Braun­schweiger Lindenhof: So wird er nach der Sanierung genutzt

Eleonore Eiswirt und Hans-Gerd Rose, Tanzlehrer für Tango Argentino. Foto: FMN | Peter Sierigk

Braun­schwei­gerin hat den histo­ri­schen Bau in der Kaser­nen­straße restau­riert. Ein Rundgang zeigt die neue Nutzung und bewahrte Archi­tektur.

Werfen wir einen Blick auf den Lindenhof. Schöner denn je nach seiner Sanierung. Einladend war er schon immer. Architekt Karl Munte ließ sich bei seinem Bau von 1908, besonders auf der Schau­seite, vom Jugend­stil beein­flussen.

Logo Braunschweiger ZeitungDieser Artikel ist zuerst erschienen am 20.10.2024

Man sehe die langen, schmalen Fenster­bänder und die anspre­chende Wölbung der Nordfas­sade. Der Lindenhof ist kein Kasten, sondern gefällt durch seine rundli­chen Seiten. Eleonore Eiswirt und ihr Mann Hans-Gerd Rose präsen­tieren ihr Denkmal mit einigem Stolz. Und natürlich sollen zu den vielen Geschichten, die sich um den Lindenhof ranken, neue kommen. Sie wollen dem Schönen der Vergan­gen­heit eine Zukunft geben.

Die Tochter der Eigen­tü­merin wählte den Lindenhof als Thema für ihre Bache­lor­ar­beit

Katharina Eiswirt, die Tochter, hat die Geschichte des Linden­hofs zum Thema ihrer Bache­lor­ar­beit gemacht, abgeschlossen dieses Jahr am Karls­ruher Institut für Techno­logie. Die Quellen­lage war dünn, und es ist bewun­derns­wert, was sie alles heraus­ge­funden hat.

Glücklich bewahrter Jugend­stil. Zapfan­lage von 1908.
Foto: FMN/Peter Sierigk

Am 6. März 1909 annon­cierte ein Friedrich Linden­zweig die Eröffnung des Restau­rants „Linden­zweig“. Mit Klubzim­mern, Billard­saal, Kegelbahn und Stehbier­kneipe. Die nächsten Eigen­tümer, das Ehepaar Talchau, wählten den Namen „Lindenhof“. Es war offen­sicht­lich ein Vergnügen, in den Zwanzi­gern den Lindenhof aufzu­su­chen. Und es wurde hier auch getanzt.

Im Zweiten Weltkrieg wurde der Lindenhof in Braun­schweig bis auf die Saaldecke vollständig nieder­ge­brannt

Hermann Breford, den die Talchau­witwe gehei­ratet hatte, blieb 46 Jahre Wirt des Linden­hofs. Vor dem Zweiten Weltkrieg nutzte die NSDAP das Haus für öffent­liche Partei­ver­an­stal­tungen. Beim Luftan­griff durch die britische Luftwaffe in der Nacht vom 14. auf den 15. Oktober 1944 wurde auch der Lindenhof getroffen und brannte bis auf die Saaldecke im ersten Stock nieder.

Der Lindenhof von 1908 zeigt sich nach der Sanierung, die auch die Wieder­her­stel­lung des histo­ri­schen Daches umfasste, als bürger­li­cher Prachtbau in neuem Licht. Foto: FMN/Peter Sierigk

Nach dem Krieg erhielt das Haus ein Notdach. Der zerstörte Eckturm wurde erst kürzlich bei der Sanierung wieder­her­ge­stellt. Eine Frau Heinemann betrieb im Lindenhof ein Lebens­mit­tel­ge­schäft. Das Restau­rant blühte auf. Ab 1975 begann die Ära mit dem neuen Pächter und späteren Eigen­tümer Paolo Ruggieri. Die Jüngeren der BZ-Redaktion waren häufig bei Paolo und fütterten die Musikbox mit Münzen. Die Reihe „Jazz im Lindenhof“ etablierte sich. Und das Staats­theater erfreute die nonkon­for­mis­ti­schen Braun­schweiger Kreise mit seinem „Café Wahnsinn“, ließ sich dabei von den wildesten Zeiten im Romani­schen Café, Berlin, inspi­rieren.

Im gesamten Haus finden sich neoklas­si­zis­ti­sche Elemente und Einflüsse des Jugend­stils

Noch eine Erinne­rung. Die legendäre „Krautwickel‘s Skiff­le­band“ um Ali Schultze feierte 1992 im Linden­hof­saal ihr 20-jähriges Bestehen. Ihr Erfolgs­ge­heimnis: Sie spielte das, was gefordert wurde, und würzte die Pausen mit losen Sprüchen. Kurz vor Mitter­nacht griff der Kabaret­tist Hans Loewen­berg zum Mikrofon und parodierte Zarah Leanders „Nur nicht aus Liebe weinen“ aus dem Film „Eine rauschende Ballnacht“. Taschen­tuch, Tupfer, es war zu schön.

Noch ein Rundgang mit Eleonore Eiswirt. Gelegen­heit, den Saal zu bewundern. Eine Augen­weide. Neoklas­si­zis­ti­sche und vom Jugend­stil beein­flusste Details. Seitliche Stuck­fi­guren zeigen zwei nackte Mädchen, die eine Girlande halten. Die kleine Bühne wird von einem Säulen­trio gerahmt. Die Zapfan­lage an der Bar davor: glücklich bewahrter Jugend­stil.

Der Tango Argentino ist das Herzstück des Linden­hofs in Braun­schweig

Das Wort „Saal“ passt eigent­lich nicht so recht. „Salon“ hört sich für das, was hier an praller Kultur passiert, besser an. Der Tango Argentino ist bei allem die Seele des Hauses. Eleonore Eiswirt und Hans-Gerd Rose sind Tango­lehrer. Der Lindenhof ist ideale Hülle für Melan­cholie des Tangos. Und die Akustik ist auch gut, das hat der Geigen­so­list Josef Ziga verraten. Der Auftritt seiner Formation „Josef & Friends“ (10. November) ist eine Reverenz an Astor Piazzolla, den argen­ti­ni­schen König des Tangos.

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