Kinder sollen gesund und gewalt­frei aufwachsen

Besonderer Anziehungspunkt für die Kinder ist das Bällebad. Foto: Sozialdienst katholischer Frauen Braunschweig
Besonderer Anziehungspunkt für die Kinder ist das Bällebad. Foto: Sozialdienst katholischer Frauen Braunschweig

„Frühe Hilfen – Angebote für Schwan­gere und Familien im Westli­chen Ringge­biet“ stärkt die Erzie­hungs­kom­pe­tenz von Eltern

Es geht um Vertrauen, das vor allem junge Mütter fassen müssen, wenn ihnen Unter­stüt­zung in ihrem familiären Umfeld aus welchen Gründen auch immer fehlt. Der Sozial­dienst katho­li­scher Frauen Braun­schweig e. V. / Fachver­band im Caritas­ver­band setzt mit seinem Projekt genau dort an. „Bei uns  bekommen junge Eltern Antworten auf ihre Fragen, wichtige Infor­ma­tionen, Kontakt zu anderen Menschen in ähnlicher Lebens­si­tua­tion und vor allem ein Stück Gebor­gen­heit und Sicher­heit“, sagt Andrea Nimmer­richter-Morscheck, die Leiterin der Gruppe, die sich regel­mäßig in den Gemein­de­räumen in der Goslar­schen Straße trifft.

Im Fokus des Programms stehen vor allem Kinder bis zu einem Alter von etwa drei Jahren und ihre Mütter in belas­tenden Lebens­lagen sowie Schwan­gere. Im Durch­schnitt werden 80 Familien pro Jahr mit dem Projekt erreicht, viele von ihnen sind armuts­ge­fährdet oder haben einen Migra­ti­ons­hin­ter­grund. Sie sollen in ihrer Erzie­hungs­kom­pe­tenz zum Wohl ihrer Kinder gestärkt und gefördert werden. Das Präven­ti­ons­pro­gramm soll somit auch Vernach­läs­si­gung und Misshand­lung von Kindern vorbeugen. „Je früher die schüt­zende Wirkung einer verbes­serten elter­li­chen Kompetenz einsetzt, desto nachhal­tiger sind die Effekte“, weiß die Diplom-Psycho­login

Die Themen­aus­wahl der beglei­tenden Infor­ma­ti­ons­reihe ist nicht festge­schrieben, sie richtet sich nach den Wünschen, Bedürf­nissen und Erfah­rungen der Teilneh­me­rinnen. Bestand­teile sind aber stets Ernährung, Erziehung, kindliche Entwick­lung, finan­zi­elle Hilfen, Gesund­heits­vor­sorge, Kinder­si­cher­heit, Beratungs- und Hilfs­an­ge­bote sowie der Umgang mit Überfor­de­rungs­si­tua­tionen. Zu den jewei­ligen Fragen werden auch Fachre­fe­renten einge­laden. Darüber hinaus gibt es jederzeit die Möglich­keit Einzel­ge­spräche zu führen oder die Offene Sprech­stunde aufzu­su­chen.

Zum Programm der „Frühen Hilfen“ gehören auch regel­mä­ßige Ausflüge. „Gemeinsam in einer Gruppe fällt das vielen Eltern leichter. Wir versuchen Ängste und Hemmschwellen abzubauen“, erzählt Andrea Nimmer­richter-Morscheck. Zusätz­lich werden ergän­zende Nachmit­tags­an­ge­bote gemacht, bei denen sich die Mütter in ungezwun­gener Runde im Eltern­café austau­schen können, während ihre Kinder in unmit­tel­barer Nähe spielen.

Die Frauen kommen aus den unter­schied­lichsten Kultur­kreisen, aber Herkunft und Religion spielen in der Gruppe keine Rolle. „Es ist sehr schön zu erleben, wie die jungen Frauen Freund­schaften unter­ein­ander schließen und sich vernetzen. Das Projekt eröffnet neue Sozial­kon­takte, die gerade für Allein­er­zie­hende wertvoll sind. Wir haben beobachtet, dass das Selbst­ver­trauen der jungen Frauen im Projekt erheblich wächst. Davon profi­tieren die Kinder sehr stark“, meint die Diplom-Psycho­login, die das Projekt seit dem Beginn im September 2013 verant­wortet. Während der ersten vier Jahre waren die „Frühen Hilfen“ ein Modell­pro­jekt des Caritas­ver­bandes der Diözese Hildes­heim und der Kloster­kammer Hannover. Nach dem Auslaufen der Förderung wird das Projekt von der Richard Borek Stiftung unter­stützt.

Auf den ersten Blick sieht es im Gruppen­raum der „Frühen Hilfen“ aus wie bei jedem Spiel­kreis auch. Draußen vor der Tür stehen die Kinder­wagen, drinnen wird auf Krabbel­de­cken gespielt. Auf dem Tisch stehen Kaffee und Brezeln. Und am Ende wird wie fast überall das Schluss­kreis-Lied „Alle Leut‘geh‘n jetzt nach Haus“ gesungen und eifrig mitge­klatscht. Das Besondere sind die weiter­füh­renden Angebote und der gewünschte, schöne Neben­ef­fekt, dass die deutsche Sprache fast  spiele­risch gelernt wird. „Wir wollen die Grund­lagen schaffen, damit die Kinder gesund und gewalt­frei aufwachsen können“, nennt Andrea Nimmer­richter-Morscheck das überge­ord­nete Präven­ti­ons­ziel.

„Besonders Eltern, die mit Armut, Arbeits­lo­sig­keit, Trennungs­be­las­tungen oder ungüns­tigen Wohnver­hält­nissen zu kämpfen haben, können zeitweise mit der Erziehung des Kindes überfor­dert sein. ln solchen Situa­tionen brauchen Familien eine niedrig­schwel­lige und alltags­taug­liche Unter­stüt­zung. Sie benötigen leichte Zugangs­mög­lich­keiten zu Angeboten in ihrem sozialen Umfeld und indivi­du­elle, möglichst persön­liche Formen der Ansprache, um zu einer Teilnahme motiviert zu werden“, heißt es dazu erläu­ternd im Förder­an­trag.

Dass Präven­ti­ons­an­gebot des Sozial­dienstes katho­li­scher Frauen setzt übrigens noch früher an. Das „Eltern­prak­tikum“ mit Babysi­mu­la­toren richtet sich an junge Schüle­rinnen und Schüler. Auch dabei wird Kindes­ver­nach­läs­si­gung und Kindes­miss­hand­lung thema­ti­siert. Es wird sich mit den Jugend­li­chen über Partner­schaft, Verhütung, Sexua­lität und Schwan­ger­schaft ausein­an­der­ge­setzt und auch über die Gefahren von Rauchen, Alkohol- und Drogen­konsum während der Schwan­ger­schaft aufge­klärt. Das Projekt will frühzeitig verant­wor­tungs­be­wusste Eltern­schaft fördern. Das „Eltern­prak­tikum“ wird ebenfalls von der Richard Borek Stiftung und der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz unter­stützt.

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