Umbau­pläne respek­tieren das Vieweg­haus als Denkmal

Aktuelle Ansicht des Vieweghauses mit Bauzaun. Foto: Wedemeyer

Das Land Nieder­sachsen inves­tiert in den nächsten Jahren 47,5 Millionen Euro in das Braun­schwei­gi­sche Landes­mu­seum.

Seit 1985 dient das Vieweg­haus dem Braun­schwei­gi­schen Landes­mu­seum als zentraler Ausstel­lungs­standort im Herzen der Stadt. Der ehemalige Direktor des Museums, Prof. Dr. h.c. Gerd Biegel, rückte es in den Mittel­punkt des kultu­rellen und gesell­schaft­li­chen Inter­esses. Nach der langen Nutzungs­zeit gilt das Museums­ge­bäude der Direktion und den zustän­digen Stellen im Kultus­mi­nis­te­rium in Hannover als renovie­rungs­be­dürftig, wohl zu Recht. Das weckt Sorgen, ob hier nicht abermals ein Kahlschlag wie in den Jahren 1980/85 ansteht, als aus dem Geschäfts- und Wohnhaus das Musems­ge­bäude wurde. Immerhin wird die Schlie­ßung des Haupt­hauses, nicht des Museums­be­triebes wie in „Hinter Ägidien“, voraus­sicht­lich bis 2026 andauern.

Mit diesem Blick auf die begon­nenen Umbau­ar­beiten am Gebäude endet die viertei­lige Reihe über die Geschichte des Vieweg­hauses (erbaut von 1800 bis 1804) am Burgplatz in Braun­schweig und über seine Baumeister David und Friedrich Gilly. Die Folgen eins bis drei sind unten verlinkt.

Bedenken zerstreut

Richard Borek sen., der zusammen mit Prof. Dr. Reinhard Liess vom ehema­ligen Institut für Kunst­ge­schichte der TU Braun­schweig die „Initia­tive Vieweg­haus“ aus den 1980er Jahren gegründet und mit ihrer Hilfe wesent­liche Teile des Gilly­schen Gebäu­de­inneren vor einem Zuviel an musealen Einbauten gerettet hatte, suchte daher das Gespräch. Im März 2020 traf er sich mit Vertre­tern des Landes Nieder­sach­sens, dem Bauherren. Der Meinungs­aus­tausch und die rasche Bereit­stel­lung der Baupläne zerstreuten die Bedenken, es könnten sich Ereig­nisse wie vor 40 Jahren wieder­holen.

Im Vorder­grund stehen Sanie­rungen sowie die Erneue­rung der Betriebs- und Museums­technik, die Ertüch­ti­gung des Hauses nach heutigen Brand­schutz­auf­lagen, die Barrie­re­frei­heit des Haupt­ein­ganges am Burgplatz über einen Seiten­ein­gang und die Gewinnung zusätz­li­cher Ausstel­lungs­flä­chen im Umfang von bis zu 400 Quadrat­me­tern.

Die Raumfluchten bleiben

Die alten Raumfluchten bleiben bestehen, lediglich ein Raum würde verändert werden, so Dr. Heike Pöppel­mann, die Direk­torin.
Das 1. Oberge­schoss birgt zukünftig auf 1200 Quadrat­meter Fläche für wechselnde Ausstel­lungs­themen, das Mezzanin- bzw. Zwischen­ge­schoss das Kinder­mu­seum und eine Darstel­lung über die Geschichte des berühmten Vieweg­hauses, was sehr zu begrüßen ist. Im 2. Oberge­schoss wird wie gewohnt die braun­schwei­gi­sche Landes­ge­schichte zwischen Mittel­alter und Gegenwart ihren Platz erhalten.

Die wichtigste Neuerung für das äußere Erschei­nungs­bild des Vieweg­hauses ist der Austausch der Dachformen über dem Innenhof. Das damals in der Öffent­lich­keit hart umkämpfte Dach, das gemäß der Planung von Röcke und Quiram die Hoffronten über dem 2. Oberge­schoss optisch durch­trennte, entfällt. Das neue Dach ist rund und wird flacher ausge­führt. Sein weitma­schiges Gitter­ge­füge kommt ohne Stützen aus und liegt auf der Trauf­kante des 3. Oberge­schosses. Die vierge­schos­sigen Hoffronten und die Dachgiebel sind zukünftig ganzheit­lich erfassbar.

Denkmal­pflege einge­bunden

Auch wurde in den Gesprä­chen versi­chert, dass unter der Ägide der Landes­denk­mal­pflege und ihren Braun­schweiger Vertre­tern die histo­ri­sche Innen- und Außen­struktur bis hin zu den klassi­zis­tisch wirkenden Hoffenstern bestehen bleibt. Im Fall letzterer wird es im Detail noch Gesprächs­be­darf zwischen dem Land und der Denkmal­pflege geben. Diese ist jetzt in das Planungs­ver­fahren einge­bunden und kein bloßes Anhängsel des Landes mehr wie beim Umbau des Vieweg­hauses in den Jahren 1980/85. Die aktuellen Umbau­pläne respek­tieren das Vieweg­haus als Denkmal, und die vom Land inves­tierten 47,5 Millionen Euro werden am Ende dazu beigetragen haben, dass das in Europa einzig­ar­tige Bauwerk von David und Friedrich Gilly für die Zukunft gesichert und ein hochran­giges, zeitge­mäßes Museums­ge­bäude ist.

Dr. Bernd Wedemeyer ist Bau- und Kunst­his­to­riker sowie Autor mehrerer Bücher über das Braun­schweiger Residenz­schloss.

Teil 1: www.der-loewe.info/die-wiedergeburt-der-architektur

Teil 2: www.der-loewe.info/ein-in-deutschland-einzigartiges-wohn-und-geschaeftshaus

Teil 3: www.der-loewe.info/streit-um-das-vieweghaus

Das könnte Sie auch interessieren