Wieder großen Bock auf Schule

Der frühere Handball-Trainer Wilfried Beckwermert motivierte beim Lerntraining für Zehnt- und Elftklässler auch die Eltern. Foto: LeoBurg.

Dank des Pilot­pro­jekts Lerntrai­ning erhielten 136 Zehnt- und Elftklässler der LeoBurg zusätz­liche Motiva­tion, die für die ehema­ligen Realschüler oft besonders hohen Anfor­de­rungen der Oberstufe zu meistern.

Bei Studi­en­di­rek­torin Carmen Nasse saß der Schock tief, als sie in ihrem neuen Amt als Oberstu­fen­ko­or­di­na­torin zum ersten Mal einen Eindruck von der hohen Zahl der unplan­mä­ßigen Schul­ab­gänger nach Klasse Zehn ihrer Schule erhalten hatte. In ihrer alten Heimat in Süddeutsch­land gehen zu diesem Zeitpunkt nur maximal10 Prozent ab – also um ein Vielfa­ches weniger. Die Leiterin der LeoBurg, ein beson­derer Standort des Gymna­siums Kleine Burg, sagte der Schul­mü­dig­keit den Kampf an und erarbei­tete für ihre Zehnt- und Elftklässler zusammen mit Bildungs­part­nern ein nachhal­tiges Lerntrai­ning.

„Mit dieser Abgän­ger­quote war ich natürlich überhaupt nicht glücklich. Und das Ganze wollte ich so auch nicht hinnehmen. Die Ursachen liegen häufig darin, dass viele der ehema­ligen Realschü­le­rinnen und ‑schüler beim selbst­stän­digen Arbeiten schneller überfor­dert sind als geübte Gymna­si­asten. Auch beim Zeitma­nage­ment gibt es Probleme und die neue Stoff­fülle ist ebenfalls eine hohe Heraus­for­de­rung“, schildert Nasse, die über eine mehrjäh­rige Ausbil­dung zur Begab­ten­päd­agogin verfügt. Und diese Zusatz­aus­bil­dung kam ihr bei ihrer Zielgruppe zu Gute. „Man glaubt es kaum, aber sogar Hochbe­gabte haben Motiva­ti­ons­pro­bleme, wenn sie es nicht gelernt haben richtig und mit Begeis­te­rung zu lernen“, so Nasse, an deren Schule ausschließ­lich Realschü­le­rinnen und ‑schüler aufbauend auf ihrem erwor­benen erwei­terten Sekun­dar­ab­schluss I die Allge­meine Hochschul­reife machen können.

Der Zufall wollte es, dass Nasse bei ihrer Ausbil­dung zur Begab­ten­päd­agogin den Lehrer Wilfried Beckwer­mert kennen­lernte. Der erfolg­reiche ehemalige Handball-Bundes­li­ga­trainer aus Emsdetten in Nordrhein­west­falen schuf das Programm „Stärken finden und erfolg­reich nutzen – anders, leichter und besser lernen“. Im Mittel­punkt stehen emotio­nale und motiva­tio­nale Aspekte des Lernens – gespickt mit vielen Mitmach­übungen.

Vom 22. bis 26. September 2014 leitete der Lernmo­ti­vator den Kurs in Braun­schweig. Er fand schnell einen Zugang zu den 136 Schüle­rinnen und Schülern (vier zehnte Klassen, eine elfte) und vermit­telte ihnen Werte wie Höflich­keit, Respekt, Wertschät­zung, Achtsam­keit und Verant­wor­tung als Voraus­set­zung für Lernen, Leben und Arbeiten. Übrigens: Es gab sogar einen Abend für Eltern, die ebenfalls mit großer Begeis­te­rung mitmachten. „Denn vielfach fehlt den Schülern auch der Rückhalt zuhause, zum Beispiel weil die Eltern selbst nicht lange zur Schule gegangen sind“, weiß Nasse.

Beispiels­weise erklärte Beckwer­mert Möglich­keiten, die linke mit der rechten Gehirn­hälfte so mitein­ander zu verknüpfen, so dass das Lernen leichter fällt. Jeder Jugend­liche bekam Lernstra­te­gien mit nach Hause. Das Feedback fiel durchweg positiv aus. Es gab laut Evalua­tion keinen Teilnehmer, der nach den fünf Tagen des neuen Lerntrai­nings nicht motivierter als zuvor in die Schule ging. „Ich würde jeder Zeit wieder an diesem Training teilnehmen“, erklärt die 17 Jahre alte Lisanne Palm. „Den Satz ‚Denn das Tun unter­scheidet das Ziel vom Traum‘ habe ich bis heute im Ohr“.

LeoBurg-Leiterin Carmen Nasse will diese Form des Lerntrai­nings, das ohne die Richard Borek Stiftung nicht hätte statt­finden können, als Baustein des Metho­den­trai­nings an ihrer Schule fortsetzen. „Ob jetzt weniger abbrechen, das werden wir sehen.“ Und vielleicht gibt es ja in Braun­schweig – mit Hilfe von weiteren Braun­schwei­gi­schen Stiftungen – schon bald ähnlich gute Statis­tik­zahlen wie im Süden Deutsch­lands.

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