Am Ringgleis wird ein altes Stück Braun­schweig gerettet

Wie riesig die Fläche des ehemaligen Pferdestalls ist, erkennt man im Dachgeschoss. Es soll komplett umgebaut werden. Foto: Jörn Stachura/FMN

Das Backstein-Gebäude ist 200 Jahre alt und stand einst am Magni­viertel. Wir zeigen die letzten Fotos vom Innern vor dem großen Umbau.

Der Westbahnhof von Braun­schweig ist immer für eine Überra­schung gut. Gut verborgen steht ganz in der Nähe vom Ringgleis ein riesiges Gebäude leer, das wohl 200 Jahre alt ist. Kein Denkmal­schutz. Und dennoch soll der ehemalige Pferde­stall erhalten bleiben. Aller­dings steht ein großer Umbau bevor.
Eigent­lich glaubte man, das alte Backstein-Gebäude sei zwar alt, aber besonders sei es nicht. Mittler­weile wurden Pläne aus dem Jahr 1828 gefunden, die besagen: Es handelt sich um den einstigen Pferde­stall der Braun­schweiger Husaren und der stand am Rande des Magni­vier­tels.
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Dieser Artikel ist zuerst erschienen am 5.8.2024

„Die Stadtteil-Heimat­pfleger versuchen gerade, mehr in Erfahrung zu bringen“, erzählt Sven-Ove Wöhling, der das Gelände samt Gebäude gekauft hat. „Der Pferde­stall wurde einst abgetragen, einge­la­gert und schließ­lich am Westbahnhof wieder aufgebaut. Dieser Teil der Geschichte des Pferde­stalls muss noch näher erforscht werden. Balken und Mauerwerk sind aller­dings noch völlig original.“

Seit mehr als zehn Jahren wird der alte Backsteinbau nicht mehr genutzt. Um ins Innere zu gelangen, musste ein Weg freige­schnitten werden. Foto: Jörn Stachura/FMN
Lage des ehema­ligen Pferde­stalls. Grafik: Jürgen Runo/FMN

Zuletzt wurde der ehemalige Pferde­stall als Lager des städti­schen Bauhofs genutzt. Vor zehn Jahren etwa wurde jedoch mit EU-Förder­gel­dern das alte Gewer­be­ge­biet am Westbahnhof umgebaut und wachge­küsst. Flächen wurden verkauft und Brachen entwi­ckelt. Kufa-Halle und Westand entstanden. Die alte Flieger­halle wurde zum Kletter­park. Auch der Pferde­stall wurde verkauft. Erste Pläne, ein Museum für Streich-Instru­mente sollte entstehen, wurden aller­dings nicht umgesetzt.

Auch Wöhling kam zu dieser Zeit zum Westbahnhof. Er ist Geschäfts­führer des IT-Spezia­listen Netzlink. Das Unter­nehmen zog vom Büssing-Gelände am Haupt­bahnhof an den Westbahnhof um und baute dort den sogenannten IT-Campus, in dem sich weitere IT-Betriebe angesie­delt haben. „Wir wollen weiter wachsen. Es bot sich an, dafür den Pferde­stall zu nutzen, der an unser Gelände angrenzt. Die Arbeits­at­mo­sphäre wird dort großartig sein.“

Bereits im September soll ein Bauantrag bei der Stadt Braun­schweig einge­reicht werden. Im ersten Schritt muss das Gebäude zugäng­lich gemacht werden. Im Frühjahr soll der Umbau selbst beginnen. Wöhling rechnet mit Kosten „von etwa drei Millionen Euro. Förder­mittel gibt es keine.“ Dieser enorme Betrag erklärt sich durch die enormen Heraus­for­de­rungen.

Dass der Fußboden im Erdge­schoss abschüssig ist, fällt eher in die Kategorie teure Kleinig­keiten. Das aller­größte Problem sei, so Wöhling: „Vor und während der Einla­ge­rung sind die Balken imprä­gniert worden. Ein Gutachter hat festge­stellt: Das Holz ist heute als konta­mi­niert einzu­stufen. Dies rückgängig zu machen, lässt sich wirtschaft­lich nicht darstellen. Das gesamte imprä­gnierte Holz muss darum raus, damit eine Umnutzung überhaupt möglich wird.“
Wie mit dem Dach verfahren wird, stehe noch nicht fest: „Einge­deckt ist mit alten Schiefer-Schindeln. Dies ist in Braun­schweig äußerst selten.“ Eigent­lich müsste das Schie­fer­dach erhalten bleiben: „Aber wir wollen eine Solar­an­lage instal­lieren. Liegen die Module auf dem Dach, wird man von den alten Schiefer-Schindeln nichts mehr sehen.“

Blick hinein in das Erdge­schoss des alten Gebäudes. Ein Stahl­träger wurde nachträg­lich einge­zogen, um für Stabi­lität zu sorgen. Foto: Jörn Stachura/FMN

Der Umbau wird erheblich sein. Das Rolltor an der Fassade wird nicht Eingang bleiben. Die seitliche Tür ist keine zwei Meter hoch. Das Dach soll Gauben erhalten, damit mehr Tages­licht ins Dachge­schoss fällt. Vier Flächen zu je 150 Quadrat­meter sollen am Ende auf zwei Etagen entstehen. Eine Fläche ist als eine Art Werkstatt geplant, wo zum Beispiel 3D-Drucker zum Proto­typen-Bau stehen.

Die drei übrigen Flächen sind als eine Art Bürofläche geplant. Wobei Wöhling sagt: „Für klassi­sche Büroar­beit muss heute niemand mehr das Home-Office verlassen. Es sollen Arbeits­plätze der Zukunft entstehen. Also Flächen, die eher als Treff­punkt zu verstehen sind, wo gemeinsam Ideen oder Projekte entwi­ckelt werden.“

Wer einziehen wird, stehe noch nicht fest: „Eventuell wollen Unter­nehmen aus dem IT-Campus umziehen.“ Dass der alte Pferde­stall aber auch nach 200 Jahren eine Zukunft haben wird und auch die zweite Umnutzung gelingt, davon ist er fest überzeugt.

Logo Braunschweiger ZeitungDieser Artikel ist zuerst erschienen am 5.8.2024 und erreichbar unter: braunschweiger-zeitung.de/niedersachsen/braunschweig/article406936212/am-ringgleis-wird-ein-altes-stueck-braunschweig-gerettet.html

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