Wieder entdeckt: die Schun­teraue als Naturraum

Blick auf die begradigte Schunter Richtung Westen. Foto: Der Löwe
Blick auf die begradigte Schunter Richtung Westen. Foto: Der Löwe

Kultur- und Heimat­pfle­ge­verein legt Dokumen­ta­tion über Naturraum, Besied­lung und Arten­viel­falt rund um den „Butter­berg“ vor.

Eine bemer­kens­werte Abhand­lung über die Schun­teraue und den „Butter­berg“ hat der Kultur- und Heimat­pfle­ge­verein Schun­teraue mit seinem gleich­na­migen Buch vorgelegt. „Wir wollten einer­seits für die Menschen im Stadt­be­zirk eine identi­täts­stif­tende Publi­ka­tion erstellen.

Ander­seits wollten wir aber auch aufzeigen, welche Auswir­kungen die Eingriffe des 19. und 20. Jahrhun­derts in die Natur rund um den sogenannten Butter­berg hatten und welche Zukunft die Schun­teraue besitzt“, erläutert der Vereins­vor­sit­zende Horst-Dieter Steinert die Motiva­tion für die Schrift. Am Ende steht ein Werk mehrerer Autoren, das nicht nur in der Schun­teraue Inter­es­sierte finden sollte.

Heraus­ra­gend für die Forschung

Behandelt werden Naturraum, Besied­lung und Arten­viel­falt rund um den „Butter­berg“, jenem früher so arten­rei­chen Lebens­raum nordwest­lich der Schun­ter­sied­lung. Heute erinnert der Straßen­name „Butter­berg“ an das einstige botani­sche Kleinod. Neben dem Dowesee, dem Nußberg und dem Rautheimer Holz galt der Butter­berg als eines der vier heraus­ra­genden Biotope des 19. Jahrhun­derts in Braun­schweig und als Ort der begin­nenden floris­ti­schen Feldfor­schung im Herzogtum.

Als Heraus­geber fungieren Susanne Labus, die Enkelin des Betriebs­grün­ders der früheren, in der Schun­teraue gelegenen Gärtnerei Oppelt, der frühere Heimat­pfleger Helmut Meyer und der Natur­schutz­be­auf­tragte der Stadt, Walter Rieger. Weitere Autoren sind Manfred Erdmenger, Alfred Tode, Horst Winkler und Horst-Dieter Steinert. Sie alle besitzen große Kompetenz auf ihren Feldern. Das Buch baut auf der vergrif­fenen, 2009 erschie­nenen und ebenfalls vom Heimat­verein verant­wor­teten Broschüre „Der Butter­berg – ein vergan­genes botani­sches Kleinod“ auf. Die Neuerschei­nung ist zweige­teilt, denn neben den Aufsätzen ist eine umfang­reiche Auflis­tung und Beschrei­bung von Pflanzen und Tieren enthalten, die einst in der Schun­teraue vorkamen oder auch noch vorkommen.

Das Buch ist in erster Auflage erschienen und in der Buchhand­lung Graff sowie beim Kultur- und Heimat­pflege-Verein Schun­teraue (Horst-Dieter Steinert, Tel.: 0531–351680) erhält­lich. Gefördert wurde das Projekt unter anderem von der Richard Borek Stiftung.

Attrak­tives Naherho­lungs­ge­biet

Blick auf die begradigte Schunter Richtung Osten. Foto: Der Löwe
Blick auf die begra­digte Schunter Richtung Osten. Foto: Der Löwe

Die Veröf­fent­li­chung will mehr sein als nur eine Dokumen­ta­tion der Vergan­gen­heit. Vor allem ein Kapitel beschäf­tigt sich mit der Zukunft, mit der Renatu­rie­rung des 3,5 Kilometer langen Abschnitts der Schunter von der Brücke am Bienroder Weg bis nach Rühme. Horst-Dieter Steinert beschreibt darin den beschlos­senen Plan, die Schunter, ähnlich wie bereits zwischen Hondelage und Dibbes­dorf geschehen, in einen natur­nahen Zustand zu versetzen. „Dadurch erhält die Stadt Braun­schweig neben dem Schul- und Bürger­garten Dowesee ein weiteres attrak­tives Naherho­lungs­ge­biet am nördli­chen Stadtrand“, ist sich Steinert sicher.

Durch die Begra­di­gung der Schunter in der Vergan­gen­heit hätten sich Strömungs­ver­hält­nisse und Fließ­ge­schwin­dig­keit zum Nachteil von Fauna und Flora verändert. „Dreiecks­buhnen und Totholz­ein­bauten werden jetzt die Habitat­viel­falt für die Gewäs­ser­fauna, nicht nur für Fische, wieder verbes­sern, denn es entstehen Laich­plätze, Verstecke und Ruhezonen. Außer den gewäs­ser­be­zo­genen Maßnahmen soll in der Aue an verschie­denen Stellen auch die Auwald­ent­wick­lung durch Gehölz­pflan­zungen einge­leitet werden“, heißt es in dem Kapitel.

2,2 Millionen Euro inves­tiert

Teil des Projektes ist der Rückbau und die Verlegung der Brücke „Butter­berg“. Die neue Brücke wird die Schunter rund 400 Meter weiter westlich queren. Außerdem wird die Brücke „lm Alten Dorfe“, die Verbin­dung zwischen Rühme und Kralen­ríede, neu gebaut. Beide Brücken werden barrie­re­frei gestaltet, so dass sie zukünftig auch mit Kinder­wagen und von Rollstuhl- und Fahrrad­fah­rern kompli­ka­ti­onslos benutzt werden können. Das Land übernimmt 90 Prozent der Gesamt­kosten in Höhe von 2,2 Millionen Euro.

Für die Pflege der Restflä­chen des Sandma­ger­ra­sens am „Butter­berg“ macht sich Walter Rieger als Natur­schutz­be­auf­tragter der Stadt stark. Er verweist darauf, dass das Vorkommen in der Schun­teraue quali­tativ höher einzu­schätzen sei als zum Beispiel das Natur­denkmal „Sandma­ger­rasen am Schloss­berg“ in Kralen­riede. Ein mit dem „Buttger­berg“ vergleich­bares Vorkommen gäbe es in Nieder­sachsen lediglich noch im Wendland, erklärt Rieger.

Beson­derer Standort für Mager­rasen

Asphaltarbeiten in der Straße „Butterberg“ in den 1950er Jahren. Foto: Kultur- und Heimatpflegeverein Schunteraue
Asphalt­ar­beiten in der Straße „Butter­berg“ in den 1950er Jahren. Foto: Kultur- und Heimat­pfle­ge­verein Schun­teraue

In seinem Aufsatz heißt es: „Der Standort des Sandma­ger­ra­sens und des Heide­be­stands am Butter­berg fiel spätes­tens unmit­telbar nach dem 2. Weltkrieg der Bebauung zum Opfer. Vermut­lich wurde die schutz­wür­dige Vegeta­tion aber bereits in der Zeit vor oder kurz nach dem 1 .Weltkrieg durch Kulti­vie­rungs­maß­nahmen beseitigt. Das Schicksal der kostbaren Vegeta­tion am Butter­berg sollte Anlass und Mahnung sein, die vorhan­denen Restflä­chen von Sandma­ger­rasen und Heiden mit Liebe und Sorgfalt zu pflegen und zu erhalten, damit zukünf­tige Genera­tionen den Erleb­nis­wert derar­tiger Biotope begreifen und schätzen lernen.“

Die vorlie­gende Dokumen­ta­tion beginnt mit der Urgeschichte der Schun­teraue. „Archäo­lo­gi­sche Bedeutung hat dieses Gebiet, vor allem der Bereich der Schun­teraue, schon frühzeitig durch bemer­kens­werte Stein­zeit­funde bekommen. lm Bereich der sandigen Uferzonen von Wabe, Schunter und Oker konnten schon Ende des vorigen Jahrhun­derts und später immer wieder bis in die dreißiger Jahre Feuer­stein­ge­räte gefunden werden, die als Zeugnisse mensch­li­cher Besied­lung der älteren und mittleren Steinzeit gedeutet werden können,“ heißt es bei Alfred Tode.

1938 stand nur ein Haus

Karte von 1946. Repro: Kultur- und Heimatpflegeverein Schunteraue
Karte von 1946. Repro: Kultur- und Heimat­pfle­ge­verein Schun­teraue

Ein weiteres Kapitel beschäf­tigt sich mit der Entste­hung der Schun­ter­sied­lung. „Die Bebauung des Butter­berges wurde schon bei der Errich­tung der Schun­ter­sied­lung geplant, denn es sind damals bereits Versor­gungs­lei­tungen mit verlegt worden. Der Kriegs­aus­bruch verhin­derte die Fortset­zung der Bautä­tig­keit, so dass auf dem Butter­berg 1938 nur ein Haus entstand. Ab 1950 wurde hier weiter­ge­baut mit fünf einzeln stehenden Ein- und Zweifa­mi­li­en­häu­sern“, schreibt Horst Winkler. Beigefügt sind dem Kapitel unter anderem ein Planaus­schnitt der Flurkarte von 1938 und diverse Fotos aus der Zeit der Bebauung um 1950.

Heute Leben im Stadt­be­zirk Schun­teraue (Schun­ter­sied­lung und Kralen­riede) rund 5.500 Menschen. Sie alle könnten poten­ti­elle Käufer des Buches sein und viel Wissens­wertes über ihre Heimat erfahren. Das Buch ist bereits die 13. Veröf­fent­li­chung des Kultur- und Heimat­ver­eins Schun­teraue.

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