Heimat duftet wie Jasmin

Für jeden der teilnehmenden Jugendlichen bedeutet „Zuhause“ etwas anderes. Es geht um positive Gefühle und Assoziationen. Foto: Gisela Torres-Hernandez
Für jeden der teilnehmenden Jugendlichen bedeutet „Zuhause“ etwas anderes. Es geht um positive Gefühle und Assoziationen. Foto: Gisela Torres-Hernandez

Jugend­liche entdecken „Mein Zuhause“ in einem theater­päd­ago­gi­schen Projekt.

Wie riecht zu Hause? Für ein junges Mädchen, das vor zwei Jahren aus Syrien geflohen und nun in Braun­schweig zu Hause ist, hat  Heimat immer noch einen Duft: Jasmin. Die Symbol­blume der Stadt Damaskus. Ein anderes Mädchen, das zwar in Deutsch­land geboren worden ist, aber immer noch oft in dem russi­schen Dorf ihrer Großmutter, ihrer Onkel und Tanten die Ferien verbringt, erinnert sich beim Duft von Schaschlik an diese heiteren Stunden im Sommer. Wenn die Stimmung ausge­lassen ist, alle feiern, es ein bisschen nach Schweiß, Tanz, Schaschlik und Wodka riecht. Und für wieder ein anderes Kind ist das Pfeifen des Samowars der Inbegriff von zu Hause.

Was also ist Heimat? Ein bloßer Ort? Oder doch eher eine Erinne­rung, ein Gedanke oder ein Gefühl? Kann man Heimat schmecken, riechen, auf der Haut spüren wie Gänsehaut? Das Haus der Kulturen Braun­schweig hat in Koope­ra­tion mit dem Theater­päd­ago­gi­schen Zentrum für Braun­schweig und die Region (TPZ) ein Projekt initiiert, welches diese Fragen thema­ti­siert. Kinder und Jugend­liche mit und ohne Migra­ti­ons­hin­ter­grund zwischen 10 und 15 Jahre haben mit Anna Fagan, Theater­päd­agogin des Spielraum TPZ, nach Antworten gesucht. Sie haben sich seit Oktober zu einer Theater­reise aufge­macht, um alles rund um den Begriff Heimat zusammen zu tragen.

Dabei ging es weniger um Gegen­sätze oder Unter­schiede, die natürlich zwangs­läufig sind, wenn man unter­schied­liche Orte als Heimat hat, sondern vielmehr um positive Assozia­tionen mit dem Gefühl von Heimat, so Anna Fagan. Gemeinsam mit ihrer Assis­tentin Gisela Torres-Hernandez hat sie mit den Kindern Videos gedreht, Inter­views aufge­nommen und mit den Mädchen und dem einen Jungen szenische Bilder entwi­ckelt, die sich nun colla­gen­artig zu einer  Werkstatt­auf­füh­rung zusam­men­setzen. Ein bisschen sei es wie in dem Erfolgs­roman Tschick gewesen, so Anna Fagan: Einfach mal losfahren, machen, auspro­bieren und gucken was passiert. Diese theater­päd­ago­gi­sche Arbeit saugt ihren Honig weniger aus textlas­tigen Proben, als aus Vertrau­ens­übungen, Bewegungs­stu­dien, Bildern mit Musik und tänze­risch-spiele­ri­schen Elementen. Die Auffüh­rung ist gewiss gut und schön und natürlich unbedingt notwendig, aber viel wichtiger ist indes der Weg zur Premiere, das Kennen­lernen, das Erzählen, das selbst­be­wusste Sich-Öffnen für einen Bühnen­raum.

Der Stoff aus dem Theater­räume sind liegt beim TPZ ja meist in dem, was die Agierenden mitbringen. Thema­ti­siert oder theatra­li­siert wird die Lebens­wirk­lich­keit der Mitwir­kenden, so Sandra Masemann, theater­päd­ago­gi­sche Leiterin. „Inter­kultur steht bei uns weit oben“, sagt sie und hofft, dass dem ersten Koope­ra­ti­ons­pro­jekt noch weitere folgen werden.

Auffüh­rung der Theater­werk­statt am Sonntag, 4. Dezember, 16 Uhr im Großen Saal des Hauses der Kulturen, Nordbahnhof 1, 38106 Braun­schweig.

Maßgeb­lich gefördert von der Richard Borek Stiftung sowie der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz und der Stadt Braun­schweig.

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