Der Spirit von Joseph Beuys im Salve Hospes

Inge Mahn, Säule, Gipssack ziehend, 1988. Foto: Kunstverein
Inge Mahn, Säule, Gipssack ziehend, 1988. Foto: Kunstverein

Mit Inge Mahn stellt eine Meister­schü­lerin des umstrit­tenen Künstlers bis zum 12. November im Kunst­verein Braun­schweig aus. Gegenpart des Ausstel­lungs­for­mats 1:1 ist Nora Schultz.

Das Ausstel­lungs­format 1:1 des Kunst­ver­eins Braun­schweig in der Villa Salve Hospes erfährt eine Fortset­zung. Vom 9. September bis zum 12. November stellen mit Inge Mahn und Nora Schultz zwei inter­na­tional renom­mierte, deutsche Künst­le­rinnen aus. Sie gehören unter­schied­li­chen Künst­ler­ge­nera­tionen an, was die Ausstel­lung besonders spannend macht. Sie stehen für zwei unter­schied­liche künst­le­ri­sche Positionen. Bildhauerin Inge Mahn, Jahrgang 1943, setzt sich mit  Alltags­ge­gen­ständen und verän­dernden Eingriffen in die Archi­tektur ausein­ander. Instal­la­ti­ons­künst­lerin Nora Schultz, Jahrgang 1975, zeigt in ihren skulp­turen Arran­ge­ments Vertrautes in einer durch neue Medien häufig beunru­hi­genden Verfrem­dung.

Die Premiere des Formats 1:1 hatten im vergan­genen Jahr mit Klara Liden und Karl Holmqvist zwei Künst­ler­freunde bespielt. Inge Mahn und Nora Schult lernten sich persön­lich dagegen erst beim Aufbau der Ausstel­lung kennen. Die Idee zu dieser Begegnung hatte Dr. Jule Hillgärtner, die in Eltern­zeit befind­liche Direk­torin des Kunst­ver­eins. Kuratorin der Ausstel­lung ist Interims­di­rek­torin Christina Lehnert. In der Präsen­ta­tion wird es eine horizon­tale Zweitei­lung der Villa geben. Inge Mahns Arbeiten werden im Erdge­schoss gezeigt, die von Nora Schultz im Oberge­schoss. Im Gäste­zimmer  wird zusätz­lich Designer Manuel Raeder ausstellen. 1:1 wird unter anderem von der Braun­schwei­gi­schen Stiftung gefördert.

Inge Mahn studierte an der Düssel­dorfer Akademie, wo sie Meister­schü­lerin von Joseph Beuys war, einem der berühm­testen und umstrit­tensten deutschen Künstler der Nachkriegs­ge­schichte. Inge Mahn hatte von 1986 bis 1988 eine Gastpro­fessur an der Braun­schweiger Hochschule für Bildende Künste inne. Ihre Werke sind in inter­na­tio­nalen Museen und Sammlungen vertreten. In Braun­schweig ist unter anderem ihr Werk „Säule, Gipssack ziehend“ zu sehen. Dabei hat sie eine Säule und einen Gipssack mit einer Schnur verbunden. Die Säule scheint den Sack, gefüllt mit dem für die eigene Fertigung verwen­deten Material, hinter sich herzu­ziehen. In der Presse­mit­tei­lung des Kunst­ver­eins heißt es dazu: Auch wenn sich die auf der Kante lehnende Säule nicht rührt, ist ein „Kräfte­messen“, die poten­ti­elle Bewegung des präzise ausba­lan­cierten Duos, spürbar. Mit der Säule greift Inge Mahn ein archi­tek­to­ni­sches Element heraus, das im Gebäu­de­ver­bund für gewöhn­lich eine tragende und stützende Rolle einnimmt. Dieser eigent­li­chen Funktion entledigt, entwi­ckelt die nun „schlep­pende“ Säule in der Hoffnungs­lo­sig­keit ihres Unter­fan­gens einen fast tragi­ko­mi­schen Charakter.

Nora Schultz lebt und arbeitet in Boston. Ihre Arbeiten werden inter­na­tional gezeigt, zum Beispiel in der Villa Romana in Florenz, bei der Kadist Art Founda­tion in Paris oder im Museum für Gegen­warts­kunst in Basel. In Braun­schweig wird „Centre Dental“ ausge­stellt. Ein Boden­belag verbindet dabei Video­pro­jek­tionen und Objekte in der Villa Salve Hospes zu einer raumgrei­fenden Instal­la­tion, die unter­schied­liche Anspie­lungen auf den Mundraum vereint. Graue Beton­skulp­turen bohren sich etwa als überdi­men­sio­nierte Zähne in die Decke. Mit dem für gewöhn­lich größten­teils im Verbor­genen bleibenden Mundraum, in den man selbst nicht direkt einsehen kann, verbinden sich auch Laute und Sprache. Zusammen mit den Off-Kommen­taren und nonver­balen Inter­ak­tionen der Panto­mimen im Video und den auf Jalousien geschrie­benen Satzfrag­menten werden unter­schied­liche Kommu­ni­ka­ti­ons­ebenen hör- und sichtbar, wobei die gespro­chenen und geschrie­benen Texte um die Herkunft und Bedeutung der titel­ge­benden Begriffe „centre“ und „dental“ kreisen.

Neben diesen spannenden und überra­schenden Instal­la­tionen werden im gleichen Zeitraum in der Remise der Villa Salve Hospes Arbeiten von Hannah Weinberger präsen­tiert. Die Berli­nerin filmt und nimmt Klänge auf ihren Reisen auf. Schau­plätze sind Nicht-Orte wie Flughäfen, Bahnhöfe, Stadt­zen­tren oder Zooan­lagen. Die Bild- und Sound­ebenen ihrer multi­me­dialen Arbeiten speisen sich aus diesen Archiven. Die Ausstel­lung zeigt speziell für den Kunst­verein Braun­schweig entwi­ckelte Video- und Sound­ar­beiten. Kuratorin ist Miriam Bettin.

Mehr Infor­ma­tionen unter: www.kunstverein-bs.de

Adresse: Lessing­platz 12, 38100 Braun­schweig

Kontakt: info@kunstverein-bs.de

Telefon: 0531–49556

Öffnungs­zeiten: Dienstag bis Sonntag 11 – 17 Uhr, Donnerstag 11 – 20 Uhr

Öffent­liche Führungen: Sonntag 15 Uhr, Donnertstag 18 Uhr und nach Verein­ba­rung

 

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