Wie Löwenherz Braun­schweig Eltern Angst vorm Kinder­hospiz nimmt

Petra Scholz-Marxen von der ambulanten Kinderhospizarbeit Süd-Ost-Niedersachsen, kurz die Sonne, und Tobias Capelle vom Löwenherz: Beide Vereine bieten ambulante Unterstützung für Familien mit todkranken Kindern. Foto: Stine Hasenforther/FMN

Den Begriff Kinder­hospiz verbinden Eltern oft mit Tod. Was das jedoch für eine Entlas­tung im Alltag sein kann, zeigen zwei Vereine in Braun­schweig.

„Tut Sterben weh?“, fragte ein todkrankes Kind vor Kurzem eine Ehren­amt­liche des Braun­schweiger Löwenherz-Vereins. Eine schwere Frage, wer kann das schon beant­worten? Die Kinder­hos­piz­be­gleiter sind für solche Fragen geschult. Mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung ging die Mitar­bei­terin auf das Kind ein, erzählte ehrlich, dass niemand das mit Sicher­heit beant­worten kann. Doch das hilft schon. Und es entlastet die Eltern, die mit solchen Fragen manchmal überfor­dert sind.

Logo Braunschweiger ZeitungDieser Artikel ist zuerst erschienen am 12.03.2024

Kinder­hospiz. Ein Ort, bei dem viele direkt an Tod und Trauer denken. In Braun­schweig gibt es gleich zwei Anlauf­stellen, die dem entge­gen­stehen: der Löwenherz-Stütz­punkt, zu dem auch ein statio­näres Kinder­hospiz in Syke im Kreis Diepholz gehört, und die Sonne (Ambulante Kinder­hos­piz­ar­beit Süd-Ost-Nieder­sachsen), eine Koope­ra­tion verschie­dener regio­naler Hospiz­ver­eine. Sie greifen durch ambulante Beglei­tung und fachliche Beratung den Familien unter die Arme, die ein Kind mit einer unheil­baren Krankheit haben. Und das nicht erst in der letzten Lebens­phase, sondern ab der Diagnose und über den Tod hinaus. Völlig kosten­frei.

Zum Tag der Kinder­hos­piz­ar­beit am 10. Februar machten Löwenherz und die Sonne in der Braun­schweiger Innen­stadt auf ihre Arbeit aufmerksam. Foto: Kinder­hospiz Löwenherz e. V./ Kinder­hospiz Löwenherz Stütz­punkt Braun­schweig

Todkranke Kinder: Braun­schweiger Vereine unter­stützen Familien im Alltag

Entlas­tung, das ist das Ziel der ambulanten Sterbe­be­glei­tung. Die Mitar­beiter besuchen die Familien zu Hause, im Kranken­haus oder in Kinder- und Jugend­ein­rich­tungen wöchent­lich, und unter­stützen sie da, wo es geht. Sei es, sich eine Stunde mit dem nicht-kranken Geschwis­ter­kind zu beschäf­tigen, welches oftmals weniger Aufmerk­sam­keit bekommt. Oder sei es, mit dem erkrankten Kind zu spielen, um den Eltern eine Auszeit zu ermög­li­chen.

„Wenn eine Familie zu uns kommt, dann hören wir hin, was sie für einen Bedarf hat. Und darauf gehen wir ein“, erklärt Tobias Capelle, Leiter des Kinder­hospiz-Stütz­punktes Löwenherz. Ihm und Petra Scholz-Marxen, Koordi­na­torin der Sonne sowie Geschäfts­füh­rerin des Hospiz­ar­beit-Vereins in Braun­schweig, liegt es am Herzen, auf das niedrig­schwel­lige Angebot für Familien mit solch einem belas­tenden Schicksal aufmerksam zu machen. Dafür liefen Vertreter kürzlich am Tag der Kinder­hos­piz­ar­beit, dem 10. Februar, durch die Innen­stadt, verteilten grüne Vereins­bänder – die Farbe der Hoffnung -, und machten das Thema präsent.

Die Ehren­amt­li­chen am Tag der Kinder­hos­piz­ar­beit im Zentrum Braun­schweigs. Hier verteilten sie die grünen Vereins­bänder. Foto: Kinder­hospiz Löwenherz e. V./Kinderhospiz Stütz­punkt Braun­schweig

Löwenherz Braun­schweig ist auch über den Tod hinaus für die Trauernden da

Doch die Entlas­tung im Alltag ist nur ein Teil der Arbeit, die die ehren­amt­li­chen Famili­en­be­gleiter der Vereine tätigen. Auch stehen sie den Eltern als Berater zur Seite für Fragen zur Vorsorge, zu Ansprü­chen, Versi­che­rungen oder auch privater Natur, falls erwünscht. „Wir sehen die Eltern als die Experten für ihre Kinder“, so Capelle, „wir sagen ihnen nicht, was sie zu tun oder zu lassen haben, wir sind da, um sie zu unter­stützen“.

Auch vermit­teln die Mitar­beiter an Fachper­sonal weiter, zum Beispiel für psycho­so­ziale Beglei­tung, gestalten mit den Familien ein Erinne­rungs­ri­tual und begleiten auch in der Trauer­phase nach dem Tod des Kindes. Manche Ehren­amt­liche sehen Familien über viele, viele Jahre. Und sie helfen dabei, die Kinder für das Thema Sterben zu sensi­bi­li­sieren, mithilfe von Büchern oder Bastel­ak­tionen. Die Sonne bringt regel­mäßig eine Kinder­trau­er­gruppe von 6- bis 11-Jährigen zusammen, wo die Kinder die Verluste von ihren Geschwis­tern oder anderen Famili­en­mit­glie­dern auf kreative Art gemeinsam verar­beiten.

Tobias Capelle veran­schau­licht den Kindern gerne anhand eines Mobiles, wie eine schwere Krankheit das ganze System Familie aus der Ruhe bringen kann. Dafür hängt er ein Gewicht an das Mobile und lässt die Kinder zusehen, wie es ins Schaukeln und Schwingen gerät und die Anhänger sich verkeilen, bis es sich langsam wieder einpen­delt und alles wieder seine Position findet. Foto: Stine Hasenforther/FMN

Ohne Kosten: Ambulante Hilfe für Familien mit schwerem Schicksal

Ein großer Trugschluss, den Capelle und Scholz-Marxen aus dem Weg räumen wollen: Es fallen keine Kosten für die Eltern an. Beide Vereine werden durch Spenden und Förder­gelder von Stiftungen finan­ziert. Zuschüsse für die ambulante Sterbe­be­glei­tung gibt es von den Kranken­kassen, die dazu gesetz­lich verpflichtet sind. Außerdem: die durch­schnitt­liche Lebens­er­war­tung der Erkran­kung ist neben­säch­lich. Eltern können sich an die Vereine wenden, ob das Kind voraus­sicht­lich noch 20 Tage zu leben hat oder 20 Jahre.

Eine sehr belas­tende Arbeit, möchte man meinen. Und natürlich lautet das A und O der Vereins­ar­beit: Super­vi­sion. Capelle ist ausge­bil­deter Kranken­pfleger. Er sagt, was er besonders an der ambulanten Hospiz­ar­beit schätzt, ist, dass der Fokus nicht auf der Krankheit liegt, sondern auf den Bedürf­nissen der einzelnen Famili­en­mit­glieder. Auch drehe sich nicht alles nur um den Tod. „Kinder machen sich nicht ständig Gedanken über das, was kommt. Sie leben im Hier und Jetzt. Es ist nicht durch­gängig eine gedrückte Stimmung, im Gegenteil. Oft ist es ein ganz fröhli­ches Beisam­men­sein.“

Logo Braunschweiger ZeitungDieser Artikel ist zuerst erschienen am 12.03.2024 und erreichbar unter: https://www.braunschweiger-zeitung.de/braunschweig/article241826450/Wie-Braunschweiger-Kinderhospizvereine-Familien-unterstuetzen.html

Das könnte Sie auch interessieren