Bilder für jedermann

: Carl Joseph Begas d. Ä., Zwei Mädchen auf dem Berge, 1834, BEGAS HAUS Heinsberg (Leihgabe der Sparkassen-Kunst-Stiftung der Kreissparkasse Heinsberg), Foto: BEGAS HAUS Heinsberg, Anne Gold
: Carl Joseph Begas d. Ä., Zwei Mädchen auf dem Berge, 1834, BEGAS HAUS Heinsberg (Leihgabe der Sparkassen-Kunst-Stiftung der Kreissparkasse Heinsberg), Foto: BEGAS HAUS Heinsberg, Anne Gold

Objekt des Monats, Folge 10: Ein Erfolgs­bild des Malers Carl Joseph Begas als Vorlage für kunst­ge­werb­liche Zier- und Gebrauchs­ge­gen­stände

Das BEGAS HAUS – Museum für Kunst und Regio­nal­ge­schichte im histo­ri­schen Städtchen Heinsberg (NRW) – präsen­tiert die bundes­weit größte Sammlung von Gemälden der über vier Genera­tionen wirkenden Künst­ler­fa­milie Begas. Ihr Stamm­vater Carl Joseph Begas d. Ä. wurde im Jahr 1794 in Heinsberg geboren. In einer eigenen Abteilung beleuchtet das Museum den Einzug seiner gefei­erten Bildmo­tive in die bürger­li­chen Wohnstuben, wo sie in Form von dekora­tiven Gebrauchs­ge­gen­ständen über Genera­tionen hinweg Wände und Vitrinen zierten. Zu diesen Exponaten zählen auch zwei Dauer­leih­gaben der Richard Borek Stiftung, die bereits seit der Eröffnung des Begas Hauses im Jahr 2014 die Schau­samm­lung berei­chern und in direktem Kontext zu einem Gemälde von Begas stehen.

Begas und die Litera­ri­sche Romantik

Carl Joseph Begas hatte sich nach seiner künst­le­ri­schen Ausbil­dung in Paris im Berliner Kunst­ge­schehen der 1830er Jahre fest etabliert. Seine Bekannt­schaft und Freund­schaft zur Künst­ler­ge­mein­schaft der Düssel­dorfer Kunst­aka­demie und der rege Austausch mit ihr trugen vermut­lich ebenso zu seiner Hinwen­dung zur Litera­ri­schen Romantik bei wie sein ausge­prägtes persön­li­ches Interesse für Literatur und Geschichte.

Unter diesem Einfluss widmete sich Begas d. Ä. (gestorben 1854, Berlin) mit dem Gemälde „Zwei Mädchen auf dem Berge“ im Jahr 1834 erstmalig in seiner Malerei der roman­ti­schen Dicht­kunst seiner Epoche. Hierfür wählte er aus den bereits im Jahr 1815 in erster Auflage veröf­fent­lichten Gedichten des schwä­bi­schen Dichters und Litera­tur­wis­sen­schaft­lers Ludwig Uhland (1787–1862) das Sonett „Die zwo Junfraun“ als Vorlage. Die klein­for­ma­tige (19,4 x 24 cm), auf Kupfer gemalte Erstfas­sung zeigt die beiden jungen Frauen vertraut anein­ander gelehnt auf einem grasbe­wach­senen Felspla­teau inmitten einer sich weit öffnenden Gebirgs­land­schaft sitzend. Mit feinem Gespür greift Begas die von Uhland thema­ti­sierten Ideale von Freund­schaft, Poesie und Natur auf und setzt die litera­ri­sche Vorlage nahezu wortgenau im Bild um. Begas´ Wahl gerade dieses Sujets zeigt seine Vertraut­heit mit den Schlüs­sel­werken der roman­ti­schen Freund­schafts­al­le­go­rien seiner zeitge­nös­si­schen Künst­ler­kol­legen wie z. B. Friedrich Overbeck, Eduard Bendemann und Carl Ferdinand Sohn.

Zigarrenetui mit Bildmotiv Zwei Mädchen auf dem Berge (Blick in die Heimat) nach Carl Joseph Begas d. Ä., nach 1834, Manufaktur Stobwasser, Braunschweig. Foto: Richard Borek Stiftung
Zigar­ren­etui mit Bildmotiv Zwei Mädchen auf dem Berge (Blick in die Heimat) nach Carl Joseph Begas d. Ä., nach 1834, Manufaktur Stobwasser, Braun­schweig. Foto: Richard Borek Stiftung

Vom Gemälde zur Miniatur in Lack

Der Erfolg der Begas´schen Kompo­si­tion dokumen­tiert sich nicht nur in zwei großfor­ma­tigen eigen­hän­digen Wieder­ho­lungen, die sich heute im Staat­li­chen Museum Schwerin und im LVR Landes­Mu­seum Bonn befinden, sondern auch in der inter­na­tio­nalen Verbrei­tung durch Litho­gra­fien, Stahl­sti­chen und Radie­rungen. Besonders großer Beliebt­heit erfreute sich das Motiv auch auf Zier- und Gebrauchs­ge­gen­ständen namhafter Hersteller, so auch bei den Braun­schweiger Lackwa­ren­ma­nu­fak­turen Stobwasser und Stockmann. Die inter­na­tional vermark­tete Produkt­pa­lette beider Hersteller umfasste ein breites Spektrum von Schnupf­ta­bak­dosen, Tabletts und Etuis bis hin zu Tisch­platten, deren lackierte Grund­lagen Holz, Papier­maché oder Metall­blech waren. Die Gegen­stände aus dem mit Leimwasser angerührten Papier­brei wurden in Modeln ausge­formt und nach weiteren aufwän­digen Produk­ti­ons­schritten mit einer Öl-Lackma­lerei bemalt und versie­gelt.

Das recht­eckige Tablett aus Weißblech hat abgerun­dete Ecken und der rote Tablett­rand steigt leicht auf, sodass das Bildfeld vertieft liegt. Die ovalen Messing­griffe sind mit jeweils drei plasti­schen Messing­nieten am Rand befestigt. Das feinma­le­ri­sche Bildmotiv weicht lediglich in kleinen farbli­chen Nuancen vom Original ab. Die Grundform des Zigar­ren­etuis aus Papier­maché ist längsoval mit rundovalen Schmal­seiten. Vorder- und Rückseite sind ebenso leicht gewölbt und bis auf das Gold-gerahmte Bildfeld der „Zwei Mädchen“ schwarz lackiert. Die gerade Stand­fläche ermög­lichte es dem Besitzer, das Etui auf einer Kommoden- oder Tisch­platte aufzu­stellen und so seinen Gästen stilvoll eine Zigarre anzubieten. Auf der Unter­seite findet sich die Bezeich­nung „Un coup d´oeuil sur la patrie. [Begas]“

Es erstaunt immer wieder, wie es den Lackma­lern gelang, ein deutlich größeres Gemälde in ein kleineres Format umzusetzen. Behutsam mussten zum Teil kleinere Beschnei­dungen oder Modifi­zie­rungen vorge­nommen werden, um Kompo­si­tion und Aufbau des Vorbildes nicht zu zerstören. Die Minia­tur­ge­mälde selbst wurden mithilfe von Pausen auf die Objekte übertragen. Mit einem Zeichen­stift wurden die Umriss- und Binnen­zeich­nungen sichtbar gemacht und mit Öl-Lack schließ­lich die Malerei aufge­tragen.

Mit dem Erwerb eines solchen kunst­hand­werk­li­chen Gebrauchs­ge­gen­stands erstand man nicht nur eine Repro­duk­tion, sondern ein kleines Kunstwerk, das jedoch seinen Preis hatte. Je nach Größe und Material variierte der damalige Kaufpreis (Florin/Gulden) umgerechnet zwischen 200 und 800 Euro und war somit eher für den Geldbeutel wohlha­bender Bürger erschwing­lich.

Lacktablett mit Bildmotiv Zwei Mädchen auf dem Berge (Blick in die Heimat) nach Carl Joseph Begas d. Ä., erstes Drittel 19. Jh., Manufaktur Stockmann, Braunschweig. Foto: Richard Borek Stiftung
Lackta­blett mit Bildmotiv Zwei Mädchen auf dem Berge (Blick in die Heimat) nach Carl Joseph Begas d. Ä., erstes Drittel 19. Jh., Manufaktur Stockmann, Braun­schweig. Foto: Richard Borek Stiftung

 

 

Dr. Rita Müllejans-Dickmann ist Direk­torin des BEGAS HAUSES Heinsberg

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