Ein starkes Netzwerk gegen Gewalt an Frauen

Stark gegen Gewalt an Frauen. Mit dabei: Gudrun Meurer-Hageroth vom Arbeitskreis gegen Gewalt an Frauen (ganz links), Oberbürgermeister Ulrich Markurth (zweiter von links), Staatstheaterintendantin Dagmar Schlingmann (hintere Reihe, dritte von rechts) und die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Braunschweig Marion Lenz (hintere Reihe, vierte von rechts). Foto: Meike Buck
Stark gegen Gewalt an Frauen. Mit dabei: Gudrun Meurer-Hageroth vom Arbeitskreis gegen Gewalt an Frauen (ganz links), Oberbürgermeister Ulrich Markurth (zweiter von links), Staatstheaterintendantin Dagmar Schlingmann (hintere Reihe, dritte von rechts) und die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Braunschweig Marion Lenz (hintere Reihe, vierte von rechts). Foto: Meike Buck

Der „Arbeits­kreis gegen Gewalt an Frauen“ ist ein Zusam­men­schluss von verschie­denen Frauen­pro­jekten und kommu­nalen Insti­tu­tionen in Braun­schweig. Sein Ziel ist es, betrof­fenen Frauen ein Netzwerk an Hilfs­mög­lich­keiten zu bieten, aber auch die Öffent­lich­keit für das Thema zu sensi­bi­li­sieren. In einem neuen Flyer stellen sich seine Mitglieder vor.

„Gewalt an Frauen ist leider immer ein aktuelles Thema, das alle gesell­schaft­li­chen Schichten betrifft“, erläutert Gudrun Meurer-Hageroth, die das Frauen­haus Braun­schweig im Arbeits­kreis vertritt. Seit 2000 treffen sich Vertreter verschie­dener Projekte und Insti­tu­tionen regel­mäßig, um sich zu vernetzen, Möglich­keiten der Zusam­men­ar­beit zu planen und gemein­same Projekte zu organi­sieren. Dazu gehört z.B. jedes Jahr am 25. November, dem Inter­na­tio­nalen Tag gegen Gewalt an Frauen, eine Aktion zu einem bestimmten Thema.

Dieses Jahr hat sich der Arbeits­kreis an der Aktion „Orange your city“ beteiligt, zu der UN-Women weltweit aufge­rufen hat. Dabei werden Gebäude und Wahrzei­chen orange beleuchtet – in Braun­schweig das Staats­theater. Gudrun Meurer-Hageroth verdeut­licht die Situation: „Gewalt gegen Mädchen und Frauen ist eine der am weitesten verbrei­tete Menschen­rechts­ver­let­zung der Welt. Sie betrifft fast jede dritte Frau.“ Und sie hat viele Gesichter, ist nicht begrenzt auf bestimmte soziale Schichten und wirkt sich auf alle Lebens­be­reiche der betrof­fenen Frauen und Mädchen aus.

„Wichtig ist, Frauen über unsere Angebote zu infor­mieren und zu zeigen, wo sie in ihrem beson­deren Fall die richtige Hilfe bekommen können“, beschreibt Gudrun Meurer-Hageroth das Ziel des Arbeits­kreises. So hat die Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz die Erstel­lung eines Flyers gefördert, in dem sich die betei­ligten Projekte und Insti­tu­tionen vorstellen. Mitglieder sind die Frauen­be­ra­tungs­stelle e.V., die Frauen- und Mädchen­be­ra­tung bei sexueller Gewalt e.V., das Frauen­haus Braun­schweig, SOLWODI Nieder­sa­chen e.V. (Solida­rity with women in distress), das Mütter­zen­trum Braun­schweig e.V., die Braun­schweiger AIDS-Hilfe e.V., das Netzwerk ProBeweis des Instituts für Rechts­me­dizin der Medizi­ni­schen Hochschule Hannover und der Stadt­teil­laden Mitte. Der Fachbe­reich Soziales und Gesund­heit der Stadt Braun­schweig ist mit dem Büro für Migra­ti­ons­fragen, der Abteilung Wohnen und Senioren und der Beratungs­stelle für sexuelle Gewalt am Gesund­heitsamt beteiligt.

Der Hashtag #metoo hat im vergan­genen Jahr eine große Debatte ausgelöst, unzählige Frauen haben von ihren Erfah­rungen und Erleb­nissen mit sexuellen Beläs­ti­gungen und Übergriffen geäußert. Aber Gewalt gegen Frauen hat viele Formen: häusliche Gewalt, Verge­wal­ti­gung und sexuelle Nötigung, Zwangs­heirat und Kinderehe, Stalking, Zwangs­pro­sti­tu­tion. „Wir wollen darauf aufmerksam machen und wachrüt­teln. Und wir wollen Frauen ermutigen, ihre Rechte einzu­for­dern und sich zur Wehr zu setzen, Hilfe anzunehmen und die Vorfälle auch anzuzeigen.“ Bagatell­fälle gäbe es nicht. Die Polizei regis­triert eine steigende Zahl von Taten, die sie vor allem darauf zurück­führt, dass mehr Frauen Anzeige erstatten und nicht mehr aus Scham oder Angst vor weiterer Gewalt schweigen. Besonders schwierig ist oft, dass viele Täter aus dem Verwandten- und Bekann­ten­kreis der Frauen kommen.

Im Februar 2018 hat Deutsch­land zudem die Istanbul Conven­tion ratifi­ziert, die Frauen ein Recht auf ein Leben ohne Gewalt garan­tiert. Die Unter­zeich­ner­staaten verpflichten sich zu umfang­rei­chen Maßnahmen zur Präven­tion, zum Opfer­schutz und zur Täter­ar­beit. Eine erste Auswir­kung könnte – sofern der Rat der Stadt zustimmt – eine Erhöhung der Kapazi­täten des Frauen­hauses um eine Wohnung und die Umsetzung eines Projektes zur Präven­tion von häusli­cher Gewalt sein. Zudem soll eine Täter-Fachbe­ra­tungs­stelle einge­richtet werden. In Kursen können Täter lernen, ihre Aggres­sionen anders zu kanali­sieren und gewohnte Gewalt­muster zu durch­bre­chen. Denn schließ­lich würden viele Frauen in ihre Familien zurück­kehren wollen, Voraus­set­zung dafür aber ist eine langfris­tige Verän­de­rung des Verhal­tens der Betei­ligten.

„Wir haben einiges erreicht in den vergan­genen Jahren, aber es gibt auch noch viel zu tun“, beschreibt Gudrun Meurer-Hageroth. Das Verhalten in Konflikt­si­tua­tionen wird oft im familiären Umfeld tradiert, wer zuhause Gewalt erlebt, wird später auch eher aggressiv reagieren. Zudem werden in der Werbung und in vielen Medien überholte Rollen­bilder verwendet und der Gebraucht von Gewalt verharm­lost. So wünscht Gudrun Meurer-Hageroth sich, dass Jungen und Mädchen bereits im Kinder­garten und in der Schule in ihrem Rollen­ver­halten zu stärken und den gewalt­freien Umgang mit Konflikten lernen.

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