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Musik für alle

Braunschweigische Musikgesellschaft Die Aufführung von "Erzähl uns was von Till" mit dem Orchester der Comeniusschule Braunschweig. Foto: BMG
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Seit 1948 ist die Braunschweigische Musikgesellschaft Teil der Braunschweiger Kulturlandschaft. Die „Förderung der Musik in ihren mannigfaltigen Erscheinungen“, hat sie sich zur Aufgabe gemacht – bis heute: 2018 feiert sie ihr 80jähriges Bestehen.

Die Gründung 1948 war nicht zufällig. „In der unmittelbaren Nachkriegszeit, nach den Jahren der Entbehrungen, des Leides und der Angst war der Hunger nach Kultur groß“, erzählt Günther Westenberger, 2. Vorsitzender der Braunschweigischen Musikgesellschaft (BMG). So griff die Stadt Braunschweig die Initiative einiger engagierter Bürger auf und unterstützte bei der Gründung der BMG.

Ziel der Gesellschaft war es, „zur Förderung der Musik in ihren mannigfachen Erscheinungen alle interessierten Kreise zusammenzufassen und ihren Mitgliedern die Vertiefung musikalischer Kenntnisse und Erkenntnisse jeglicher Art zu vermitteln“, wie es in der bei der Gründungsversammlung am 2. Juni 1948 verabschiedeten Satzung heißt. Die Gründer, elf Bürger aus unterschiedlichen Berufen, richteten sich an alle, „denen Musik innere Bereicherung bedeutet.“ Oder, wie Oberstadtdirektor Erich Walter Lotz in der Broschüre zum 10jährigen Bestehen 1958 schreibt, „Wir brauchen die Musik […] als Mithelferin, um eine seelisch und körperlich zerrüttete Bevölkerung nach einer Zeit der Bevormundung mit besseren Idealen zu versehen […] im häuslichen, gemeindlichen und im staatlichen Denken!“

Ihr Anspruch war dabei immer, durch einen geringen Monatsbeitrag und geringe Eintrittspreise bei den Konzerten allen Braunschweigern den Zugang zur Musik zu ermöglichen.

„In den ersten Jahren gab es Konzerte in Kirchen ohne Dach, die Musiker mussten in dicken Mänteln spielen, als Eintritt brachten die Zuhörer ein Kohlebrikett mit“, beschreibt Westenberger die Anfangszeit. Trotz der teilweise schwierigen äußeren Bedingungen war das Engagement der Mitglieder groß. Die BMG lud nicht nur Berufsmusiker nach Braunschweig ein, aus dem Wunsch vieler Laienmusiker, aktiv Musik zu machen, wurde 1949 das Orchester der BMG gegründet. Höhepunkte waren drei Konzerte auf einer Englandreise in Huddersfield, Halifax und Derby im Jahr 1954. Daneben existierten verschiedene Kammermusikgruppen und zwischen 1953 und 1962 auch ein Chor. Unter anderem wurden einige Werke des Braunschweiger Komponisten und BMG-Vorsitzenden Dieter Salbert uraufgeführt. Im Jahr 1993 beendete die BMG die Arbeit des Orchesters, da sich inzwischen andere Musikgruppen gebildet hatten wie das Orchester der Städtischen Musikschule.

Bemerkenswerterweise wurde in der Satzung der BMG der Wunsch geäußert, dass der 1. Vorsitzende ein „Mann aus dem Volk“, der 2. Vorsitzende ein Musikfachmann oder Kulturschaffender sein sollte. Auch wenn das nicht immer berücksichtigt werden konnte, setzen sich Vorstand und Beirat aus Berufsmusikern und Laien zusammen. Heute steht der Rechtsanwalt Heinz-Peter Kaufmann der BMG vor, Westenberger, Flötist im Braunschweiger Staatsorchester, zeichnet für die musikalische Ausrichtung verantwortlich.

Ein großer Einschnitt war die Änderung der städtischen Förderung 1993. Die institutionelle Förderung, von der u.a. eine Halbtagsstelle für die Verwaltung der Mitglieder finanziert werden konnte, wurde umgestellt auf eine projektbezogene Unterstützung. Seit den 1980er Jahren war das Angebot an Konzerten stark angewachsen, „die Gesellschaft war etwas stehengeblieben, hatte sich nicht weiterentwickelt“, bedauert Westenberger.

Im Rahmen einer zukunftsorientierten Neuausrichtung hat die Braunschweigische Musikgesellschaft daher beschlossen, sich verstärkt mit innovativen Projekten und Konzepten der Musik- und Kulturvermittlung, der musikalischen Nachwuchsförderung und dem generationenübergreifenden Laien-Musizieren zu widmen. Und auch wenn die BMG kein eigenes Orchester mehr hat, unterstützt sie mit verschiedenen Patenschaften vor allem Kinder und Jugendliche in der Franzschen Vielharmonie (Schul- und Jugendorchester der IGS Franzsches Feld) und im Musicus Comenius und Cantus Comenicus (Orchester und Chor der Comeniusschule Braunschweig).

Mit Kindern und Jugendlichen zu musizieren, sei für ihn eine besondere Herausforderung, aber auch Glück und Bereicherung, beschreibt Westenberger. „Sie sind unser Nachwuchs, unsere Zukunft. Ihnen Musik zu vermitteln ist erste Aufgabe.“ Die BMG stellt dabei nicht nur einen Orchesterleiter zur Verfügung, sie unterstützt auch mit Leihinstrumenten, Kontakten und der Organisation von Instrumentalunterricht für die Schülerinnen und Schüler. In der Franzschen Vielharmonie spielen mittlerweile mehr als 50 Instrumentalisten zusammen, nicht nur von der IGS. Auch von anderen Schulen und sogar aus dem Umland kommen Jugendliche, und auch Eltern und Lehrer sind dabei.

2015 gab es zum ersten Mal das „Gesamtkunstwerk“-Projekt „BÜHNE FREI… für Till Eulenspiegel“, das auch im Jubiläumsjahr 2018 fortgesetzt werden soll. Mehrere Musikspiele (Musicals) mit unterschiedlichen Handlungen rund um Till Eulenspiegel werden von Schulen im Braunschweiger Land aufgeführt. Das Besondere: Jede Fassung wird inhaltlich und im Schwierigkeitsgrad den Schulformen, Altersstufen und Möglichkeiten der sich beteiligenden Schulen und Kulturinstitutionen optimal angepasst. So werden etwa die Partituren für die mitwirkenden Schulchöre, Schulorchester, Ensembles und Bands passgenau arrangiert, so dass auf ganz unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen gemeinsam musiziert werden kann. „Keiner wird überfordert, keiner langweilt sich“, erklärt Westenberger das Konzept.

Bei ihrer Arbeit, besonders für Kinder und Jugendliche, kann sich die BMG auf zuverlässige Förderer verlassen. Verschiedene Stiftungen, besonders die Stiftung Braunschweiger Kulturbesitz und die Braunschweigische Stiftung unterstützen immer wieder die verschiedenen Projekte und Initiativen.

Die Veranstaltung von Konzerten mit interessanten Programmen und Formaten, auch an außergewöhnlichen Orten, bleibt indes auch weiterhin ein Bestandteil des kulturellen Angebotes der Gesellschaft. „Und gerne auch in der Region, schließlich führen wir das ,Braunschweigische‘ im Namen.“ Zuletzt lud die BMG zum traditionellen Nikolauskonzert in die St. Nikolai-Kirche nach Melverode ein. Bereits seit 2003 hat das Konzert am 6. Dezember Tradition, diesmal interpretierten die Schauspielerin Annagerlinde Dodenhoff und der Pianist Andreas Sommer Texte und Musik (nicht nur) zur Adventszeit in der ausverkauften Kirche. „Eine schöne Tradition, die wir natürlich weiterführen werden“, so Westenberger. Und natürlich sind auch zum 80jährigen Jubiläum einige besondere Musikveranstaltungen geplant.

Informationen

http://braunschweigische-musikgesellschaft.de/

mit Informationen zu Konzerten, zur Geschichte und Ausrichtung der Braunschweigischen Musikalischen Gesellschaft.
Das Jubiläumsprogramm mit dem Hauptkonzert im Mai wird demnächst veröffentlicht.

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