Roter Faden zu Freund­schaft und Sprache

Blick ins Flickwerk. Foto: privat
Blick ins Flickwerk. Foto: privat

Nähwerk­statt Flickwerk hat jetzt auch eine Gruppe für Mädchen ab 13 Jahren.

Seit September 2008 gibt es im westli­chen Ringge­biet Braun­schweigs die Nähwerk­statt Flickwerk. Initiator und Träger des Projekts ist das PPTZ, ein freier Träger der Jugend­hilfe Braun­schweig.
Es ist ein Will-Kommen-Projekt: Wer Nadel und Faden nur vom Hören­sagen kennt, ist ebenso willkommen wie Besucher und Besuche­rinnen mit fortge­schrit­tenem handwerk­li­chen Geschick. Zudem sei es ein offener Raum, so Leiterin Tanja Loebert.
„Man kann kommen, wann man will, es gibt keine soziale Kontrolle.“ Bei Flickwerk dreht sich nicht alles um Stoffe, Knopf­loch­stich, Hohlsaum oder Hosennaht. Flickwerk unter­stützt, integriert, verbindet.

„Flickwerk dient auch der Integra­tion. Das ist unsere vornehmste Aufgabe“, so Loebert. Seite an Seite sitzen an den Nähma­schinen Russinnen und Polinnen, Studen­tinnen der HBK und Japane­rinnen, Türkinnen mit und ohne Kopftuch. „Zu uns kann jeder kommen.“ Zu Flickwerk seien schon Menschen gekommen, die ob der vielen kleinen Misserfolge in Sprach­kursen frustriert gewesen seien. „Diese Menschen müssen keinen deutschen Akkusativ lernen. Sie wollen Worte lernen.“ Bei Flickwerk sei die „Verkehrs­sprache“ Deutsch, und zwischen Nadel und Faden lässt sich ganz ungezwungen manches Gespräch einfädeln. „Bei uns wird viel gelacht, hier haben die Leute Lust zu sprechen, die gemein­same Arbeit schmiedet auch Freund­schaften.“ Und wer mal nur Lust auf einen Kaffee hat ist auch herzlich willkommen.

Seit September dieses Jahres gibt es nun auch eine Gruppe für Mädchen ab 13 Jahren. Sie trifft sich immer montags und donners­tags ab 16.30 Uhr in der Nähwerk­statt. „Auch hier müssen sich die Mädchen nicht verpflichten regel­mäßig zu erscheinen. Alles ist zwangslos.“ Betreut werden alle Gruppen von zwei Pädago­ginnen und einer Damen­schnei­derin als Honorar­kraft. „Wir könne aber alle gut nähen“, so Loebert.

Sowohl die Benutzung der zehn Nähma­schinen sowie der Stick- und der zwei Overlock­ma­schinen ist kostenlos. Stoffe und Materia­lien wie Nadel, Faden etc. werden ebenfalls gestellt. „Wir sehen uns absolut nicht in Konkur­renz zu Schnei­de­rinnen, die mit ihrer Arbeit und ihren Kursen ihren Lebens­un­ter­halt verdienen müssen.“ Berufs­tä­tige seien bei Flickwerk natürlich auch gern gesehen, zumal ja bei Niedrig­löh­nern der Verdienst auch eben gerade zum Leben reiche. Dennoch seien die Kurse bewusst auf den Vormittag gelegt worden, um nicht in Konkur­renz zu Nachmit­tags- und Abend­näh­kursen von Schnei­de­rinnen zu treten.

Die Stadt Braun­schweig finan­ziert die Hälfte dieses Projekts. Unter­stützt wird Flickwerk, das sich in den Räumen der BBG befindet, von der Richard-Borek-Stiftung, der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz, der Nieder­säch­si­schen Lotto-Sport-Stiftung, der Stiftung Kleider­ver­sor­gung Braun­schweig, der Bürger­stif­tung Braun­schweig, der BBG sowie Sorop­ti­mist Inter­na­tional. Zudem gibt es Sachspenden aus der Braun­schweiger Bevöl­ke­rung. Die Einrich­tung der Mädchen­gruppe wurde durch die Unter­stüt­zung der Richard-Borek-Stiftung und der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz möglich.

Auf dem Advents­markt der Nähwerk­statt Flickwerk am 27. November von 14 bis 18 Uhr können Besucher Selbst­ge­nähtes wie Schlaf­brillen, Handy­ta­schen, Dinkel­kissen und vieles mehr erwerben.

Kontakt:
Nähwerk­statt Flickwerk, Jahnstraße 1. Kontakt: 05 31/ 482 73 73 2 oder info@flickwerk-braunschweig.de

Mehr Infor­ma­tionen unter: www.flickwerk-braunschweig.de

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