Das erste öffent­liche Museum des Konti­nents

Blick in den vierten Oberlichtsaal auf Rembrandts Familienbild an der Stirnseite. Foto: Herzog Anton Ulrich-Museum
Blick in den vierten Oberlichtsaal auf Rembrandts Familienbild an der Stirnseite. Foto: Herzog Anton Ulrich-Museum

Braun­schwei­gi­sche Museen, Folge 16: Das Herzog Anton Ulrich-Museum wurde 1754 wenige Monate nach dem Briti­schen Museum in London eröffnet.

Das Herzog Anton Ulrich-Museum zählt zu jenen Orten in Braun­schweig, die jedem Städte­tou­risten als dringender Ratschlag für einen Rundgang durch Braun­schweig mit auf den Weg gegeben werden. Vielleicht als Nummer zwei nach dem Burgplatz mit dem Löwen, aber doch mit der überaus stolzen Bemerkung ergänzt: „Ist ja schließ­lich der Louvre des Nordens“. Aber mal Hand aufs Herz, wer von uns Einhei­mi­schen war überhaupt schon dort nach der Umbauzeit von gut sieben Jahren und der Wieder­eröff­nung 2016. Aktuell ist wegen der Corona-Pandemie geschlossen. Aber danach wird es höchste Zeit. Hier folgen die Argumente:

Leiden­schaft­li­cher Kunst­sammler

Der Raum der Geschichte im Erdgeschoss. Foto: Herzog Anton Ulrich-Museum
Der Raum der Geschichte im Erdge­schoss. Foto: Herzog Anton Ulrich-Museum

Dem Museum gebührt ein Super­lativ: Es war 1754 das erste öffent­liche Museum auf dem europäi­schen Kontinent. Carl I. öffnete seine Kunst- und Wunder­kammer für das Volk. Es war in jener Zeit sicher ein Akt der Aufklä­rung, aber auch eine Zurschau­stel­lung von Bedeutung und Vermögen, die Carl I. wichtig war. Benannt ist das Museum nach einem seiner Vorgänger, Herzog Anton Ulrich von Braun­schweig-Lüneburg. Er war der leiden­schaft­liche Kunst­sammler, dem im Kern die hochka­rä­tigen Bestände barocker Kunst zu verdanken sind. Der Name des Museums ist also mehr als in Ordnung. Nur wenige Monate vor dem Braun­schweiger Museum hatte jedoch das Britische Museum in London seine Pforten für die Allge­mein­heit geöffnet. Es gilt demnach als das älteste öffent­lich zugäng­liche Museum Europas. Wir Braun­schweiger können damit ganz gut leben.

Museumsbau 1887 eröffnet

Nach mehreren Umzügen fanden die Kunst­samm­lungen in einem eigens für sie errich­teten Museums­ge­bäude ein neues Zuhause. Das vom renom­mierten Archi­tekten Oskar Sommer entwor­fene Gebäude wurde 1887 eröffnet. Die Natur­kun­de­samm­lung ist heute im Natur­his­to­ri­schen Museum zu sehen. Davor war sie zwischen­zeit­lich auch in Räumen des Residenz­schlosses unter­ge­bracht.

Die Präsentation der Limoges-Porzellan im zweiten Obergeschoss. Foto: Herzog Anton Ulrich-Museum
Die Präsen­ta­tion der Limoges-Porzellan im zweiten Oberge­schoss. Foto: Herzog Anton Ulrich-Museum

Heute werden im Herzog Anton Ulrich-Museum 4000 Kunst­werke aus 3000 Jahren Kunst­ge­schichte in den Dauer­aus­stel­lungen präsen­tiert. Dazu zählt eine Statue von Philippos III. Arrhi­daios, König von Makedo­nien, um 320 vor Christus, ebenso wie ein Zweidrit­tel­taler von 1675 aus der Stadt Braun­schweig unter Herzog Rudolph August. Die Bandbreite der Exponate ist enorm vielfältig: Gemälde, Grafiken, Skulp­turen, Porzellan, Prunk­möbel, Münzen und Medaillen oder asiati­sche Lackar­beiten. Struk­tu­riert ist das Museum in die Sammlungen Alte Meister, Skulp­turen, Antike Kunst, Mittel­al­ter­liche Kunst, Außer­eu­ro­päi­sche Kunst, Angewandte Kunst, Kupfer­stich­ka­bi­nett und Münzka­bi­nett.

Vermeer, Rubens, Rembrandt

Zu den Aufgaben gehört auch die Rekonstruktion von Kunstgegenständen. Foto: Herzog Anton Ulrich-Museum
Zu den Aufgaben gehört auch die Rekon­struk­tion von Kunst­ge­gen­ständen. Foto: Herzog Anton Ulrich-Museum

Stars des Museums sind vor allem Gemälde wie Vermeers „Das Mädchen mit dem Weinglas“ (um 1658/59), Rembrandts „Famili­en­bild“ (um 1665–1668) oder „Judith mit dem Haupt des Holofernes“ (um 1616/18) von Rubens. Aber auch Grafiken wie „Der Traum des Doktors“ (1497–1498) von Dürer oder Schmie­de­kunst wie das Armre­li­quiar des Heiligen Blasius (um 1040), das in der zum Herzog Anton Ulrich-Museum gehörenden Burg Dankwar­derode gezeigt wird, gehören neben vielen anderen dazu. Das Haus beher­bergt eine der bedeu­tendsten Kunst­samm­lungen Deutsch­lands. Wie durch ein Wunder war es im Zweiten Weltkrieg von Zerstö­rung bewahrt geblieben.

Sanierung für 40 Millionen Euro

Das Haus wurde von 2008 bis 2016 grund­le­gend und gebührend saniert für die gezeigten Werke von Weltformat. Kosten­punkt: 40 Millionen Euro! Nach dem Anbau des Funkti­ons­ge­bäudes im Museum­park wurde das Altge­bäude bis auf den Rohbau entkernt, grund­le­gend saniert und mit moderner Ausstel­lungs­technik ausge­stattet. Seither strahlen die Räume mit ihrem Farbkon­zept in Rot, Grün und Blau eine besondere Wertig­keit aus und ermög­li­chen vor allem für die Gemälde eine imposante Präsen­ta­tion.

Blick in den Skulpturensaal im zweiten Obergeschoss. Foto: Herzog Anton Ulrich-Museum
Blick in den Skulp­tu­ren­saal im zweiten Oberge­schoss. Foto: Herzog Anton Ulrich-Museum

Darüber hinaus hat sich die Sonder­aus­stel­lungs­fläche auf 900 Quadrat­meter mehr als verdop­pelt. Wer jetzt schon neugierig geworden ist, dem seien die beiden Sonder­aus­stel­lungen in diesem Jahr, „Grandios! Die Silber­möbel der Welfen“ (26. März – 25. Juli) und „Max wird Beckmann – Es begann in Braun­schweig“ (29. Oktober – 13 Februar 2022), empfohlen. Dann wird auch das von der Lebens­hilfe Braun­schweig betrie­bene Museums­café „Anton’s“ wieder geöffnet haben. Hoffent­lich!

Kontakt:

Herzog Anton Ulrich-Museum
Museum­straße 1
38100 Braun­schweig

Telefon: 0531 1225 – 0
E‑Mail: info.haum@3landesmuseen.de
Internet: https://3landesmuseen-braunschweig.de/herzog-anton-ulrich-museum

Eintritt:

  • Erwach­sene: 9 Euro (ermäßigt 7 Euro)
  • Kinder (6–17 Jahre): 2 Euro
  • Das Tages­ti­cket im Herzog Anton Ulrich-Museum gilt auch für den Besuch der Burg Dankwar­derode.

Video

Nach der Neueröff­nung im Jahr 2016 war der Löwe mit der Kamera vor Ort und hat geschaut, wie gelungen die 35 Millionen Euro teure Moder­ni­sie­rung tatsäch­lich geglückt ist. Das Video finden Sie hier.

Einen exklu­siven Blick in den Ritter­saal der Burg Dankwar­derode können Sie außerdem hier werfen.

Außenansicht des Herzog Anton Ulrich-Museums. Foto: Herzog Anton Ulrich-Museum
Außen­an­sicht des Herzog Anton Ulrich-Museums. Foto: Herzog Anton Ulrich-Museum

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