Die B‑Seiten des Harzes

Das ehemalige Erzbergwerk Rammelsberg ist ein Ort, der besprochen wird. Foto: Sobotta/Tautz
Das ehemalige Erzbergwerk Rammelsberg ist ein Ort, der besprochen wird. Foto: Sobotta/Tautz

Hinter die Kulissen des Welterbes Harz zu blicken, hat sich das Multi­me­dia­pro­jekt mit dem Namen „Harz im Gegen­licht“ vorge­nommen. 12 Geschichten in 12 Monaten erzählen von ungewöhn­li­chen und spannenden Orten im Harz und den Menschen, die sie lebendig machen. Aber auch bekannte Sehens­wür­dig­keiten werden dabei sein, betrachtet aus überra­schenden Perspek­tiven und unbekannten Blick­win­keln.

„Hochglanz­post­karten vom Harz gibt es genug“, finden Stefan Sobotta und Tom Tautz. Deshalb machen sie „multi­me­diale Postkar­ten­rück­seiten“, wie sie es nennen. In 12 Geschichten stellen die beiden Fotografen und Fotojour­na­listen inter­es­sante, unbekannte und ungewöhn­liche Orte vor und treffen Menschen, die sie prägen. Dem Harz dabei nicht in die schönen Augen zu blicken, sondern ins Herz, haben sie sich vorge­nommen. Dort ist es lebendig, spannend, manchmal dunkel. Vor allem aber gibt es viel zu sehen, zu entdecken und zu lernen. Wer weiß schon, dass der Rammels­berg bei seiner Schlie­ßung das älteste, durch­gängig in Betrieb befind­liche Bergwerk der Welt war? Oder was ein Lachter ist?

„Der Harz wird unter­schätzt“, bedauert Sobotta, der selbst in der Nähe von Goslar wohnt. „Er ist so viel mehr als drei Skiwo­chen­enden im Jahr.“ Dass sich das Image langsam wandelt, dazu trägt auch der Status des Weltkul­tur­erbes bei, den die UNESCO 1996 an den Rammels­berg und die Altstadt Goslar und die Oberharzer Wasser­wirt­schaft verliehen hat. Dieses Label mit Leben zu füllen, ist ein Anliegen der beiden Geschich­ten­er­zähler. Quasi vor der Braun­schweiger Haustür liegt eine Kultur­land­schaft, die Menschen seit Jahrhun­derten prägen, mit ihr leben und dort ihre Spuren hinter­lassen. Ein Schatz, den es zu entdecken gilt, abseits der ausge­tre­tenen Pfade.

In den kommenden 12 Monaten wollen Sobotta und Tautz 12 Geschichten veröf­fent­li­chen. Zu jeder Geschichte gehören eine Fotore­por­tage, ein Kurztext, ein Video und ein Panora­ma­foto. Dazu können je nach Ort und Begeben­heit noch andere mediale Formate treten. Veröf­fent­licht wird alles auf einer Website, gesucht werden aber auch mediale Koope­ra­ti­ons­partner wie Zeitungen, Websites, Unter­nehmen oder Blogs, die die Geschichten weiter­erzählen. Das Besondere dabei: Die Geschichten erscheinen über ein Jahr verteilt, jeden Monat eine.

Seit Beginn der Planungen für das Projekt vor einein­halb Jahren haben die beiden unzählige Geschichten aufge­spürt, die es wert sind, erzählt zu werden. Einige stehen für die Umsetzung schon fest: das Zister­zi­en­ser­kloster Walken­ried, die Kaiser­pfalz in Goslar, das Polster­berger Hubhaus. Aber aus jeder Geschichte ergeben sich so viele neue, dass ihren Erzählern die Freiheit wichtig ist, auch mal spontan eine andere Geschichte zu reali­sieren.

Einen ganzen Tag sind Sobotta und Tautz, die seit rund zehn Jahren gemeinsam Projekte verwirk­li­chen, für jede Geschichte vor Ort. Machen Fotos, führen Inter­views, drehen Filme. Sind draußen unterwegs, kriechen in Stollen und klettern auf Berge. Für alle Betei­ligten anstren­gende Tage, körper­lich und auch für den Kopf, der so viele neue Eindrücke verar­beiten muss. „Aber das Betrachten der Ergeb­nisse ist wie das Auspacken eines Geschenkes“, beschreibt Tautz. „Wir freuen uns gemeinsam über ein besonders gelun­genes Foto, eine ungewöhn­liche Perspek­tive, eine spannende Einstel­lung.“ Mit dem Sichten und Schneiden des Materials sind beide noch mehrere Tage beschäf­tigt.

Auch wenn die Fotos das Medium der beiden Fotografen ist, legen sie Wert darauf, nicht nur schöne Bilder zu veröf­fent­li­chen. Die Geschichte steht im Mittel­punkt und mit ihr eine Person, die sie erzählt. „Wir geben Menschen eine Bühne, die sonst im Hinter­grund wirken“, erläutert Sobotta das Konzept. Anders als bei einem bunten Imagefilm nehmen sie sich Zeit zum Erzählen, wollen Inhalte vermit­teln und dabei auch einen Raum für gewöhn­liche Dinge schaffen.

Fotoka­meras, Video­ka­meras, Mikrofone, Kameradrohnen – der techni­sche und zeitliche Aufwand für die Geschichten ist groß. „Die Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz war sofort begeis­tert und hat sich sehr für unser Projekt engagiert“, freut sich Tautz. Zusätz­lich werden sie unter­stützt von der Altenauer Brauerei und der Optik­her­steller Schneider Kreuznach hilft mit dem Bereit­stellen von Objek­tiven und techni­schem Equipment.

Die erste Geschichte erscheint Mitte Februar. Wovon sie handelt? „Wird nicht verraten“, lachen beide. Und danach? „Vielleicht wird auch eine Fotoaus­stel­lung daraus oder wir sammeln die Geschichten in einem Buch.“

Sobotta und Tautz verstehen ihr Projekt auch als Einladung. Eine Einladung an alle, den Harz (neu) zu sehen, andere Wege einzu­schlagen, Dinge von einer anderen Seite zu betrachten. Ob sie ihn denn kennen, den Harz? „Wir haben schon jetzt viele neue Sachen gelernt und Details entdeckt. Und vor allem viele Menschen getroffen. Aber wir sind sicher: auch nach den 12 Geschichten wird er immer noch viele Schätze bergen, die darauf warten, gehoben zu werden.“

Infor­ma­tionen

12 Geschichten in 12 Monaten, die erste erscheint Mitte Februar.

Zu sehen unter www.viewfinder-harz.de

und auf Instagram www.instagram.com/viewfinder_harz/

Einen Vorge­schmack auf die Geschichten gibt es im Teaser­video https://vimeo.com/201887036

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