Bummel durch das Braun­schweig der 60er

Mit Schwung in die Kurve: Eine Fußgängerzone gab es in den 60ern noch nicht. Die Linie 18 fuhr über Sack und Neue Straße in Richtung Madamenweg. Foto: Wolfgang Illenseer/JS
Mit Schwung in die Kurve: Eine Fußgängerzone gab es in den 60ern noch nicht. Die Linie 18 fuhr über Sack und Neue Straße in Richtung Madamenweg. Foto: Wolfgang Illenseer/JS

Die Stiftung Eisen­bahn­ar­chiv öffnet ihre Schatz­truhe und zeigt uns unsere Stadt aus einer ganz neuen Perspek­tive.

Es ist natürlich kein Zufall, wenn die Stiftung Eisen­bahn­ar­chiv kurz vor Weihnachten einen neuen Fotoband auflegt. Doch Zufall hin oder her: Wenn die Stiftung ihre Schatz­truhe öffnet und die Zeit 70 Jahre zurück­dreht, dann ist das immer mehr als nur einen einzigen Blick wert.

Logo Braunschweiger ZeitungDieser Artikel ist zuerst erschienen am 19.12.2019 (Bezahl-Artikel)

Wo ist nur die Zeit geblieben?, werden manche fragen. Wer weiß noch, dass Schau­spie­lerin Sonja Ziemann die Braun­schweiger einst in Scharen in die Kinos der Stadt zog? Dass man mit der Straßen­bahn einst bis nach Riddags­hausen rollen konnte und mächtige Büssing-Andert­halb-Decker die Könige auf Braun­schweigs Straßen waren? Doch Wolfgang Illenseer hielt das damals alles im Detail fest. Mit seiner Kamera, die er zur Konfir­ma­tion erhalten hatte, zog er durch die Straßen der Stadt. Im Sucher in erster Linie die Straßen­bahnen und Omnibusse der Stadt­werke. Doch selbst wer sich nicht für Verkehrs­ge­schichte inter­es­siert, der kommt mit dem kleinen Buch in DIN A5 und seinen 102 Fotos voll auf seine Kosten.

Illen­seers Fotos sind vielen Braun­schwei­gern mittler­weile bestens bekannt. Aus seiner Kamera stammt der überwie­gende Teil der Aufnahmen vom Bau des Haupt­bahnhof. Zurzeit werden sie in der Stadt­bi­blio­thek im Schloss ausge­stellt. Genau dort wurden vor einem Jahr auch Illen­seers Fotos zur Verkehrs­ge­schichte Braun­schweigs in den 50er Jahren gezeigt. „Unser neuer Foto-Band knüpft daran an. Es werden nun die 60er Jahre in Braun­schweig beleuchtet“, erzählt Manfred Kühn.

Kühn hat die Auswahl aus Tausenden von Fotos vorge­nommen. Einige Dinge waren ihm persön­lich wichtig Denn an Fahrten der längst einge­stellten Straßen­bahn­linie 8, die über Münzstraße, Steinweg und Kasta­ni­en­allee bis nach Riddags­hausen führte, erinnert sich Kühn noch selbst.

Andere Fotos waren nur möglich, weil Illenseer ein ausge­zeich­netes Verhältnis zu Mitar­bei­tern der Stadt­werke hatte. So durfte er dabei sein, als ausge­diente Straßen­bahnen zu ihrer letzten Fahrt antraten. Ihre Achsen wurden entfernt, per Kran und Lastwagen wurden die Karossen anschlie­ßend auf eine Freifläche hinter dem ehema­ligen Straßen­bahn­depot an der Hamburger Straße geschleppt – und angezündet. „Es brannte, bis nur noch der blanke Stahl übrig war.“

So merkwürdig uns diese frühe Form des Recyclings vorkommt, früher sei das normal gewesen, sagt Kühn: „Sogar die Feuerwehr war dabei, Die Flammen sollten sich schließ­lich nicht ungewollte ausbreiten.“

Verkehrs­his­to­ri­sche seien die 60er Jahre eine ganz wichtige Zeit für Braun­schweig gewesen. sagt Stiftungs­vor­stand Hans-Georg Ahrens: „Zu dieser Zeit hat sich geklärt, dass Braun­schweig an der Straßen­bahn festhält. Das war vorher nicht klar. Das damalige Linien­netz ist fast identisch mit dem heutigen.“

Das Buch „Stadt­ver­kehr in Braun­schweig – Mit Wolfgang Illenseer unterwegs in den 1960er Jahren“ ist zum Preis von 24,90 Euro erhält­lich in der Buchhand­lung Graff, Sack 15, und der Galerie Kaphammel, Ziegen­markt 4. Die Stiftung hat außerdem einen neuen Foto-Kalender heraus­ge­geben.

Logo Braunschweiger ZeitungDieser Artikel ist zuerst erschienen am 19.12.2019 und erreichbar unter: https://www.braunschweiger-zeitung.de/braunschweig/article227956165/Bummel-durch-das-Braunschweig-der-60er.html (Bezahl-Artikel)

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