Im Germania-Bad tummelten sich einst Tausende

Das Germania-Bad galt als eines der schönsten im Nordern Braunschweigs. Foto: Archiv Wendt
Das Germania-Bad galt als eines der schönsten im Nordern Braunschweigs. Foto: Archiv Wendt

Geschichte(n) von nebenan, Folge 1: Ein verges­sener Ort am Rande Querums.

Wer heute den Wöhrdenweg aus Querum kommend in Richtung Schun­teraue geht, ahnt nicht, dass sich dort in der Nähe einst eine sehr beliebte, von Schun­ter­wasser gespeiste Badean­stalt befand. Der Wöhrdenweg ist heute ungefähr 150 Meter hinter der Zufahrt zum ehema­ligen „Parkhaus Querum“, seiner­zeit eine der besten Adressen in Querums Gastro­nomie, komplett gesperrt. Der weitere Weg hinter dem Gebäude, das derzeit von der Evange­li­schen Stiftung Neuerke­rode genutzt wird, ist untersagt. Ein Blick auf das ehemalige Schwimmbad ist daher nicht mehr möglich.

Mit diesem Beitrag starten wir eine Koope­ra­tion mit den Braun­schweiger Stadt­teil­hei­mat­pfle­gern. Unter dem Titel „Geschichte(n) von nebenan“ werden sie in unregel­mä­ßigen Abständen einen Artikel für „Der Löwe – Portal für das Braun­schwei­gi­sche“ beisteuern, in dem sie von allgemein inter­es­santen und wichtigen Episoden aus ihrem jewei­ligen Bereich erzählen.

Soldaten schwammen auch im Winter

Im Jahr 1908 wurde das Bad als Militär-Schwimm­an­stalt gegründet und erbaut. Bereits vor dem ersten Weltkrieg erwarb die damals noch eigen­stän­dige Gemeinde Querum das Schwimmbad mit dem Ziel, die Nutzung für Personen außerhalb des Militärs zu ermög­li­chen. Im Jahre 1922 wurde die Anlage an den Schwimm-Sport-Club Germania 08 verpachtet. Eine große Liege­wiese, ein wettkampf­ge­rechtes 50-Meter-Becken, ein Drei-Meter-Sprung­turm, ein Ein-Meter-Sprung­brett sowie zahlreiche Aktionen lockten die Besucher an: Länder­kämpfe, Schwimm­feste in den Abend­stunden. Die sogenannten Italie­ni­schen Nächte waren die Attrak­tion für viele tausend Besucher.

Schwimm­un­ter­richt für Militär­an­ge­hö­rige fand weiterhin statt. Sogar in den Winter­mo­naten lernten die Soldaten dort das Schwimmen. Zeitzeugen erzählten, dass das Eis im Becken aufge­hackt wurde. Weiterhin berich­teten sie vom anschlie­ßenden „Rum trinken“ in den Umklei­de­ka­binen – von Soldaten liebevoll als „Eishei­lige“ bezeichnet. Das Schul­schwimmen fand ebenfalls im Germa­ni­abad statt.

1952 schloss die Badean­stalt

Im Zuge der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Macht­er­grei­fung lehnte der Schwimm­sport­club Germania e. V. als erstes Schwimmbad in Braun­schweig den Besuch von Juden öffent­lich ab. Im zweiten Weltkrieg wurde die Schwimm­an­lage nicht nennens­wert beschä­digt, der Badebe­trieb war ohne große Einschrän­kungen weiterhin möglich. Von der notlei­denden Bevöl­ke­rung wurden die Holzver­klei­dungen im Bad nahezu komplett demon­tiert und verheizt. Der Schwimm­verein richtete das Bad wieder notdürftig her. Dringend notwen­dige Instand­set­zungs- und Instand­hal­tungs­maß­nahmen waren aufgrund der Beschaf­fungs­pro­bleme der Nachkriegs­zeit nicht möglich, sodass die bauliche Erhaltung der Schwimm­bad­an­lage seitens des Vereins schei­terte. Der Grund für die Schlie­ßung im Jahre 1952 war aber letztlich der hohe Verschmut­zungs­grad der Schunter, die das Schwimmbad mit Wasser speiste.

Weil das Wasser der Schunter zu stark verschmutzt war, musste das Germania Bad 1952 geschlossen werden. Foto: Archiv Wendt
Weil das Wasser der Schunter zu stark verschmutzt war, musste das Germania Bad 1952 geschlossen werden. Foto: Archiv Wendt

Ein großer, quer liegender Baum und dicht gewach­sene Sträucher verhin­dern heute das Durch­kommen zum alten Schwimmbad. Die Natur hat sich diesen Bereich zurück­er­obert.
Nichts erinnert mehr daran, dass hier in den guten Sommer­mo­naten früher „das Leben tobte“. Zahlreiche Schwimm­bad­be­su­cher tummelten sich in diesem Bereich und Kinder badeten im kühlen Nass, spielten und lachten.

Bad war lange noch sichtbar

Vom gesperrten Bereich sind es nur noch 50 Meter bis zum ehema­ligen Germania-Schwimmbad. Für Spazier­gänger oder Inter­es­sierte sind das unüber­wind­bare 50 Meter, leider ist der Bereich vor einigen Jahren den Spazier­gän­gern und Radfah­rern entzogen worden. Der Weg wurde beidseitig, also auch aus Richtung des benach­barten Stadt­teils Schun­teraue, aus Gründen des Natur­schutzes komplett gesperrt. Früher konnte man vom Wöhrdenweg direkt am alten Schwimmbad vorbei bis in den benach­barten Stadtteil Querum gelangen. Dies war auch in den Jahren, als das Schwimmbad schon lange nicht mehr in Betrieb war, noch möglich.

Das damalige Germania-Bad galt in den Jahren seines Betriebes als wichtigstes und auch schönstes Schwimmbad in Norden der Stadt Braun­schweig. Noch heute erzählen viele ältere Querumer und ehemalige Querumer Bürger davon, wie sie im Schwimmbad am Wöhrdenweg großen Spaß hatten.

Thorsten Wendt ist Heimat­pfleger für den Stadtteil Querum.

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