Klaus Glahn genießt Kultstatus als „weißer Japaner“

Klaus Glahn (links) wird vom damaligen Vorsitzenden des VfL Wolfsburg, Hans Pudenz geehrt. In der Bildmitte Gewichtheber Günther Wu. Foto: VfL Wolfsburg
Klaus Glahn (links) wird vom damaligen Vorsitzenden des VfL Wolfsburg, Hans Pudenz geehrt. In der Bildmitte Gewichtheber Günther Wu. Foto: VfL Wolfsburg

Große Sport­per­sön­lich­keiten, Folge 9: Wolfs­burger Judoka gewann 1964 in Tokio die olympi­sche Bronze- und 1972 bei den Spielen in München die Silber­me­daille.

Die olympi­sche Goldme­daille blieb ihm ebenso verwehrt wie ein Weltmeis­ter­titel. Und doch zählt Klaus Glahn weltweit zu den bekann­testen, geach­tetsten und belieb­testen Judoka. Der heute 78-jährige wurde während seiner aktiven Zeit ehrfurchts­voll der „weiße Japaner“ genannt. Er genießt bis heute Kultstatus. Im vergan­genen Jahr wurde der deutschen Judo-Legende aus Wolfsburg vom Inter­na­tio­nalen Judo-Verbandes (IJF) der neunte Dan verliehen. Das ist eine ganz besondere und sehr selten vergebene Auszeich­nung, quasi der ultima­tive „Ritter­schlag“ im Judo.

Erfolg­reichster deutscher Judoka

Der gebürtige Hanno­ve­raner Glahn hat ihn verdient, denn er ist der erfolg­reichste deutsche Schwer­ge­wichts-Judoka aller Zeiten. Bei den Olympi­schen Spielen 1964 in Tokio erkämpfte er sich die Bronze­me­daille in der Offenen Gewichts­klasse. Acht Jahre später gewann er in München im Schwer­ge­wicht die Silber­me­daille. 1968 in Mexiko war Judo zu seinem Leidwesen aus dem olympi­schen Programm gestri­chen worden. Wer weiß, vielleicht hätte es da auf dem Zenit seiner Leistungs­fä­hig­keit zu mehr gereicht?

Die Krönung der Ausnah­me­kar­riere sollten tatsäch­lich die Olympi­schen Spiele in München werden, aber der Nieder­länder Willem Ruska entriss Glahn am 31. August 1972 nach 1:43 min. das Gold vor heimi­scher Kulisse. „Eine Zehntel­se­kunde nicht aufge­passt, und schon war es das“, erinnert sich Glahn, der seit 1970 für den VfL Wolfsburg startete. Im Halbfi­nale hatte er den Sowjet­russen Giwi Onachwili mit Ippon besiegt.

Im Finale ausge­laugt und müde

Als Fehler bezeich­nete er später, sein Trainings­lager in Japan aufge­schlagen und zu große Strapazen auf sich genommen zu haben. Gegen Ruska hatte er auch bei der WM verloren. Aus der Revanche wurde nichts. Müde sei er gewesen, Kraft habe gefehlt. Sei’s drum. Voller Hochach­tung wurde Glahn bei der Heimkehr in Wolfsburg zu Recht gebührend gefeiert und geehrt.

Er zählt neben Heide Rosendahl (Weitsprung), Ulrike Meyfarth (Hochsprung), Hildegard Falck (800 m), Klaus Wolfer­mann (Speer­werfen), Dieter Kottysch (Boxen) oder Wilfried Dietrich (Ringen) bis heute zu den aus deutscher Sicht nachhaltig im Gedächtnis geblie­benen Athleten dieser beson­deren Spiele, auf denen leider der Schatten des paläs­ti­nen­si­schen Terror­an­schlags auf das israe­li­sche Olympia-Team liegt.

Ein Jahrzehnt lang unbesiegbar

Rund ein Jahrzehnt lang war der 100-kg-Kämpfer in Deutsch­land unbesiegbar. Glahn gewann in seiner Laufbahn insgesamt 27 deutsche Titel, darunter sechs Deutsche Meister­schaften mit der Mannschaft des VfL Wolfsburg. Viermal wurde er Europa­meister, dreimal davon im Einzel, und sechsmal stand er bei Weltmeis­ter­schaften auf dem Sieger­po­dest, wenn auch nie ganz oben. Noch heute steht der Judo-Veteran oft auf der Matte, engagiert sich bei Judo-Lehrgängen und ‑Veran­stal­tungen.

Präsident des Deutschen Judo-Bundes

Schon früh wurde Klaus Glahn als Funktionär aktiv. Noch als Aktiver wurde er 1970 Leiter des Judo-Leistungs­zen­trums Wolfsburg und erreichte mit den von ihm trainierten Judoka zahlreiche Meister­titel und Olympia-Platzie­rungen. Er blieb es bis 1975. Von 1982 bis 1985 fungierte er als Vizeprä­si­dent Leistungs­sport im Deutschen Judo-Bund, dessen Präsident er von 1985 bis 1988 war. Zeitgleich hatte er den Posten des Vizeprä­si­denten der Europäi­schen Judo Union (EJU) inne. Danach wurde er für zwei Jahre der erste Leiter des neu gegrün­deten Olympia­stütz­punktes Hannover/Wolfsburg. Ein Inter­mezzo gab Glahn in der Fußball-Bundes­liga-Saison 1984/85 als Manager von Eintracht Braun­schweig.

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