Mario­netten an den Fäden des Lebens

Szenenfoto aus „No strings attached". Foto: Konrad Behr.
Szenenfoto aus „No strings attached". Foto: Konrad Behr.

Bereits im März hatte das Stücke „No strings attached“ der Gruppe rhizoma Premiere im Theater Faden­schein. Nun kehren die Künstler nach Braun­schweig zurück und zeigen ihre – inzwi­schen preis­ge­krönte – Produk­tion in einer weiter­ent­wi­ckelten Fassung.

Rhizom bedeutet Wurzel. Und mit einem Wurzel­ge­flecht vergleicht René Reith die Arbeits­weise seiner Gruppe systemrhi­zoma. In einem „offene System“ arbeiten Sound- und Licht­de­si­gner, Texter, Choreo­gra­phen und Musiker inter­dis­zi­plinär zusammen. „Wie bei einer Wurzel gibt es immer wieder neue Start­punkte und Knoten, die in einem Geflecht verbunden sind.“ Scharn­horst und Reith gründeten die Gruppe vor drei Jahren, „No strings attachted“ ist ihre dritte Produk­tion. Und auch wenn Reith und Scharn­horst die Produk­tion leiten und die Choreo­gra­phie entwi­ckeln, verstehen sie sich als Modera­toren in dem Netzwerk. Die Mitglieder der Gruppe entwi­ckeln Ideen und Konzepte gemeinsam. Neben den neun festen Mitglie­dern arbeiten sie projekt­ge­bunden mit verschie­denen Partnern zusammen.

„Kontrolle“ ist das Thema, dem sich systemrhi­zoma in ihrer aktuellen Produk­tion widmet. Wie frei sind wir in einer Welt, in der jeder unzählige Möglich­keiten und Alter­na­tiven hat? Wie viel Kontrolle gibt es in unserem Alltag? Haben wir die Fäden unseres Lebens in der Hand oder – um bei dem Bild des Produk­ti­ons­ti­tels zu bleiben, werden wir wie Mario­netten gesteuert? Ein immer wieder aktuelles gesell­schaft­li­ches Thema, mit dem sich systemrhi­zoma beschäf­tigt. „Bei unseren Stücken steht die Ästhetik im Mittel­punkt“, gibt Scharn­horst einen Einblick in ihre Arbeits­weise. Dabei geht es nicht darum, eine Geschichte drama­tisch zu erzählen, sondern darum, Bilder zu erzeugen, eine Atmosphäre.

Bei der Entwick­lung von „No stings attached“ hat systemrhi­zoma eng mit dem Theater Faden­schein zusam­men­ge­ar­beitet. „Wir erarbeiten gemeinsam ein Konzept der Nachwuchs­för­de­rung und des Genera­tio­nen­wech­sels“, erklärt Scharn­horst. Gefördert werden sie von der Stiftung Braun­schweiger Kultur­be­sitz und der Braun­schwei­gi­schen Stiftung.

Anfang Oktober ist „No strings attached“ mit dem Fritz-Wortel­mann-Preis ausge­zeichnet worden. Das Deutsche Forum für Figuren­theater und Puppen­spiel­kunst in Bochum veran­staltet den Wettbe­werb alle zwei Jahre. systemrhi­zoma hat sich dabei gegen acht Mitbe­werber in der Gruppe „Profes­sio­neller Nachwuchs“ durch­ge­setzt. In der Begrün­dung der Jury heißt es: „Die Wirkung von ‚No strings attached‘ beruht auf ihrer Distanz und der im Werk erzeugten Differenz. Zuschauer zu sein bedeutet, eine aktive Haltung einzu­nehmen, da auch das Sehen eine Handlung ist. ‚No strings attached‘ nimmt mich als emanzi­pierten Zuschauer im rancièr­schen Sinne wahr. Ich, der Zuschauer, bin nicht Teil einer grauen in Masse, die sich nur an Gesehenem ergötzen will. Es sitzt im Zuschau­er­raum vielmehr eine Ansamm­lung von Indivi­duen, deren Macht darin besteht, das Geschehen wahrzu­nehmen und auf seine Weise indivi­duell mit dem bisher Erlebten in Verbin­dung zu bringen.“

Mit dem Preis verbunden ist eine Einladung zu Fidena, dem Inter­na­tio­nalen Festival der Nationen in Bochum. „Das wichtigste Treffen der Figuren­thea­ter­szene“, freut sich Reith.

Infor­ma­tionen

  1. Oktober, 20 Uhr, anschlie­ßend Party
    20. Oktober, 20 Uhr, anschlie­ßend Nacht­ge­spräch
    21. Oktober, 20 Uhr
    Theater Faden­schein, Bültenweg

Karten für 14 Euro (ermäßigt 12 Euro für Studenten, Schüler, Arbeits­lose, FSJ‘ler, Sozial­hil­fe­be­rich­tigte, Braun­schweig-Pass) unter wwww.fadenschein.de, an der Vorver­kaufs­stelle des Theater Faden­schein oder an den üblichen Vorver­kaufs­stellen.

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