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Der verärgerte Generalpostmeister

Oberpostdirektion in der Friedrich-Wilhelm-Straße. Bildnachweis: Stadtarchiv Braunschweig (H XVI: E V 4)
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Braunschweigs skurrile Ecken und andere Merkwürdigkeiten, Folge 34: Eklat, weil der Eingang zur Hauptpost nicht mittig zur Friedrich-Wilhelm-Straße liegt.

Der Neubau der Hauptpost an der Friedrich-Wilhelm-Straße, entworfen von Professor J. Raschdorf und begonnen im Jahre 1878, sorgte im Deutschen Reich für Beachtung. Im neugotischen Stil entstand schließlich ein dreigeschossiges Bauwerk von imponierender Größe, das auch den Generalpostmeister des Deutschen Reiches,  Heinrich von Stephan, neugierig machte. Er kam zu einem Inspektionsbesuch nach  Braunschweig. Doch die Reise endete im Eklat. 1881 schließlich bezog die kaiserliche Oberpostdirektion Braunschweig den Neubau. Auf die Teilnahme von von Stephans musste verzichtet werden.

Hintergrund war jener Aufenthalt in Braunschweig, bei dem er sich ein Bild vom Fortgang der Bauarbeiten des Prestigebaus der kaiserlichen Post machen wollte. Was dabei passierte ist wahrlich skurril: Von Stephan erreichte Braunschweig mit der Bahn, stieg am alten Hauptbahnhof aus, fuhr mit der Kutsche zur Friedrich-Wilhelm-Straße und musste entsetzt feststellen, dass der Haupteingang der neuen Oberpostdirektion nicht mit der Mittellinie der Straßenführung übereinstimmte.

Denn tatsächlich hätte das nach den ersten Planungen so sein sollen, aber die Stadtverwaltung hatte die Trassenführung der neu angelegten Straße nachträglich weiter nach rechts verlegt. Von Stephan machte trotzig auf dem Hacken kehrt, wollte nichts von den Gründen wissen und verließ Braunschweig im höchsten Maße verärgert. Wenn er gewusst hätte, dass das Haus auch 136 Jahre später noch fest in den Herzen der Braunschweiger als „Hauptpost“ verankert ist, hätte er sich wohl anders entschieden und voller Stolz das Band zum Eingang zerschnitten und zur Feier des Tages ein Glas Sekt getrunken.

Die Baukosten betrugen einschließlich des Grundstückspreises 869.990 Mark, eine für die damalige Zeit gewaltige Summe. Man sprach von einem „Bärengeld“, also von  einem sehr großen Betrag. Das führte dazu, dass sich bis heute auf den Giebeln des Hauses steinerne Bären befinden. Die kaiserliche Oberpostdirektion, die Verwaltungsräume des Postamts sowie die Brief- und Paketzustellung befanden sich zusammengeführt in dem neuen, modernen und zentralen Gebäude. Briefabfertigung und Postschalter waren in einem großzügigen Raum angeordnet. Die Schalter waren bis zur Decke hinauf geschlossen, nur durch ein kleines, aufschiebbares Fenster wurde der Kundenbetrieb ermöglicht.

Braunschweig hat eine lange Postgeschichte, die schon Mitte des 13. Jahrhunderts mit fest eingerichteten Botenlinien begann. Im Jahre 1535 erfolgte schließlich die Gründung der Fürstlich-Braunschweigischen Landespost. Seit 1693 war die Post in der Poststraße ansässig. Ein weiteres Gebäude in der Breiten Straße wurde von der Fürstlich-Braunschweigischen Post seit 1720 genutzt. Von der Poststraße starteten sowohl die Postkutschen wie auch die berittenen Kuriere. Um den ständig steigenden Anforderungen an die Post gerecht zu werden, kam es schließlich zu jenem Neubau an der Friedrich-Wilhelm-Straße. Auf dem Grundstück hatten sich  zuvor die Apothekergärten befunden, in denen die Kräuter für die Apotheken der Stadt angepflanzt worden waren.

1966 zog die „Hauptpost“ in das neue Gebäude am Hauptbahnhof an den Berliner Platz (heute Willy-Brandt-Platz). Aber auch der Standort ist inzwischen ja bereits Postgeschichte geworden. 1977 ging die Oberpostdirektion in der von Hannover auf. Der verbliebene Betrieb erhielt die Bezeichnung „Braunschweig 31“. Heute ist das Post-Areal am Braunschweiger Bahnhof verschwunden. Es musste dem BraWo-Park mit Einkaufszentrum und Büro-Hochhäusern weichen.

Fotos

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