Büssings Weg vom Schmied zum Indus­trie­pio­nier

Heinrich Büssing. Archivfoto: Eckhard Fischer
Heinrich Büssing. Archivfoto: Eckhard Fischer

Arbeits­gruppe Heimat­pfleger der Braun­schwei­gi­schen Landschaft lädt zum Vortrag von Eckhard Fischer nach Nordsteimke ein.

Bis in die 1990er Jahre war der große Indus­trie­pio­nier Heinrich Büssing in Braun­schweig und der Region ein wenig in Verges­sen­heit geraten. Heute ist er anläss­lich seines 175. Geburts­tags­ju­bi­läums aber wieder in aller Munde. Das Jubiläum ein Jahr lang ganz groß gefeiert. Braun­schweig und die Region haben den großen Indus­tri­ellen wieder­ent­deckt. Dafür, dass das so ist, hat  Dr. Eckhard Fischer erheblich beigesteuert. „Büssing hat mich als Mensch und Unter­nehmer faszi­niert. Ich bewundere seine Lebens­leis­tung“, sagt der frühere Ausbil­dungs­leiter bei MAN in Salzgitter und München.

Es gibt wohl niemanden, der sich, was den mit 150 Patenten ausge­stat­teten genialen Erfinder betrifft, besser auskennt, als Fischer. Für dieje­nigen, die Büssings Leben inter­es­siert, lädt die Arbeits­gruppe Heimat­pfleger der Braun­schwei­gi­schen Landschaft gemeinsam mit dem Institut für Zeitge­schichte und Stadt­prä­sen­ta­tion der Stadt Wolfsburg deswegen zu seinem Vortag „Vom Dorfschmied zum Indus­trie­pio­nier“ am 10. Oktober, 19 Uhr, in der Gaststätte „Lindenhof“ (Hehlinger Straße 10) im Wolfs­burger Ortsteil Nordsteimke ein.

„Büssings Leben war geprägt von innova­tiver Technik und Fortschritt. Als Schmie­de­ge­selle ging er zunächst auf Wander­schaft. Als er in unsere Region zurück­ge­kehrt war, hörte er zunächst als Gast Vorle­sungen an der Techni­schen Univer­sität. Mit seinem beruf­li­chen Rüstzeug begann er aber schnell seine unter­neh­me­ri­schen Tätig­keiten“, berichtet Fischer. Nach seiner wenig erfolg­rei­chen Gründung einer Fahrrad-Fabrik orien­tierte er sich Büssing um. Er wurde zum leitenden Erfinder und Konstruk­teur in der Firma Jüdel & Co. Noch heute setzt das Braun­schweiger Werk der Siemens AG die Tradition der Firma fort. „Büssing meldete zahlreiche Patente in der Eisen­bahn­si­gnal­technik an und generierte persön­lich erheb­li­chen Wohlstand“, so Fischer.

Im Alter von 60 Jahren zog sich Büssing aller­dings aus der Firma Max Jüdel mit seinem gesamten Kapital zurück und widmete sich fortan nur noch dem Lastwa­genbau. Er gründete die Heinrich Büssing Spezi­al­fa­brik für Motor­wagen und Motor­om­ni­busse in Brauschweig. Sein erster Lastkraft­wagen ist im Deutschen Museum in München ausge­stellt. „Deutsch­land eroberte dank Büssings Schaf­fens­kraft die Führungs­po­si­tion im weltweiten LKW-Bau“, ist Dr.  Eckhard Fischer überzeugt.

Mit Akribie und Ideen­reichtum entwi­ckelte Büssing Proto­typen und serien­reife Lastkraft­wagen, später auch Omnibusse. Über die Wirren des Ersten Weltkrieges und die Weltwirt­schafts­krise in den 1920er Jahren hinweg gelang es ihm, seine Firma in ihrer Substanz zu erhalten. Durch seine soziale Einstel­lung wurde er von seinen Mitar­bei­tern hoch geachtet und verehrt. „Bereits 1906 führte Büssing eine Arbei­ter­ver­tre­tung in seinem Unter­nehmen ein“, erinnert Fischer. Büssing habe nie vergessen, dass er selbst aus einfachen Verhält­nissen stammte.

Anläss­lich seines 70. Geburts­tages gründete er deswegen die „Dr.-Heinrich-Büssing-Stiftung“. In der Stiftungs­ur­kunde hieß es, dass „hilfs­be­dürf­tige und würdige Mitar­beiter der Firma zu unter­stützen“ seien. Zeitgleich gründete auch seine Frau die „Anne-Büssing-Stiftung“. Dennoch entschied Büssing sich im Jahr 1919, zur Zeit der Arbei­ter­kämpfe, alle Mitar­beiter zu entlassen und seinen Betrieb zu schließen. Es war durch revolu­tio­näre Kräfte zu Konflikten im Unter­nehmen gekommen und die Produk­tion durch mehrere Streiks zeitweise lahmge­legt worden. Nachdem der Arbei­ter­aus­schuss einer Einfüh­rung der Akkord­ar­beit zugestimmt hatte, stellte er einen großen Teil der Beleg­schaft wieder ein. „Die Aussper­rung hatte mehrere Wochen gedauert“, berichtet Fischer.

Büssing erhielt zahlreiche Ehrungen, darunter die Ehren­bür­ger­schaft der Techni­schen Univer­sität Braun­schweig, den von Herzog Ernst August verlie­henen Titel „Geheimer Baurat“ und den von der Techni­schen Univer­sität verlie­henen akade­mi­schen Grad des Ehren­dok­tors. Nach seinem Tod im Jahre 1929 führten zunächst Famili­en­an­ge­hö­rige das Unter­nehmen weiter, später wurde es in eine Aktien­ge­sell­schaft umgewan­delt. 1971/72 wurde Büssing von MAN übernommen. Übrig blieb der Braun­schweiger Löwe, der bis heute die MAN-Fahrzeuge am Kühler­grill ziert und jede Menge Erinne­rungen an einen genialen Erfinder und erfolg­rei­chen Unter­nehmer.

Gemeinsam mit dem damaligen MAN-Vorstands­vor­sit­zenden Dr. Ing.-e.h. Wilfried Lochte trug  Dr. Eckhard Fischer dazu bei, dass Heinrich Büssing zu Ehren in seinem Geburts­haus in Nordsteimke eine Gedenk­stätte einge­richtet wurde. Das Haus verdeut­licht Büssings Lebensweg und zeigt einen wichtigen Teil der indus­tri­ellen Entwick­lung im 19. Jahrhun­dert. Es präsen­tiert außerdem präzise Modelle einiger Büssing-Fahrzeuge sowie einen Film über Büssings Leben.

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