Jüdels Wirken trägt bis heute segens­reich Früchte

Max Jüdel. Foto: Niedersächsisches Landesarchiv Wolfenbüttel
Max Jüdel. Foto: Niedersächsisches Landesarchiv Wolfenbüttel

Auf den großen Indus­tri­ellen und Mäzen gehen unter anderem das Braun­schweiger Siemens-Werk, die Braun­schwei­gi­sche Bauge­nos­sen­schaft und das Herzogin-Elisabeth-Hospital zurück.

Der Geburtstag und auch der Todestag eines der größten Söhne der Stadt Braun­schweig jähren sich Anfang Oktober. Der überaus erfolg­reiche Unter­nehmer Max Jüdel wurde vor 175 Jahren am 10. Oktober 1845 geboren, am 9. Oktober 1910 starb er – nur einen Tag vor seinem 65. Geburtstag. Bis heute trägt sein Wirken nicht nur wirtschaft­lich, sondern auch dank seiner wohltä­tigen Aktivi­täten sozial segens­reich Früchte für Braun­schweig. Seit 2015 erinnert eine Persön­lich­keits­tafel auf dem Grund­stück Adolf­straße 52 an den großen Indus­tri­ellen und Mäzen. Zusätz­lich wird er mit der Jüdel­straße in der Südstadt geehrt.

Nazis in der Villa Jüdel

In der Adolf­straße 52 stand bis 1944 die ehemalige Jüdel-Villa. Jüdel hatte das 1883 nach Plänen von Constantin Uhde entwor­fene hochherr­schaft­liche Haus 1904 gekauft. Zu seinen Lebzeiten wurde es ein gesell­schaft­li­cher Mittel­punkt der Stadt. Regel­mäßig lud Jüdel Gäste aus allen Schichten der Gesell­schaft zu Empfängen ein. Musiker und Sänger des Staats­thea­ters rissen sich darum, bei ihm aufzu­treten. Jüdel vererbte die reprä­sen­ta­tive Villa der Stadt Braun­schweig als Wohnsitz für ihre Oberbür­ger­meister. Mit Hugo Retemeyer (1904 – 1925), Paul Trautmann (1925 – 1929) und Ernst Böhme (1929 bis 1933 und 1945 bis 1948) lebten jedoch nur drei von ihnen in der Villa. Danach nutzten die Natio­nal­so­zia­listen das Haus. 1944 wurde es schließ­lich von Bomben getroffen, weitge­hend zerstört und abgerissen.

Testa­men­ta­risch hatte Jüdel die Stadt Braun­schweig als General­erben einge­setzt und seinen Nachlass zur Errich­tung der Max-Jüdel-Stiftung bestimmt, aus deren Erträgen bis heute unver­schuldet in Not geratene Bürger unter­stützt werden. „Weil ich mich dankbar dafür erweisen wollte, dass ich durch das mir geschenkte Vertrauen meiner Mitbürger in die Lage versetzt war, ein gut Teil meiner Lebens­ar­beiten der Stadt zu widmen“, so begrün­dete der Unter­nehmer Max Jüdel in seinem Testament 1904 die Entschei­dung. Süffisant fügte er an, dass vielleicht auch eine gewisse Eitelkeit, dass sein Name nicht in Verges­sen­heit geriete, eine Rolle gespielt habe. Während des Nazi-Regimes war seine Stiftung in „Allge­meine Städti­sche Stiftung“ umbenannt und ihr viel Kapital entzogen worden.

Gemeinsam mit Büssing erfolg­reich

Max Jüdel stammte aus einer wohlha­benden, jüdischen Kaufmanns­fa­milie. Zunächst leitete er nach dem Abitur auf dem Martino-Katha­ri­neum das elter­liche Textil­ge­schäft. Doch diese Aufgabe entsprach nicht seinen größeren Zielen und ebenso wenig seinen großen kaufmän­ni­schen Fähig­keiten. Gemeinsam mit dem genialen Ingenieur Heinrich Büssing gründete er 1873 die Eisen­bahn­si­gnal-Bauan­stalt Max Jüdel & Co. Das Werk der Siemens AG in Braun­schweig, noch heute auf dem Gelände der früheren Jüdel-Werke an der Acker­straße gelegen, geht auf diese Gründung zurück.

Chancen der Indus­tra­li­sie­rung genutzt

Der Kaufmann Jüdel und der Ingenieur Büssing erkannten die großen Möglich­keiten der Indus­tria­li­sie­rung mit dem Ausbau des Eisen­bahn­netzes boten. Ihnen gelang es, die Signal­technik zu revolu­tio­nieren. Die produ­zierten Stell­werke aus Braun­schweig waren dank ihrer innova­tiven Technik – wie heute immer noch – auch inter­na­tional gefragt. Mit 1300 Mitar­bei­tern im Jahre 1908 gehörten die Jüdel-Werke zu den größten Arbeit­ge­bern in Braun­schweig.

Großes soziales Engage­ment

Das großher­zige Engage­ment Jüdels für seine Arbeiter und deren Familien galt zu jener Zeit als ausge­spro­chen ungewöhn­lich. Zu seinem Tod sagte der damalige Oberbür­ger­meister Retemeyer wahre Worte: „Das Andenken an Geheimrat Jüdel wird in Braun­schweig nie verblassen.“ In der Deutschen Biografie heißt es: Er schuf eine „Unter­stüt­zungs­kasse für ärztliche Behand­lung und Beschaf­fung von Arzneien“, eine „Arbei­ter­pen­sions- und Witwen­kasse“ sowie andere betrieb­liche Stiftungen, um seine Arbeiter im Fall unver­schul­deter Not unter­stützen zu können. Darüber hinaus verwandte er regel­mäßig einen erheb­li­chen Teil seiner Einkünfte für soziale und karita­tive Zwecke, zur Errich­tung oder Förderung von Wohlfahrts­ein­rich­tungen sowie zur Unter­stüt­zung von jungen Künstlern.

Im gesell­schaft­li­chen und sozialen Leben der Stadt engagierte sich Jüdel durch die Gründung der Braun­schweiger Bauge­nos­sen­schaft, einer Pflege­an­stalt (das heutige Herzogin-Elisabeth-Hospital), einer Volks­le­se­halle und dem „Braun­schweiger Carneval-Club“, der noch heute als Braun­schweiger Karneval-Gesell­schaft von 1872 existiert.

„Reichtum ermög­licht, Gutes zu tun“

Auch politisch war der Unter­nehmer aktiv als Braun­schweiger Landtags­ab­ge­ord­neter und als Mitglied der Stadt­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung. Von 1893 bis zu seinem Tod 1910 war Jüdel Präsident der Handels­kammer. Für seine unter­neh­me­ri­schen Leistungen verlieh ihm die TU Braun­schweig die Ehren­dok­tor­würde.
An der Tür zu seinem Arbeits­zimmer stand der latei­ni­sche Spruch: „Reichtum ermög­licht, Gutes zu tun.“ Es war sein Lebens­motto, das ihn tatsäch­lich auch 175 Jahre nach seiner Geburt unver­gessen macht.

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