Preußi­sche Strenge und Liebe zur Kultur

repräsentatives Gemälde in der Dauerausstellung des Schlossmuseums zeigt Philippine Charlotte als junge Herzogin. Foto: Schlossmuseum Braunschweig
repräsentatives Gemälde in der Dauerausstellung des Schlossmuseums zeigt Philippine Charlotte als junge Herzogin. Foto: Schlossmuseum Braunschweig

Folge 7 der Reihe „Schick­sale am einstigen Braun­schweiger Hof“: Philip­pine Charlotte.

1716 geboren und 1801 verstorben – Philip­pine Charlotte erreichte ein für ihre Zeit sehr hohes Alter. Sie gehört zu den bekann­testen braun­schwei­gi­schen Herzo­ginnen. Am 13. März jährt sich ihr Geburtstag zum 300. Mal.

Philip­pine Charlotte wurde als siebtes der insgesamt vierzehn Kinder des preußi­schen Königs Friedrich Wilhelm I. und seiner Frau Sophie Dorothea, die aus der hanno­ver­schen Linie der Welfen stammte, geboren. Die Familie hatte Glück: „nur“ vier der Jungen und Mädchen starben im frühen Kindes­alter, darunter aller­dings die beiden ältesten Söhne, so dass der 1712 geborene Friedrich zum Kronprinzen und späteren König Friedrich II. wurde. Philip­pine Charlotte war also die Schwester Fried­richs des Großen, der sie „Lotte“ oder „Lottine“ nannte und regel­mäßig in Braun­schweig oder Salzdahlum besuchte.

Wie viele Frauen ihrer Zeit, wird auch Philip­pine Charlotte stark über die mit ihr verbun­denen Männer in Macht­po­si­tionen, nämlich ihren Bruder, ihren Ehemann Carl I. Herzog zu Braun­schweig-Lüneburg und ihren Sohn, Carl Wilhelm Ferdinand, wahrge­nommen. Schon in ihrer Kindheit musste sie lernen, dass ihr Bruder eine höhere Stellung einnahm und ihm die Haupt­auf­merk­sam­keit der Eltern, der Diener­schaft und der gesamten Öffent­lich­keit galt. Angesichts des strengen Vaters und des Konflikts zwischen Vater und Bruder, kann es aller­dings auch von Vorteil gewesen sein, nicht ganz so vielen Erwar­tungen stand­halten zu müssen. Wie
für alle hochad­ligen Mädchen war eine gute Eheschlie­ßung zunächst oberstes Ziel. Eine Art Doppel­hoch­zeit erfüllte diese Erwartung: am 2. Juli 1733 heiratete Philip­pine Charlotte in Berlin den damaligen braun­schwei­gi­schen Erbprinzen Carl, während kurz zuvor am 12. Juni 1733 ihr Bruder Friedrich die Schwester Carls, Elisabeth Christine, in Salzdahlum gehei­ratet hatte. Die Verbin­dung der Welfen zu Preußen wurden doppelt eng geknüpft, wobei Philip­pine Charlottes Ehe weitaus erfolg­rei­cher war als die ihres Bruders. Friedrich II. hatte kaum ein gutes Wort für seine Ehefrau übrig und Philip­pine Charlottes Position diesbe­züg­lich war eindeutig: Ihrem Bruder stand sie nahe, Mitleid mit der missach­teten Schwä­gerin hatte sie nicht, sondern betei­ligte sich statt­dessen am Spott über sie.

Auch weitere überlie­ferte Aussagen Philip­pine Charlottes vermit­teln das Bild einer Frau, die sich an die Anfor­de­rungen der Zeit hielt und diese über persön­liche Gefühle stellte. Ihren Ehemann hielt sie zunächst für wenig anziehend und zu zurück­hal­tend, was ihre Haltung ihm gegenüber jedoch in keinster Weise änderte. Sie füllte ihre Rolle als sehr junge Herzogin gut aus und brachte dreizehn Kinder zur Welt, die sie in der Tradition preußi­scher Disziplin, aber auch geistiger Bildung erziehen ließ. Von ihren Söhnen, insbe­son­dere dem erstge­bo­renen Carl Wilhelm Ferdinand, erwartete sie militä­ri­sche Erfolge und Pflicht­er­fül­lung. Er enttäuschte sie nicht. Ihre Töchter hatten weniger Glück: zwei Mädchen erlebten das Erwach­se­nen­alter nicht, Sophie Karoline wurde mit nur 26 Jahren Witwe, ein Schicksal, das Anna Amalia in noch jüngerem Alter ertragen musste (beide heira­teten kein zweites Mal). Ihre jüngste Tochter, Augusta Dorothea, blieb als Äbtissin des Stiftes Ganders­heim unver­hei­ratet. Philip­pine Charlotte konnte dennoch zufrieden sein, da alle diese Töchter akzep­table Lebens­wege einge­schlagen hatten. Das persön­liche Lebens­glück der Kinder war nicht ihre Aufgabe. Schwer­wie­gender war für sie die geschei­terte Ehe ihrer Tochter Elisabeth Christine Ulrike mit dem preußi­schen Erbprinzen Friedrich Wilhelm, die geschieden wurde.

Ähnlich ihrem Bruder Friedrich hatte Philip­pine Charlotte neben diesem strengen Auftreten eine weitere Seite, die von geistigen Inter­essen und Kunstsinn geprägt war. Sie war gebildet, inter­es­siert und durchaus begabt. Auch in diesem Punkt war ihre Ehe erfolg­reich, denn sie konnte sich an der Seite Carls I. an der Förderung von Kunst und Kultur betei­ligen, die dieser verfolgte. Dass sie in finan­zi­ellen Dingen mögli­cher­weise versierter war als ihr Ehemann, nutzte dem Fürstentum nicht viel. Die Finanzen waren nicht ihre Aufgabe und ihr Sohn musste größere Schulden übernehmen. Die Herzogin hinter­ließ jedoch ihr eigenes Vermächtnis: sie beschäf­tigte sich mit philo­so­phi­schen Schriften und verfasste entspre­chende Auszüge, sie kompo­nierte einen Konzert­marsch und sie sammelte Bücher. 4.000 Bände aus ihrer Biblio­thek befinden sich heute in der Herzog August Biblio­thek in Wolfen­büttel.

Ein beson­deres Kunstwerk ist beispiel­haft für beide Seiten dieser inter­es­santen Persön­lich­keit: die Strenge, aber auch die Kunst­liebe. Es handelt sich um das berühm­teste Porträt Fried­richs des Großen, das 1763 im Auftrag Philip­pine Charlottes entstand und durch den damals an den Höfen beliebten Maler Johann Georg Ziesenis angefer­tigt wurde. Bei einem Besuch des Preußen­kö­nigs in Salzdahlum saß er – zum einzigen Mal während seiner Regie­rungs­zeit – Modell.

Philip­pine Charlotte erkannte die Bedeutung dieses Porträts und soll die Rückseite der Leinwand gesiegelt haben, um kontrol­lieren zu können, dass der Maler ihr auch das Original aushän­digte. Auch in dieser Hinsicht war sie also streng und misstrau­isch. Heute geht man aller­dings davon aus, dass er sie ausge­trickst hat und durch eine doppelte Bespan­nung des Rahmens das Original behalten konnte. Philip­pine Charlotte ließ er die gesie­gelte Kopie zukommen. In jedem Fall verdankt die Kunst­ge­schichte ein einzig­ar­tiges Gemälde der Braun­schweiger Herzogin Philip­pine Charlotte.

Sie überlebte sowohl ihren Bruder als auch ihren Ehemann. Nach dem Tod Carls, der über zwanzig Jahre vor ihr verstarb, zog sie sich zurück, wie man es von einer Herzo­gin­witwe erwartete. Sie verstarb in ihrem letzten Wohnsitz Schloss Antoi­net­tenruh in Wolfen­büttel.

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