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Virtuelles Lustwandeln durch den Renaissancegarten von Schloss Hessen

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Preis des Landes Sachsen-Anhalt würdigt die digitale Rekonstruktion des längst verschwundenen Gartenkunstwerks.

Das auch von der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz geförderte Projekt „Sanierung und Umbau der Steinscheune zur Kulturscheune und zum multimedialen Erlebniscenter“ des Fördervereins Schloß Hessen ist vom Land Sachsen-Anhalt mit dem 1. Preis des Demografiepreises in der Kategorie „Chancen der Digitalisierung nutzen“ ausgezeichnet worden. „Damit findet unser Vorhaben einen würdigen Abschluss. Die hochkarätige Jury hat unser Projekt auf Grund seiner Einmaligkeit und hohen Innovativität für diese hohe Auszeichnung ausgewählt“, freut sich Klaus Bogoslaw, Vorsitzender des Fördervereins Schloß Hessen.

Kupferstich „Fürstlicher Lustgarten zu Hessen“ aus dem Merian, 1654. Repro: Gebautes Erbe

In der Begründung heißt es, dass es gelungen sei, „ein untergegangenes Gartenkunstwerk der Vergangenheit mit den Mitteln der Digitalisierung in das Bewusstsein der Gegenwart zurück zu holen und für zukünftige Generationen zu erhalten“. Kernstück der sanierten Kulturscheune der Schloss- und Parkanlage Hessen ist die innovative und bislang einmalige 180 Grad-3-D-Projektionsanlage.

Braunschweiger Expertise

Die virtuelle Rekonstruktion des historischen Renaissancegartens erfolgte durch den Bauhistoriker Elmar Arnhold und den Spezialisten für Computervisualisierungen Frank Ziehe aus Braunschweig. Sie firmieren seit 2004 gemeinsam unter der Bezeichnung „Arbeitsgemeinschaft Gebautes Erbe“ und widmen sich der Bauleitplanung sowie der Dokumentation, Erforschung, Darstellung und Sanierung historischer Bausubstanz mit fundiertem Fachwissen und den Möglichkeiten der Technik.

Einen Garten aus der Epoche Renaissance gibt es in Deutschland nicht mehr. An die Rekonstruktion im 3-D-Format eines vor 350 Jahren untergegangenen filigranen Renaissancegartens anhand einer Quellenlage aus Grabungsbefunden, historischen Abbildungen, Flurkarten, Büchern und Schriften hatte sich bisher noch niemand herangewagt. Arnhold und Ziehe betraten somit Neuland, als sie den ehemaligen Garten von Schloss Hessen virtuell weitestgehend authentisch rekonstruierten. Die Besucher können so einen virtuellen Rundgang durch den Garten erleben. Sie werden durch die Laubengänge und Gartenquartiere geführt und schauen aus der Vogelperspektive auf die Gartenanlage.

Technischer Höchststand

Vorbild und Ideengeber für die virtuelle Projektion des Renaissancegartens war der Elbedom am Magdeburger Fraunhofer-Institut, ein 360 Grad-Mixed-Reality-Labor zur großflächigen Darstellung interaktiver Visualisierungen, das dort seit 2019 in Betrieb ist. Das Fraunhofer-Institut stand bei der technischen Umsetzung des Vorhabens hilfreich zur Seite. Ein Expertenteam, bestehend aus Bau- und Gartenhistorikern und Computerfachleuten, war maßgeblich für die Entwicklung des 3-D-Animationsfilms Renaissancegarten Hessen in 3-D tätig. Die Projektionsanlage ist technischer Höchststand, ähnliche Anlagen werden zur Projektion der Umwelt in Flugsimulatoren für die Pilotenausbildung genutzt.

Virtuelle Rekonstruktion „Fürstlicher Lustgarten zu Hessen“. Repro: Gebautes Erbe

Die 180°-3-D-Projektionsanlage ist Bestandteil des Gesamtprojekts „Sanierung und Umbau der Steinscheune zur Kulturscheune und zum multimedialen Erlebniscenter“. Nach fast zweijähriger Bauzeit wurde die Restaurierung der Steinscheune, eins der wohl ältesten Gebäude der Schloss- und Parkanlage Hessen, abgeschlossen. Die planerischen Arbeiten und das Zusammenbringen eines ganzen Netzwerks von Förderinstitutionen, Sponsoren und Stiftungen hatte bereits im Jahr 2015 begonnen, um die Bau- und Ausrüstungskosten von 2,3 Millionen Euro aufzubringen. Der Löwenanteil stammt aus Fördermitteln der Europäischen Union.

Fakten:

Hessen gehörte über Jahrhunderte zum Braunschweiger Land. Vom 1. Juli 1945 an war es Teil der sowjetischen Besatzungszone und von 1949 an der ausgerufenen DDR. Es liegt unweit der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Heute ist die Ortschaft Teil der Stadt Osterwieck in Sachsen-Anhalt. Hessen wurde im Jahr 966 erstmalig in einer Schenkungsurkunde von Kaiser Otto I. erwähnt. Im Zentrum des Ortes liegt das Schloss Hessen. Dort wurde Herzog Heinrich Julius zu Braunschweig-Wolfenbüttel 1564 geboren. Der aufwendig gestaltete und mit diversen Wasserspielen versehene zum Schloss gehörende Lustgarten machte Hessen im 17. Jahrhundert weit über die Grenzen des Herzogtums Braunschweig-Lüneburg bekannt. Der größte Teil des Schlosses ist mittlerweile saniert.

Mehr unter: www.schloss-hessen.de

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