Ein winter­li­ches Porträt

Barbara Rosina de Gasc, Alterbildnis der Herzogin Philippine Charlotte
Barbara Rosina de Gasc, Alterbildnis der Herzogin Philippine Charlotte

Objekt des Monats, Folge 22: Das Alters­bildnis der Herzogin Philip­pine Charlotte mit Muff.

Ein Alters­bildnis, von einer Fürstin? Dieses Bildthema gab es bereits seit dem frühen 16. Jahrhun­dert. Man denke etwa an das Alters­bildnis von Albrecht Dürers Mutter. Aber auch Kaiser Karl V. wurde von Tizian als alternder Herrscher darge­stellt.

In der Renais­sance rückte die körper­liche Seite des Menschen in den Mittel­punkt. Als im 18. Jahrhun­dert die mensch­liche Selbst­er­kenntnis in der Epoche der „Aufklä­rung“ das Denken bestimmte, scheuten sich selbst­be­wusste Herrscher nicht mehr, ihr Alter gänzlich ungeschönt, ohne ein herrscher­li­ches Symbol zu zeigen.

Die Herzogin im Spiegel ihres Lebens

Lächelt die 63-jährige Herzogin Philip­pine Charlotte (1716–1801) nicht sogar ein wenig über das, was sie im Leben sah? Die großen, hohen­zol­lern­schen Augen, die auch ihren berühmten Bruder, den „Alten Fritz“, auszeich­neten, schauen uns wach und aufmerksam an.

Als Spiegel ihres Gemütes erkennen wir Vieles, darunter ihre bisweilen glück­liche Kindheit. Als „dulle Lotte“ gelang es ihr manchesmal, ihren jähzor­nigen Vater Friedrich Wilhelm I., den Solda­ten­könig, zu besänf­tigen.

Erinnert sie sich auch daran, dass sie ihren schüch­ternen Gemahl Carl (I.) 1733 bei der Hochzeit wachküsste? Es war eine dynas­ti­sche Ehe, von den Vätern zusam­men­ge­führt. Und gewiss erinnert sich die Herzogin an ihre 13köpfige Kinder­schar, die sie heran­wachsen sah. Drei davon starben im Kindes­alter.

Unüber­sehbar für uns ist das Alter Philip­pine Charlottes. „Die Alten müssen den jungen Leuten Raum geben“ war ihre Auffas­sung und die ihres geliebten Bruders, mit dem sie einen regen Brief­ver­kehr teilte, bis er 1786 74jährig verstarb. 

Die Malerin Rosina de Gasc: Vom Berliner Hof nach Braun­schweig

Anna (eigtl. Barbara) Rosina de Gasc hat für die Nachwelt die Herzogin von Braun­schweig-Wolfen­büttel als feine Dame festge­halten. Kein herzog­li­ches Signet, kein Ornat ist zu sehen. Im Gegenteil: das schwere rote Damast­kleid, der pelzbe­setzte Kragen und die Zierbänder sowie der in der Kunst wahrlich selten darge­stellte „Muff“ geben Charlotte ein geradezu bürger­li­ches Aussehen. Um die Hände beim Ausgang im Winter vor Kälte zu schützen, steckten die Damen sie in diese schüt­zende Stoff­hülle, die farblich stets mit dem Ausgangs­kleid harmo­nierte. Das Ovalformat des Bildes bündelt diese maleri­schen Aussagen.

So wie man bald jedes Pelzhaar sehen kann, hat auch die Spitzen­kas­kade am Kragen und die Haube der Herzogin diese typische trans­pa­rente Leich­tig­keit. Sie zeichnen die Bilder der Malerin aus und wurden zu ihrem Stilmerkmal.

Geboren 1713 in Berlin, entstammte sie der aus Polen zugewan­derten Maler­fa­milie Lisiewski. Ihre Begabung, vom Vater entdeckt, wurde durch die Ausbil­dung bei dem ersten preußi­schen Hofmaler Antoine Pesne maßgeb­lich gefördert. In den 1730er Jahren wirkte sie auch als Hofma­lerin in Berlin sowie am Hof der Fürsten von Anhalt in Zerbst. 1760 heiratete sie in Braun­schweig in zweiter Ehe Ludwig de Gasc, Professor für Franzö­si­sche Sprache am Collegium Carolinum.

1765 stieg sie, gefördert von Herzogin Philip­pine Charlotte, zur braun­schwei­gi­schen Hofma­lerin auf. Häufig porträ­tierte sie ihre Gönnerin; um 1775 zudem deren Tochter Anna Amalia, die Herzogin von Sachsen-Weimar, und um 1780 ihre Schwie­ger­tochter Augusta, die Gemahlin Carl Wilhelm Ferdi­nands. Doch gerade die kleider­mäch­tigen Alters­bild­nisse Philip­pines Charlotte mit dem Muff nahmen eine besondere Stellung ein.

Noch im 19. Jahrhun­dert wurden die Originale de Gascs von unbekannter Hand kopiert; zwei dieser späteren Fassungen befinden sich heute auf Schloss Frieden­stein bei Gotha.

Die Malerin war stolz auf das Alters­bildnis. Sie signierte und datierte es mit „Rosina de Gasc 1779“ und fügte sogar den Darstel­lungsort – „Braun­schweig“ – hinzu: Erinne­rungs­mo­mente, als die Herzogin der Malerin im Grauen Hofschloss Modell saß und der Kohle­stift ihre Umrisse auf der Leinwand festhielt; ‚fertig‘ gemalt wurde im Atelier. Der alte Eigen­tums­hin­weis „EA 371“ bezieht sich auf Herzog Ernst August von Braun­schweig-Lüneburg (Sohn Georgs III. von Großbri­tan­nien) und auf ein Zimmer 371 in Schloss Hannover-Herren­hausen. Das Bild wurde wohl nach dem Tod der Herzogin im Jahr 1801 angekauft. 2005 erwarb es die Richard Borek Stiftung für Braun­schweig zurück.

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