20 Jahre Props­tei­kan­torei Königs­lutter – eine Erfolgs­ge­schichte

Eindrücke eines Konzerts der Propsteikantorei Königslutter. Archivfoto: FMN

Königs­lut­ters Props­tei­kantor Matthias Wengler blickt zurück – und berichtet von bewegenden Momenten. Aber auch einem großen Einschnitt.

April 2004, ein Donners­tag­abend, 21 Uhr. Props­tei­kantor Matthias Wengler, seit zwei Monaten als erster Props­tei­kantor in Königs­lutter neu im Amt, beendet gerade seine erste Chorprobe und begrüßt dazu rund 30 Sänge­rinnen und Sänger. Aus dem bishe­rigen Chor an der Stadt­kirche, der Ökume­ni­schen Kantorei, wurde die Props­tei­kan­torei Königs­lutter. „Von Anfang an wollten wir durch unseren Namen deutlich machen, dass unser Chor nicht nur offen ist für Sänger und Sänge­rinnen aus Königs­lutter, sondern für die ganze Propstei“, blickt Matthias Wengler in einer Mittei­lung angesichts des jetzt 20-jährigen Bestehens zurück.

Logo Braunschweiger ZeitungDieser Artikel ist zuerst erschienen am 12.05.2024

Bis heute kommt rund die Hälfte aller Chormit­glieder aus den Gemeinden der Propstei, zum Teil auch aus Helmstedt oder Braun­schweig, um in Königs­lutter einer­seits die musika­li­sche Gestal­tung der Gottes­dienste in der Stadt­kirche zu übernehmen, zum anderen Teil aber auch große kirchen­mu­si­ka­li­sche Werke im Kaiserdom zur Auffüh­rung zu bringen, teilt der Kantor mit.

Für die Props­tei­kan­torei Königs­lutter beginnt eine intensive Zeit

Die ersten Jahre bedeu­teten vor allem eine intensive Aufbau­ar­beit. „Irgend­wann war klar: Wenn wir größere kirchen­mu­si­ka­li­sche Werke wie Bachs Weihnachts­ora­to­rium aufführen wollen, genügt eine Chorprobe pro Woche nicht“, erläutert der Props­tei­kantor.

Werke von Händel gab es bei diesem Konzert im Kaiserdom Königs­lutter, Props­tei­kantor Matthias Wengler dirigiert.
Archiv­foto: FMN/Alina Brückner

Und so begann für den Chor ab 2007 eine intensive Zeit mit zusätz­li­chen Einzel­stimmen-Proben. Wengler: „Ohne diese zusätz­li­chen Termine hätte die Kantorei nicht all die großen Werke der letzten Jahre singen können.“ Ein wichtiger Bestand­teil einer erfolg­rei­chen Chorar­beit sei auch eine gute Chorge­mein­schaft.

Es gibt auch einen Freun­des­kreis der Props­tei­kan­torei Königs­lutter

Auf Initia­tive von einigen Chormit­glie­dern und dem damaligen Propst Andreas Weiß wurde 2009 der Freun­des­kreis Props­tei­kan­torei Königs­lutter gegründet, um die Kirchen­musik in der Propstei, insbe­son­dere aber die finan­ziell aufwän­digen Chor- und Orches­ter­kon­zerte zu unter­stützen. Der Freun­des­kreis hat heute rund 80 Mitglieder und bietet jährlich somit eine verläss­liche finan­zi­elle Unter­stüt­zung der Kirchen­musik. Ebenso ist der Konzert­ser­vice coramclassic aus dem Chor heraus entstanden.

Höhepunkte gab es in den vergan­genen 20 Jahren reichlich, steht für Wengler fest. Neben den gemein­samen Konzerten sind dies vor allem die Chor-Proben­wo­chen­enden, die bis 2019 regel­mäßig in Springe statt­fanden, und Choraus­flüge, die die Kantorei bisher etwa nach Leipzig, Hildes­heim und Berlin geführt haben. Ein Konzert­be­such im Gewand­haus, Führungen im Berliner Dom oder auch Backstage etwa in der Komischen Oper mit anschlie­ßendem Besuch der Vorstel­lung seien Erleb­nisse, von denen die Chormit­glieder bis heute schwärmen.

Natürlich bleiben aber vor allem die beson­deren Gottes­dienste und Chorkon­zerte in Königs­lutter in Erinne­rung. Zu den regel­mä­ßigen Gottes­diensten zählten in den vergan­genen Jahren in der Stadt­kirche die Andacht zur Sterbe­stunde am Karfreitag mit Auszügen aus Bachs „Johannes-Passion“, die Christ­vesper am Heiligen Abend mit Chören aus Bachs Weihnachts­ora­to­rium und bis 2014 die Auffüh­rung von Bach-Kantaten und Messen von Mozart und Schubert am Refor­ma­ti­onstag im Kaiserdom.

Spitzen­reiter ist das Weihnachts­ora­to­rium von Bach

Spitzen­reiter im Konzert sei Johann Sebastian Bachs Weihnachts­ora­to­rium, das die Props­tei­kan­torei seit 2008 bisher fünfmal aufge­führt hat. Unver­gessen: Die Wieder­ein­wei­hung des Kaiser­doms nach Fertig­stel­lung der Innen­re­stau­rie­rung im Jahr 2010, im selben Jahr die Auffüh­rung von Haydns Oratorium „Die Schöpfung“.

Eindrücke von einem Weihnachts­kon­zert der Props­tei­kan­torei Königs­lutter.
Archiv­foto: Props­tei­kan­torei Königs­lutter

Nicht möglich gewesen wäre dieses Programm ohne zusätz­liche Förderer, macht Wengler deutlich: „Neben dem Freun­des­kreis seien hier stell­ver­tre­tend die Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz und die Bürger­stif­tung Ostfalen genannt.“

Props­tei­kan­torei Königs­lutter zeigt auch ungewöhn­li­ches Reper­toire

Hin und wieder ist die Props­tei­kan­torei auch mit ungewöhn­li­chem Reper­toire zu erleben, etwa mit Auszügen aus Andrew Lloyd Webbers Musical „Jesus Christ Superstar“, Giuseppe Verdis „Hymne der Nationen“ oder dem Gefan­gen­chor aus der Oper „Nabucco“. Zum zehnjäh­rigen Jubiläum hat sich der Chor 2014 schon einmal an nicht alltäg­li­ches Reper­toire gewagt: „Die Singschule aus Albert Lortzings Oper ‚Zar und Zimmer­mann‘ war ein großer Spaß.“

Corona verei­telte einen Auftritt von Beetho­vens Oratorium

Einen unerwar­teten Schluss­strich gab es dann im Dezember 2019 mit Rhein­ber­gers Weihnachts­kan­tate „Der Stern von Bethlehem“. Zu Ostern 2020 sollte Beetho­vens Oratorium „Christus am Ölberge“ zur Auffüh­rung kommen, die Proben waren bereits in der Endphase. Vier Wochen davor brach im März die Corona-Pandemie aus, es folgte ein langer Lockdown.

„Unter sehr erschwerten Bedin­gungen konnten wir trotz 2G-Plus-Regel im Dezember 2021 ein Weihnachts­kon­zert zur Auffüh­rung bringen. Nach zweijäh­riger Unter­bre­chung konnte unser Chor wieder mit der Camerata Instru­men­tale Berlin gemeinsam musizieren“, berichtet Wengler. „Wir hatten unglaub­lich bewegende und dankbare Rückmel­dungen zu diesem Konzert. Wer je daran gezwei­felt hat, wie wichtig Musik in schwie­rigen Zeiten ist und wie sehr sie Menschen seelisch stärken kann, wird durch so dankbare Briefe und Mails eines Besseren belehrt.“ Die Weihnachts­kon­zerte sind in den vergan­genen Jahren übrigens immer ausver­kauft.

Props­tei­kantor Matthias Wengler
Archiv­foto: oh | Privat

Einschnitt für die Kantorei Königs­lutter durch Corona-Pandemie

Die Corona-Pandemie bedeutete für die Props­tei­kan­torei einen starken Einschnitt: „Erst nach sechzehn­mo­na­tiger Pause haben wir uns wieder in Chorstärke in geschlos­senen Räumen treffen können – zwei Jahre haben wir in der Destedter Epipha­ni­as­kirche geprobt. Der Chor hat in dieser Pause nur zwei Mitglieder verloren, dafür aber noch viele neue Sänge­rinnen und Sänger dazuge­wonnen“, berichtet Wengler. Mittler­weile zählt der Chor mehr als 50 Mitglieder.

Diese Erfolgs­ge­schichte soll gefeiert werden: Zum Jubilä­ums­kon­zert am 8. Juni im Kaiserdom wurden die Camerata Instru­men­tale Berlin, der Kammer­chor Vela Cantamus (Helmstedt), die Kantorei Schöp­pen­stedt und der Chor an St. Michaelis einge­laden, mit denen in den vergan­genen 20 Jahren regel­mäßig Chorwerke aufge­führt wurden. Gegeben wurde Rossinis Petite Messe solen­nelle – mit rund 180 Mitwir­kenden und den Solisten Katharina Göres, Julia Fercho, Michael Pflumm und Marco Vassalli.

Neue Sänger und Sänge­rinnen sind willkommen. In der Regel probt der Chor donners­tags von 19.30 bis 21.30 Uhr im Gemein­de­haus der Stadt­kirche Königs­lutter.

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