten Etage der Besucher­säle. Unter Carl I. wurde 1745 durch Martin Peltier die Haupt­seite nach Süden an die Straße verlegt, wo auch die Zugänge lagen. Hier beein­druckte eine frühklas­si­zis­ti­sche Tempel­front mit einem Relief des Musen­gottes Apollon, die von zwei übergie­belten, großen Dachgauben begleitet wurde. Damit war in Richtung Residenz­schloss eine repäsen­ta­tive Fassade entstanden, deren Tempel­front die höfische Formen­sprache des Grauen Hofschlosses zitierte.

Unbekannter Maler, Opernhaus am Hagenmarkt in Braunschweig nach Umbau von 1745 mit neuer Fassade nach Süden, Gemälde um 1830.
Unbekannter Maler, Opernhaus am Hagen­markt in Braun­schweig nach Umbau von 1745 mit neuer Fassade nach Süden, Gemälde um 1830.

1861 wurde das Opernhaus am Hagen­markt aus Gründen der Feuer­ge­fähr­dung geschlossen und am heutigem Standort am Ende des Steinwegs ein neues Schau­spiel­haus errichtet. 2025 blickt das Staats­theater in Braun­schweig auf eine 335jährige Tradition zurück. Eine Auszeich­nung, die gewiß nur wenige Schau­spiel­häuser Europas bieten können.
In der derzei­tigen Ausstel­lung „Residenz­Wechsel“ (noch bis 31. August 2025) im Schloss­mu­seum ist dem Operhaus eine eigene  Abteilung mit umfang­rei­chen Betrach­tungen gewidmet. Und: am Hagen­markt finden gerade Ausgra­bungen statt, die die Keller­ge­wölbe des Opern­hauses und angren­zender Gebäude freilegen – sehens­wert!

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