„Alle Risiko­fak­toren stehen auf Rot“

Totholz im Querumer Forst. Foto: Der Löwe
Totholz im Querumer Forst. Foto: Der Löwe

Stiftungs­förster Burkhard Röker: Waldbrand­ge­fahr so hoch wie noch nie zuvor im April.

Seit vier Wochen hat es in unserer Region keinen nennens­werten Nieder­schlag mehr gegeben. Bereits jetzt herrscht in den Wäldern eine außer­ge­wöhn­liche Dürre. Und ein Ende, so Meteo­ro­logen in ihren Vorher­sagen, ist nicht absehbar. Es droht der dritte Trockens­ommer in Serie mit weiterem Baumsterben und weiterem Borken­kä­fer­be­fall. Die Förster kommen gar nicht nach, das ganze überschüs­sige Totholz aus den Wäldern abzutrans­por­tieren. Das ist eine drama­ti­sche Gemenge­lage. „Die Waldbrand­ge­fahr war in einem April nie größer als zurzeit. Alle Risiko­fak­toren stehen auf Rot“, sagt Burkhard Röker, Förster bei der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz.

Schon Glutreste reichen aus

Früher sei der April von Feuch­tig­keit geprägt gewesen. Doch das sprich­wört­lich wechsel­hafte April­wetter mit Regen, mitunter auch noch Schnee und Hagel gehöre der Vergan­gen­heit an. Röker mahnt Spazier­gänger bereits jetzt schon zur Achtsam­keit mit Feuer oder Glut im Wald. „Schon kleine Glutreste einer Zigarette können ausrei­chen, um einen Waldbrand zu verur­sa­chen. Auch das Gras in den Wäldern ist teilweise schon gefähr­lich trocken“, sagt der SBK-Förster. Zur Vorsicht zählt zum Beispiel auch, keine Zigaret­ten­kippen während der Fahrt aus dem Auto zu werfen.

Warnhinweis im Querumner Forst: „Rauchen und offenes Feuer verboten“. Foto: Der Löwe
Warnhin­weis im Querumner Forst: „Rauchen und offenes Feuer verboten“. Foto: Der Löwe

Das große Sorgen­kind in Bezug auf Waldbrand­ge­fahr im Braun­schwei­gi­schen sind vor allem die Nadel­wälder und nicht die Laubwälder. „Fichte, Kiefer und Lärche brennen deutlich schneller als Laubholz. Das liegt einer­seits am Harz der Bäume und anderer­seits an den trockenen Nadeln, die auch abfallen, wenn Waldar­beiter mit den Harve­s­tern abgestor­bene Bäume aus den Wäldern entfernen. Die Nadeln brennen wie Zunder“, weiß Röker. Wenn sie sich entzünden, gibt es kein Halten mehr. Insbe­son­dere im Natio­nal­park Harz sei die Gefahr eines Waldbrandes angesichts der dortigen, großflä­chigen Nadel­holz­wälder extrem.

Bisher galt der Harz aufgrund der starken Nieder­schläge als immun gegen schwere Waldbrände. Doch das hat sich mittler­weile durch die Klima­ver­än­de­rung der vergan­genen Jahre geändert. Deswegen titelte das bundes­weit erschei­nende Feuerwehr-Magazin im Januar bereits: „Droht dem Harz ein Waldbrand-Inferno?“ In dem Zusam­men­hang erinnert Röker an die bislang größte Brand­ka­ta­strophe Deutsch­lands im Sommer 1975, als in der Lüneburger Heide allein 8000 Hektar Nadelwald in Flammen aufgingen. Auch damals herrschte angesichts wochen­langer Dürre und ausge­trock­netem Unterholz ein sehr hohes Waldbrand­ri­siko.

Harz besonders gefährdet

In dem Beitrag des Feuerwehr-Magazins heißt es weiter: „Von der Dürre geschä­digte Bäume fallen dem Borken­käfer zum Opfer, Moore fallen trocken. Durch Stürme, Trocken­heit und Käfer­be­fall gibt es eine Menge Totholz, das einem möglichen Feuer viel Nahrung bietet. Schon in den letzten Jahren gab es mehrere kleinere Waldbrände im Harz. Dass es nicht schlimmer gekommen ist, war reines Glück“, glaubt Forst­wis­sen­schaft­lerin Prof. Dr. Bettina Kietz.

Ein großer Waldbrand im Harz wäre ihrer Überzeu­gung nach noch verhee­render als der in der Heide. „Der Harz hat sehr steile Hänge. Dadurch haben wir auch eine deutlich schnel­lere Feuer­aus­brei­tung. Hangauf­wärts hat das Feuer quasi Rücken­wind. Hinzu kommt, dass das Gelände nicht annähernd so befahrbar ist wie in anderen Waldbrand­re­gionen. Das heißt, auch der Feuer­wehr­ein­satz ist deutlich einge­schränkt“, fürchtet die Wissen­schaft­lerin.

Totholz nicht verdammen

Obwohl es in der Region Braun­schweig lediglich im Querumer Forst eine rund 15 Hektar große, zusam­men­hän­gende Fläche mit Nadelholz gibt, sieht Stiftungs­förster Burkhard Röker keinen Grund zur Entwar­nung. „Die Waldbrand­ge­fahr ist auch in Laubwäl­dern da, obwohl das Feuer dort nicht so eine Dynamik entwi­ckeln kann wie in Nadel­wäl­dern“, sagt er und appel­liert an die Vernunft der Waldbe­su­cher.

Trotz der Waldbrand­ge­fahr, die von dem ausge­trock­neten Totholz ausgeht, warnt Röker vor der Verdam­mung der natür­li­chen Entwick­lung im Wald. Totholz spiele im Ökosystem eine bedeu­tende Rolle als Lebens­raum für viele Tier- und Pflan­zen­arten. Wie so oft komme es auf ein ausge­wo­genes Verhältnis an.

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