Hell strah­lende Lebens­ent­würfe

Blick in den Kreuzgang der Brüdernkirche. Foto: Klaus G. Kohn
Blick in den Kreuzgang der Brüdernkirche. Foto: Klaus G. Kohn

Fotograf Klaus G. Kohn stellt in der Braun­schweiger Brüdern­kirche 17 großfor­ma­tige Leucht­kästen mit Porträts aus.

Der Braun­schweiger Fotograf Klaus G. Kohn hat sich künst­le­risch mit der Frage nach den Impulsen der Refor­ma­tion für das moderne Menschen­bild beschäf­tigt. Heraus­ge­kommen sind  bei seiner Arbeit 17 großfor­ma­tige Leucht­kästen in der Braun­schweiger Brüdern­kirche. Sie zeigen Porträts von Menschen aus Braun­schweig und der Region mit beson­deren Inter­es­sen­lagen. Die Personen stehen symbo­lisch für  aktuelle Lebens­ent­würfe. Kohns eindrucks­volle und besondere Ausstel­lung „CREDO – Lebens­ent­würfe“ ist noch bis zum 14. Juni im Kreuzgang der Brüdern­kirche (Schüt­zen­straße 22) zu sehen.

„Die Idee zu dem Projekt hatte ich bereits 2011 für die Ausstel­lung ‘Himmels­stürmer‘ des Berufs­ver­bands Bildender Künstler. Sie ließ sich damals aus zeitli­chen Gründen nicht reali­sieren. Ich habe sie aber nie aus den Augen verloren. Dafür, dass ich sie  jetzt umsetzen konnte, bin ich allen Betei­ligten sehr dankbar. Es ist für mich etwas Einma­liges entstanden. Ich habe erstmals mit dieser Technik, die eigent­lich aus der Werbung kommt, gearbeitet. Die Gelegen­heit, die Arbeit in dieser Form in einer Kirche präsen­tieren zu können, wird wohl nicht wieder­holen“, berichtet Kohn leiden­schaft­lich von der späten Vollendung seiner Idee.

Die Ausstel­lung ist Teil des Programms zum 450-jährigen Bestehen der Landes­kirche. Zur Ausstel­lung heißt es im Katalog: „Moderne Lebens­ent­würfe verdanken sich persön­li­cher Freiheits­rechte, wie sie etwa im Grund­ge­setz für die Bundes­re­pu­blik Deutsch­land verankert sind. Jeder darf sich in unserem Land frei entfalten, solange er nicht gegen Gesetze und die verfas­sungs­mä­ßige Ordnung verstößt. Was heute zum demokra­ti­schen Selbst­ver­ständnis gehört, musste indessen lange und mühevoll erkämpft werden. Wichtige Impulse für unser modernes Menschen­bild gingen von der Refor­ma­tion aus.“ „CREDO – Lebens­ent­würfe“ ist unter anderem von der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz und der Richard Borek Stiftung gefördert. Präsen­tiert wird die Ausstel­lung von der Evange­li­schen Akademie Abt Jerusalem und der  landes­kirch­li­chen Presse­stelle.

Die Art der gezeigten Fotos erinnert an histo­ri­sche Bleiglas­fenster in Kirchen. Kohns Fotos sind im Gegensatz zu ihnen aber mit künst­li­chem Licht hinter­leuchtet. Bei den tradi­tio­nellen Kirchen­fens­tern übernehmen Tages­licht und Sonne die Funktion. In ähnlicher Weise wie dort strahlen Kohns Fotos. Die Menschen, die alle eigene   Lebens­ent­würfe verkör­pern, schauen den Betrachter an. Sie sind überdi­men­sio­niert wie die Vorbilder in den alten Kirchen­fens­tern, die biblische Szenen oder auch die bedeu­tenden Refor­ma­toren zeigen. Kohns Werke sind 2 Meter breit und 2.70 Meter hoch.

Zu sehen ist die Ausstel­lung für jedermann, der das Café Kreuzgang in der Brüdern­kirche besucht und Kaffee und Kuchen der Hektik in der City für eine kleine Weile entfliehen möchte. Auf dem Weg dorthin begleiten die Besucher die Fotos von Klaus G. Kohn. Die Motive reichen vom Eintracht-Fan bis zu Rockern, von Diako­nis­sinnen bis zum Funken­ma­rie­chen. Gezeigt werden stets Menschen mit beson­deren Lebens­in­halten. „Behutsam hat er Menschen ins Bild gesetzt, Persön­li­ches sichtbar gemacht und Biogra­phi­sches angedeutet – mit großem Gespür für die Würde jedes Einzelnen“, heißt es über Kohns Arbeit im Ausstel­lungs­ka­talog.

„Im Prinzip haben alle, die ich gefragt habe, ob sie Teil des Projekts sein und sich dafür fotogra­fieren lassen wollen, sofort zugesagt. Es gab nur sehr wenige Ausnahmen“, erzählt Kohn. Vor dem Start der Arbeit hatte er sich eine Liste gemacht, welche Lebens­ent­würfe er fotogra­fisch umsetzen wollte. Es ist ihm ein nachvoll­zieh­barer Querschnitt  gelungen, der auch soziale und religiöse Themen ins Licht rückt.

Einge­rahmt wird die Veran­stal­tung von einem Begleit­pro­gramm. Am Donnerstag, 24. Mai, spricht der Theologe und Kunst­his­to­riker Dr. h.c. Andreas Mertin (Hagen) über Gemein­sam­keiten und Diffe­renzen der Erfah­rungs­räume Kunst und Religion. Beginn ist um 19.30 Uhr im Kreuzgang der Brüdern­kirche. Am Donnerstag, 14. Juni, ebenfalls um 19.30 Uhr, hält der Fotohis­to­riker und Publizist Dr. Enno Kaufhold (Berlin) einen Vortrag zu den Fotos von Klaus G. Kohn. Zur Eröffnung vor 200 Besuchern hatte Professor Dr. Dr. Klaas Huizing, Theologe und Schrift­steller aus Würzburg, über Gesichter in Kirchen gespro­chen.

„Bei der Präsen­ta­tion im Kreuzgang stoßen das rücksei­tige Licht der Leucht­kästen mit dem Vorder­licht aus der Aufnah­me­si­tua­tion aufein­ander. Aufgrund dieses Wechsel­spiels ergibt sich für den Betrachter eine gänzlich andere Wahrneh­mung, bei der das Licht eine komple­xere Bedeutung erfährt. In der Weise wie die Fotogra­fien durch­leuchtet werden, lassen sie sich bedingt durch den Kreuzgang als Ort der Präsen­ta­tion mit früheren wie heutigen Kirchen­fens­tern in Beziehung setzen“, stellte Huizing fest. Ein Besuch der Ausstel­lung in der Brüdern­kirche lohnt.

Die Ausstel­lung ist Dienstag bis Sonntag von 13 bis 19 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Öffent­liche Führungen mit Klaus G. Kohn sind am 12., 19., und 26. Mai sowie am 2. und 9. Juni, jeweils um 15 Uhr, geplant.

Weitere Infor­ma­tionen:

www.klaus-g-kohn.com.

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