„Armut ist ein absoluter Risiko­faktor“

Das erste Lebensjahr ist sehr wichtig: „Da sind die Babys so zerbrechlich.“ Foto: Rosemarie Garbe

Famili­en­heb­ammen des Pädago­gisch-Psycho­lo­gi­schen Thera­pie­zen­trums betreuen Eltern mit Unter­stüt­zungs­be­darf.

Weinende Babys, unsichere Eltern, schlaf­lose Nächte: Ein kleines Menschen­kind kann das Famili­en­leben ganz schön durch­ein­an­der­wir­beln. Da ist Unter­stüt­zung gefragt. Vor allem, wenn junge Mütter (und Väter) mehr Hilfe benötigen und sie keine Rücken­de­ckung haben. Eine wichtige Anlauf­stelle in Braun­schweig sind die Famili­en­heb­ammen des PPTZ, des Pädago­gisch-Psycho­lo­gi­schen Thera­pie­zen­trums. Sie betreuen nicht nur Familien in der Regel­ver­sor­gung, sondern während des ersten Lebens­jahres eines Kindes auch dieje­nigen mit erhöhtem Unter­stüt­zungs­be­darf.

Darunter sind sehr junge Mütter, manche haben keinen Schul­ab­schluss, andere keinen festen Wohnsitz. Die Famili­en­heb­ammen kümmern sich um unsichere und unerfah­rene Frauen, aber auch um Mütter mit Gewalt­er­fah­rungen, um die Eltern von Frühchen und um Babys von Drogen­ab­hän­gigen. Besondere Sorgen bereitet den Fachkräften die Zunahme psychi­scher Erkran­kungen, beispiels­weise von Depres­sionen, Überfor­de­rungen oder Angst­stö­rungen. „Was macht das mit dem Kind?“, fragt sich nicht nur Famili­en­heb­amme Kathrin Hussen.

Im Schlaf­sack schlafen Säuglinge gut und sicher. Foto: Rosemarie Garbe

Wichtiges erstes Lebens­jahr

Und immer wieder treffen sie und ihre Kolle­ginnen auf sehr arme Familien: „Armut ist ein absoluter Risiko­faktor beim Aufwachsen eines Kindes.“ Es gebe viele Dinge, die ein gesundes Aufwachsen erschwerten, betont Koordi­na­torin Lydia Semmling. Und Kathrin Hussen ergänzt: „Das erste Jahr ist so wichtig, da sind die Kinder so zerbrech­lich.“ Sie ist sich sicher, dass sich alle Eltern wünschen, die Träume ihrer Kinder verwirk­li­chen zu können.

Die Kroschke Kinder­stif­tung hat den Famili­en­heb­ammen Schlaf­säcke für Babys zur Verfügung gestellt, die sie den Müttern bei ihren Besuchen mitbringen können. „Das ist nicht nur ein tolles und neues Geschenk, sondern auch ein willkom­mener Anlass, um über ein zentrales Thema zu sprechen, den Schlaf von Neuge­bo­renen“, sagt Famili­en­heb­amme Mareike Teich. Dabei geht es beispiels­weise um die richtige Lage des Babys und die Raumtem­pe­ratur, aber auch um Risiko­fak­toren des plötz­li­chen Kinds­todes. Ein kleines Kärtchen am Schlaf­sack bietet mit Hilfe eines QR-Codes weitere wichtige Infor­ma­tionen über den Schlaf von Babys, etwa über die Zimmer­tem­pe­ratur oder eine rauch­freie Umgebung.

Prakti­sche Hilfe nach der Geburt

Ganz wichtig ist den Fachkräften rund um PPTZ-Koordi­na­torin Lydia Semmling, dass sie gemeinsam mit den jungen Eltern Ressourcen erarbeiten, die die Familien entlasten können. Das können Oma und Opa sein, gute Freunde, Verwandte, aber auch Famili­en­paten oder Wunsch-Großel­tern, die eigens vermit­telt werden. Darüber­hinaus werden weiter­ge­hende Hilfs­an­ge­bote aufge­zeigt, beispiels­weise Schuldner- oder Paarbe­ra­tungen, thera­peu­ti­sche Einrich­tungen, Mutter-Kind-Einrich­tungen oder das Team von „Wellcome“, das prakti­sche Hilfe nach der Geburt anbietet. Auch beim Ausfüllen von Anträgen leisten die Fachkräfte Hilfe­stel­lung. Dabei gilt stets: Alle Angebote sind freiwillig und niedrig­schwellig.

Das kräftigt die Nacken­mus­ku­latur: ein Baby in der Bauchlage. Foto: Rosemarie Garbe

Doch manchmal kommen auch die Fachkräfte an ihre Grenzen und erleben in den Familien belas­tende Situa­tionen, die nur schwer zu ertragen sind. Hilfreich ist dabei der wöchent­liche Austausch der Hebammen, in dem einzelne Fälle vorge­stellt werden. „Unsere Stärke ist unser sehr fittes Team“, sagt Mareike Teich. Und ein derar­tiges Team kann den Familien sicher auch gut und kompetent helfen.

Fakten:
Das PPTZ (Pädago­gisch-Psycho­lo­gi­sches Therapie-Zentrum) wurde 1974 gegründet und ist ein freier Träger der Jugend­hilfe. Das PPTZ bietet ein regio­nales und überre­gio­nales Hilfe­system zur Erziehung für Kinder, Jugend­liche und junge Volljäh­rige an. Das PPTZ ist Mitglied im Landes­ver­band privater Träger der freien Kinder‑, Jugend- und Sozial­hilfe in Nieder­sachsen e. V. (VPK e. V.).

Kontakt:
Pädago­gisch-Psycho­lo­gi­sches Thera­pie­zen­trum
Hugo-Luther-Str. 19
38118 Braun­schweig

Telefon: 0531 2351959
E‑Mail: info@pptz.de
Inter­net­seite: https://pptz.de

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