Champions League am Nordpol

Falk Pätzold, Astrid Lampert und Magnus Asmussen beim Vorbereiten des HELiPOD. Foto: Löwe
Falk Pätzold, Astrid Lampert und Magnus Asmussen beim Vorbereiten des HELiPOD. Foto: Löwe

Heliko­pter-Schlepp­sonde der TU Braun­schweig sammelt während der größten Arktis-Expedi­tion aller Zeiten wichtige Daten zum Klima­wandel.

 Braun­schweig spielt eine tragende Rolle beim Mammut-Forschungs­pro­jekt „MOSAiC“, das in der Arktis wichtige Erkennt­nisse zum Klima­wandel sammeln soll. Wenn der deutsche Eisbre­cher „Polar­stern“ ein Jahr lang antriebslos mit dem Packeis durch das Nordpo­lar­meer gleitet, wird die Heliko­pter-Schlepp­sonde „HELiPOD“ des Instituts für Flugfüh­rung, das von Prof. Dr.-Ing. Peter Hecker geleitet wird, mit ihrer hochge­nauen Messtechnik Daten für Forscher aus aller Welt liefern. An Bord der „Polar­stern“ wird der Braun­schweiger Wissen­schaftler Falk Pätzold für die Experi­mente in luftiger und frostiger Höhe zuständig sein. Entwi­ckelt wurde HELiPOD bereits Anfang der 1990er Jahre vom Braun­schweiger Unter­nehmen Aerodata. Und noch ein Braun­schweig-Aspekt: Die Richard Borek Stiftung unter­stützt das Vorhaben mit der Finan­zie­rung eines spezi­ellen Ortungs­sys­tems.

Die Arktis­ex­pe­di­tion „MOSAiC“ (Multi­di­sci­pli­nary drifting Obser­va­tory for the Study of Arctic Climate) ist die größte und umfas­sendste Expedi­tion ins Nordpo­lar­meer, die es je gab. Feder­füh­rend ist das Alfred-Wegener-Institut (Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeres­for­schung) in Bremer­haven. Beteiligt sind Wissen­schaftler aus 19 Nationen. Die Kosten betragen rund 120 Millionen Euro und werden zu 90 Prozent vom Bundes­mi­nis­te­rium für Forschung getragen. Nach dem Vorbild des norwe­gi­schen Polar­for­schers Fridtjof Nansen, der mit seiner „Fram“ 1893, im Packeis einge­schlossen war und mit ihm durch die Arktis driftete, ist die aktuelle Expedi­tion mit einem enormen logis­ti­schen Aufwand geplant. In einigen Monaten soll sogar eine Flugzeug-Landebahn auf einer riesigen Eisscholle einge­richtet werden, damit der Austausch der Crew gewähr­leistet ist.

HELiPOD war schon einige Male in der Arktis im Einsatz. Sorge, dass die bewährte Schlepp­sonde etwa streiken könnte, hat Falk Pätzold deswegen nicht. „Damit die Sensoren alle funkti­ons­tüchtig bleiben, ist HELiPOD beheizt. Selbst bei minus 40 Grad Außen­tem­pe­ratur ist es im Inneren 18 Grad warm. Für die Messge­nau­ig­keit ist das elementar“, erklärt Pätzold. Das autonome und hochge­naue Messsystem verfügt zudem über eigene Strom­ver­sor­gung und Bordrechner.

Der fünf Meter lange und rund 350 Kilogramm schwere HELiPOD ist mit insgesamt 60 hochmo­dernen Sensoren ausge­stattet, die Infor­ma­tionen über Tempe­ratur, Feuchte, Turbulenz, Kohlen­stoff­di­oxid, Ozon oder Methan geben und Austausch­pro­zesse zwischen Boden und Atmosphäre unter­su­chen. Die Schlepp­sonde hängt bei ihren Einsätzen an einem 15 Meter langen Seil unterhalb eines Heliko­pters. So lassen sich störende Einflüsse wie Verwir­be­lungen minimieren.

Pätzold wird am 23. Januar 2020 zur „Polar­stern“ aufbre­chen, die schon im September im norwe­gi­schen Tromsø ablegte. Vier Monate wird er dann unterwegs sein. Seine Rückkehr ist für den 26. Juni geplant. Pätzold geht mit Respekt, aber auch mit großer Vorfreude und dem Wissen, an etwas wirklich Großem beteiligt zu sein, an die Aufgabe heran. Er weiß, was ihn erwartet, schließ­lich war er 2017 bereits einige Wochen mit der „Polar­stern“ im Osten von Grönland unterwegs. Nach seiner Rückkehr sind Vorträge von ihm über seine Erleb­nisse während der Expedi­tion geplant.

„Wir haben Anfang 2018 einen Forschungs­an­trag einge­reicht und uns damit um die Teilnahme an MOSAiC beworben. Es ist eine große Chance, wichtige Daten direkt am Nordpol  erheben zu können, die es ermög­li­chen, den Klima­wandel besser zu verstehen. Die Arktis gilt als Frühwarn­system für Klima­ver­än­de­rungen. Sie hat sich von allen Regionen der Erde in den letzten Jahren am stärksten erwärmt. Die Erhebungen der perma­nenten Messsta­tionen in Spitz­bergen, Alaska oder Kanada können nicht ohne weiteres übertragen werden auf das Gebiet des zentralen arkti­schen Ozeans“, erläutert Astrid Lampert, Projekt­lei­terin am Institut für Flugfüh­rung der TU Braun­schweig.

Um die von HELiPOD gesam­melten Daten vollständig auszu­werten, sagt Astrid Lampert, werden Jahre vergehen. Die TU Braun­schweig wird zunächst eine Grund­aus­wer­tung vornehmen und die Daten dann in die Weltda­ten­bank PANGAEA (Data Publisher for Earth & Environ­mental Science) einpflegen, damit Forscher auf der ganzen Welt Nutzen vom Braun­schweiger HELiPOD haben.

Mehr Infor­ma­tionen:

https://www.awi.de/im-fokus/mosaic-expedition.html

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