Braun­schweiger Jakobsweg anerkannt

Pilgerbegleiter Dieter Prüschenk auf dem Braunschweiger Jakobsweg vor der Riddagshäuser Klosterkirche. Foto: Ralph-Herbert Meyer
Pilgerbegleiter Dieter Prüschenk auf dem Braunschweiger Jakobsweg vor der Riddagshäuser Klosterkirche. Foto: Ralph-Herbert Meyer

Drei Muscheln auf der Brust eines Toten aus dem Mittel­alter gaben dem Projekt von Dieter Prüschenk die histo­ri­sche Dimension.

Der Braun­schweiger Jakobsweg soll bis Ende 2017 von Magdeburg bis nach Höxter komplett erschlossen sein. Geplant ist, damit eine Verbin­dung zwischen dem Norddeut­schen Weg von Rostock Richtung Süden kommend und dem Weg in Westfalen von Höxter nach Paderborn gehend zu schaffen. Dieses ehrgei­zige Ziel haben sich Projekt­leiter Dieter Prüschenk, die Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz (SBK) und die Evange­li­sche Akademie Abt Jerusalem in Braun­schweig gesetzt. Aktuell ist die Route von Helmstedt bis nach Braun­schweig-Lehndorf ausge­ar­beitet.

Doch schon jetzt gibt es die Anerken­nung der Deutschen St. Jakobus-Gesell­schaft mit Sitz in Aachen. Der lange Zeit in Verges­sen­heit geratene Braun­schweiger Jakobsweg gilt damit als histo­ri­scher Pilgerweg, der einst entlang des berühmten Hellwegs von Ost nach West führte. Auf dieser Strecke waren also einst Jakobs­pilger unterwegs, die ins spanische Santiago de Compos­tela zum Grab des Heiligen Jakobus wollten. Jakobus war einer der zwölf Jünger von Jesus. Die Anfänge des „origi­nalen“ Jakobs­weges reichen bis ins 11. Jahrhun­dert zurück. Der Braun­schweiger Jakobsweg fügt sich ein in ein europa­weites Netz von Strecken, die bis zur Atlan­tik­küste Spaniens führen.

Die 1987 gegrün­dete Gesell­schaft, deren Zweck die Förderung der Wissen­schaft, Religion, Völker­ver­stän­di­gung und der Kultur im Zusam­men­hang mit der „Pilger­fahrt nach Santiago de Compos­tela” ist, wacht dabei über die histo­ri­sche Korrekt­heit der deutschen Jakobs­wege. Das Braun­schweiger Exposee ließ keine Fragen offen. Grund waren in erster Linie Muscheln, die 1835 in der Nähe der Stadt­kirche Königs­lut­ters in einem so genannten Kopfni­schen­grab aus dem Mittel­alter gefunden wurden. Im Brust­be­reich des Toten lagen die drei Jakobs­mu­scheln. „Das ist ein Beleg dafür, dass er in Santiago de Compos­tela gewesen sein muss“, erläutert Dieter Prüschenk. Eine dieser Muscheln ist übrigens noch erhalten. Sie liegt im Magazin des Braun­schwei­gi­schen Landes­mu­seums in Wolfen­büttel.

Die drei Abschnitte Braun­schweig-Hildes­heim (2015), Hildes­heim Höxter (2016) und Magdeburg-Helmstedt (2017) werden gemeinsam mit Kirchen­ge­meinden und Kommunen, Pilger­ver­einen und Konventen, Eigen­tü­mern und Anrainern, Landes­kir­chen und Pfarr­äm­tern in Angriff genommen. So ganz einfach ist das nicht, schließ­lich zeichnet einen Pilgerweg zeichnet aus, dass sich der einzelne Mensch ohne Vorkennt­nisse und Vorbe­rei­tungen auf den Weg machen kann. Dazu zählt eben auch, dass es entspre­chende Herbergen für die Pilger gibt. Schon jetzt haben sich Privat­per­sonen und Kirchen­ge­meinden gemeldet, die Pilgern Unter­schlupf bieten wollen. In Veltheim ist sogar ein Verein gegründet worden, der ein ehema­liges Gemein­de­haus zu einer festen Pilger­her­berge umbauen will.

Aktuell sind für Erkun­dungen der 9. Mai für die Strecke von Lengede nach Nettlingen und der 20. Juni für die Strecke von Nettlingen nach Hildes­heim vorge­sehen. Pilger können Dieter Prüschenk dabei begleiten. Das erste Teilstück von Alt Lehndorf nach Lengede ist bereits am 9. April bewältigt worden. Die Nachfrage, sich einer Gruppe anzuschließen, die auf dem Braun­schweiger Jakobsweg unterwegs ist, ist groß. Es gibt vier weitere angehende Pilger­be­gleiter, die im zweiten Halbjahr ihre Ausbil­dung beenden. Geführte Pilger­wan­de­rungen für Gruppen wie zum Beispiel Kirchen­ge­meinden, Konfir­man­den­gruppen oder Bibel­kreise sollen so ermög­licht werden.

„Wir erfahren eine großar­tige Resonanz. Das hätten wir nie für möglich gehalten. Es gibt offenbar viele Menschen, die die Sehnsucht spüren, mehr als das Wandern zu erfahren, nämlich auch einen Impuls geist­li­cher Art. Wir müssen und wollen unser Angebot ausweiten, einer­seits bei den geführten Touren, aber anderer­seits wollen wir auch, dass inter­es­sierte Menschen unabhängig pilgern können“, erläutert Projekt­leiter Prüschenk.

Dazu zählt auch eine Beschil­de­rung des Weges. Die stili­sierte gelbe Pilger­mu­schel auf blauem Grund wird unüber­sehbar sein am Wegesrand. Sie wird den Weg von Kloster St. Ludgerus in Helmstedt über Frell­stedt, Räbke und Lelm bis nach Königs­lutter weisen, danach über das Rittergut Lucklum, das Wasser­schloss Veltheim bis nach Riddags­hausen und von dort durch Braun­schweig vorbei an den großen Stadt­kir­chen wie Magni­kirche, St. Aegidien, Dom, St. Martini oder St. Jacobi­kirche bis zur Kreuz­kirche in Alt-Lehndorf.

Der Braun­schweiger Jakobsweg berührt mit Sachsen-Anhalt, Nieder­sachsen und Nordrhein-Westfalen drei Bundes­länder und mit Magdeburg, Hildes­heim und Paderborn drei Bistümer. Wo auch immer Dieter Prüschenk mit seinen Pilgern auftaucht, wird er mit offenen Armen empfangen. Auch bei den Anrai­ner­kon­fe­renzen zum Braun­schwei­gi­schen Jakobsweg erntet er nur Zustim­mung. Es werden Pilger­her­bergen geplant, und die Türen der Kirchen stehen offen. Aus der ersten Idee vor rund fünf Jahren ist eine inspi­rie­rende und für das Braun­schwei­gi­sche Land identi­täts­stif­tende Bewegung geworden.

Weitere Infor­ma­tionen:
http://www.thzbs.de/

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