Braun­schweig: Am Ringgleis brüllt der Drache wieder

Das 1899 erbaute und nun frisch sanierte historische Kontorhaus am Jödebrunnen. Auf dem Dach der Drache. Foto: Stadt Braunschweig / Daniela Nielsen

Das alte Kontor­haus ist saniert. Im Keller­ge­schoss befinden sich rätsel­hafte Eisen­bahn­schienen.

Das Ringgleis in Braun­schweig hat eine neue Attrak­tion. Am Westbahnhof wurde die Sanierung des alten Kontor­hauses abgeschlossen. Eine ganz besondere Sanierung. Denn alte Fotos zeigten auf dem Dach einen Drachen. Er brüllt nun wieder.

Logo Braunschweiger ZeitungDieser Artikel ist zuerst erschienen am 01.07.2022 (Bezahl-Artikel)

Wann der Drache einst verschwand, weiß man nicht. Warum der Drache einst auf dem Dach angebracht wurde, weiß man auch nicht. Doch der Kontor­haus-Verein war der Ansicht, so Tamara Ostermann: „Wenn saniert wird, dann kehrt auch der Drache auf das Dach zurück.“ Der Verein hat das Kontor­haus gerettet. Es gelang, die Stadt­ver­wal­tung von Kauf und Sanierung zu überzeugen.

Gebaut wurde das einstige Chefbüro der Holzhand­lung Brach­vogel im Jahr 1899. Über den Arbeits­platz im Kontor­haus sagt Udo Gebauhr: „Vom Schreib­tisch aus blickte man über die Wasser­fläche des alten Jödebrun­nens. Auf der Gegen­seite freier Blick über die Felder bis nach Broitzem. Tangenten-Wall und Weststadt gab es damals noch nicht. Einen schöneren Arbeits­platz wird es damals wohl kaum gegeben haben.“

Von der längst vergan­genen Holzhand­lung blieb am Westbahnhof viel erhalten. Die Fassade des Kufa-Hauses gehört dazu. Ebenso eine Eisenbahn-Drehscheibe unweit des Jugend­platzes. Grund: Förder­pro­gramm Soziale Stadt. Der dortige Bezirksrat sorgte dafür, dass Förder­gelder flossen. Auch die Sanie­rungs­kosten des Kontor­hauses verteilen sich auf Stadt, Land und Bund.

Gering waren die nicht. Bis zum Jahr 2012 war das Gebäude zwar bewohnt, was den gänzli­chen Verfall verhin­derte. Am Ende kostete die Sanierung dennoch 360.000 Euro. Versor­gungs­lei­tungen, Dach, Wege ­– alles war sanie­rungs­be­dürftig.

Der Drache war aller­dings nicht inbegriffen. Ursprüng­lich war er aus Eichen­holz. Fragmente waren erhalten geblieben. Doch die Rekon­struk­tion wäre für den Verein unbezahlbar gewesen, erzählt Ostermann. „Die Idee, Corten-Stahl zu verwenden, wurde verworfen. Der neue, alte Drache besteht aus Edelstahl.“ Kosten­punkt, so die Vereins­vor­sit­zende: „Vierstellig – trotz bester Verbin­dungen. Ein Kraftakt. Der Kontor­haus-Verein hat nur 16 Mitglieder. Glück­li­cher­weise wurden wir von Sponsoren unter­stützt.“

Freitag fand die Schlüs­sel­über­gabe statt. Der Verein hat das Kontor­haus von der Stadt gemietet. Die Refinan­zie­rung soll über die Vermie­tung des Kontor­hauses als ganz beson­derer Veran­stal­tungsort erfolgen. Die Grund­fläche beträgt 20 Quadrat­meter. Platz genug für Gruppen­treffen mit bis zu 20 Personen. Bis zu 12 Personen finden Platz, wenn Tische aufge­stellt werden. Möglich macht dies das etwas größere Unter­ge­schoss mit Teeküche und WC. Dort gilt es noch ein Rätsel des Gebäudes zu lösen.

Denn das Erdge­schoss ruht auf unver­wüst­li­chen Eisen­bahn­schienen. Sie wurden im Jahr 1870 gefertigt und gerade frisch rot gestri­chen. Statisch ist das eine unbedenk­liche, aber außer­ge­wöhn­liche Lösung. Woher die Schienen stammen, weiß man nicht. Der Westbahnhof ist zwar nah. Doch Stadt­teil­hei­mat­pfleger Heiko Krause sagt: „Die Holzhand­lung Brach­vogel betrieb damals einen weltweiten Holzhandel und hatte vier Ringgleis-Anschlüsse. Es war überhaupt kein Problem, sich von sonstwo per Eisenbahn die Schienen bis aufs Firmen­ge­lände liefern zu lassen.“

Der Verein wird demnächst mit der Vermie­tung beginnen, kündigt Ostermann an. Die Arbeiten am Kontor­haus sind aber noch nicht ganz abgeschlossen. Das Umfeld ist verwil­dert. Es wird noch nachge­bes­sert. Denn auch wenn das Kontor­haus geschlossen ist, soll es zum Ringgleis-Ziel werden, wo man innehalten kann. Pläne werden nach den Sommer­fe­rien der Politik vorge­stellt. Spätes­tens im nächsten Frühjahr soll das alte Kontor­haus wieder sein alten Glanz ganz zurück erhalten.

Logo Braunschweiger ZeitungDieser Artikel ist zuerst erschienen am 01.07.2022 und erreichbar unter: https://www.braunschweiger-zeitung.de/braunschweig/article235782893/Braunschweig-Am-Ringgleis-bruellt-der-Drache-wieder.html (Bezahl-Artikel)

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