Labor und Prozessort zugleich

Treptower Straße 2, aus der Serie Berlin 2015, Mixed Media. Foto: Mickaël Marchand
Treptower Straße 2, aus der Serie Berlin 2015, Mixed Media. Foto: Mickaël Marchand

Das Museum für Photo­gra­phie Braun­schweig zeigt vom 31. März bis 28. Mai die Ausstel­lung „andere Situation“, die durch den Dialog von fünf Künstlern aus Paris, New York, Berlin und Kassel entstand.

Es war ein Experi­ment, dessen Ausgang ungewiss war. Romina Abate, Frank Dölling, Johanna Jaeger, Mickaël Marchand und Professor Florian Slotawa ergrün­deten im Ausstel­lungs­pro­jekt „andere Situation“ die wechsel­sei­tigen Bezie­hungen und Quali­täten von Fotografie, Video, Projek­tion und Objekt­in­stal­la­tion im Zusam­men­hang mit ortsspe­zi­fi­schen Bedin­gungen, sprich die Räumlich­keiten des Museums für Photo­gra­phie Braun­schweig. Am Ende war der künst­le­ri­sche Versuch von Erfolg gekrönt. Zu sehen sind die faszi­nie­renden hetero­genen Werke vom 31. März bis 28. Mai 2017 in den Museums­räumen in der Helmstedter Straße 1.

„Es war mehr als spannend mit anzusehen, wie sich das Koope­ra­ti­ons­pro­jekt entwi­ckelt hat. Die Idee stammte von Florian Slotawa. Die Anord­nungen der Kunst­ob­jekte in den Räumen haben sich erst im Dialog vor Ort ergeben. Unser Museum war so Labor und Prozessort zugleich“, berichtet Barbara Hofmann-Johnson, die Leiterin des Museums für Photo­gra­phie Braun­schweig.

Bei Florian Slotawa, der sich auf das Arbeiten in Räumen spezia­li­siert hat, haben Abate, Dölling, Jaeger und Marchand zu unter­schied­li­chen Zeiten an der Univer­sität der Künste Berlin bezie­hungs­weise an der Kunst­hoch­schule in Kassel studiert. Doch kennen­ge­lernt haben sich die Aussteller in dieser Konstel­la­tion erst in Braun­schweig. Als Vorbild fungierte Slotawas ehemalige Schau „Atelier“, bei der er seinen Besitz für eine Ausstel­lung neuge­ordnet hat. Sieben von 36 Schwarz­weiß­fo­to­gra­fien seiner damaligen Werkgruppe sind im Kontext der Thematik in der Ausstel­lung zu sehen.

Sehr anschau­lich wird es im Raum von Mickaël Marchand. Der bei Paris lebende Franzose wirft mit Hilfe von drei Projek­toren Kollagen an die Wand. „Ich finde Objekte auf der Straße, baue sie auf und fotogra­fiere sie. Anschlie­ßend erstelle ich die Kollagen in Form von Dia-Positiven“, erklärt der 35-jährige, der in seiner Zeit an der Univer­sität der Künste in Berlin insgesamt 82 Fotos in Berlin schuf. Auch die Projek­toren sind in Eigen­ar­beit endstanden – mit Materialen, die Marchand in Braun­schweig gefunden hat. Er bringt auf den Punkt, was alle getan haben: „I make a deal with the room.“

„Meine Frage lautet stets: Was macht das Objekt mit mir? Ich insze­niere mich selbst in meinem eigenen Atelier in Bilder­welten“, so Romina Abate, die in Kassel arbeitet und ebenfalls mit Fundstü­cken arbeitet. Monta­ge­artig sind die Objekte bei ihr verbunden. Für die teilweise in New York lebende Johanna Jaeger führen die Objekte ein Eigen­leben. Sie hantiert in einem Raum im alten Torhaus mit Farbe und Fotografie. Sie hat einen Farblicht­messer aus den fünfziger Jahren gezeichnet, dabei wechseln die Farbtöne unter Einbe­zie­hung der Vorhänge und des Sonnen­ein­falls von Gelb zu Blau.

„Meine fotogra­fisch-filmische Arbeits­weise definiert sich durch das Wegnehmen und gleich­zei­tige Hinzu­fügen von Bildele­menten und dem Re-Kontex­tua­li­sieren und Wieder­ge­winnen des Bildes mit anderen autobio­gra­phi­schen Bildern, die in der Zusam­men­stel­lung einen neuen gegen­wär­tigen Kontext ergeben, welcher sich aus meinen eigenen Gedächtnis nährt“, sagt der 27 Jahre alte Frank Dölling, dessen Videos von der Helmstedter Straße aus zu sehen sind – besonders gut bei Dunkel­heit. „Die Vielzahl von Quellen, Referenzen und Eindrücke meiner Umgebung und aus Situa­tionen und Inter­ak­tionen beschreiben mein Bildwerden.“

Das Ausstel­lungs­pro­jekt wurde unter­stützt vom Kultur­in­stitut der Stadt Braun­schweig, vom Nieder­säch­si­schen Minis­te­rium für Wissen­schaft und Kultur und von der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz.

Mehr Infos: www.photomuseum.de

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