Argumente gegen den Windpark Nord-Elm

Eine Windenergie-Anlage auf einer Fläche der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz. Foto: Andreas Greiner-Napp
Eine Windenergie-Anlage auf einer Fläche der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz. Foto: Andreas Greiner-Napp

SBK-Präsident Dr. Gert Hoffmann nach einem Gespräch mit der Bürger­initia­tive: „Ich nehme die kriti­schen Einwände sehr ernst und werde sie in die Debatte unseres Stiftungs­rates nachdrück­lich einbringen.“

Die Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz (SBK) will ihre Entschei­dungen über mögliche Windkraft­an­lagen auf ihren Flächen am Elm nicht ohne Berück­sich­ti­gung von Einwänden kriti­scher und betrof­fener Bürger in Bezug auf diese Pläne treffen.  Aus diesem Grund traf sich SBK-Präsident Dr. Gert Hoffmann am 28. Januar mit Vertre­tern der „Bürger­initia­tive gegen den Windpark Nord-Elm“.

„Das war ein sehr inter­es­santes Gespräch, was bei  mir auch vorhan­dene Bedenken weiter verstärkt hat. Aller­dings gibt es eben auch die Meinung, dass aus energie­po­li­ti­schen Gründen und wirtschaft­li­chen Inter­essen der Stiftung die Windkraft genutzt und gefördert werden sollte. Deshalb gibt es natur­gemäß auch in unserem Entschei­dungs­gre­mium, dem Stiftungsrat, eine kontro­verse Debatte mit unter­schied­li­chen Positionen, die sachlich geführt werden muss“, erklärte Dr. Hoffmann nach dem Ortstermin in Königs­lutter.

Eine vertiefte Debatte mache aller­dings erst Sinn, wenn das Regionale Raumord­nungs­pro­gramm durch den  Zweck­ver­band Großraum Braun­schweig wie vorge­sehen fortge­schrieben und im Herbst beschlossen wird. Bekannt­lich soll darin trotz anhal­tenden Wider­stands auch an anderen Orten die weitere Auswei­sung von Windeig­nungs- und Windvor­rang­ge­bieten sowie die Vergrö­ße­rung bestehender Anlagen verankert werden. Bisher sind Windräder in Wäldern oder Natur­schutz­ge­bieten in Nieder­sachsen nicht erlaubt und 1000 Meter Abstand zu Siedlungen, 500 m zu Einzel­ge­höften bzw. Wohnge­bäuden im Außen­be­reich einzu­halten. Zusätz­lich gelten Schutz­räume gegen­wärtig um den Harz und den Elm/Lappwald.

Als ein neuer Standort für eine Windkraft­an­lage ist unter anderen ein Areal auf dem Hagenberg im Landkreis Helmstedt zwischen Sunstedt und Süpplin­gen­burg im Gespräch, das Dr. Hoffmann zusammen mit dem SBK-Direktor Tobias Henkel und Vertre­tern der Bürger­initia­tive vor dem Gespräch persön­lich in Augen­schein nahm. Der Grund und Boden gehört der Stiftung, die im Sinne ihres Stiftungs­zwe­ckes grund­sätz­lich Wald und Boden auch so wirtschaft­lich nutzt, dass hinrei­chende Erträge für ihre wichtigen öffent­li­chen Aufgaben im Gebiet des alten Braun­schweiger Landes erzielt werden können. Windkraft­an­lagen sind  wegen der gewal­tigen öffent­li­chen Förderung für Betreiber und Stand­ort­ei­gen­tümer äußerst gewinn­brin­gend und deshalb in Deutsch­land in den letzten Jahren in großem Ausmaß errichtet worden. Das kann sich bekannt­lich auf eine breite Mehrheit in der Bevöl­ke­rung und den politi­schen Gremien stützen.

Die „Bürger­initia­tive gegen den Windpark Nord-Elm“ aller­dings kämpft hier konkret gegen die geplante Anlage auf dem Boden der SBK, weil sie den Erhalt der Kultur- und Natur­land­schaft im Bereich Elm/Lappwald dadurch gefährdet sieht. Als weitere Argumente wurden und werden genannt: die Gesund­heits­ge­fähr­dung durch niedrig frequente Schall­wellen, der Tod vieler wertvoller Vögel wie Rotmilan oder Kranich, Wertver­lust von Immobi­lien, nicht ausrei­chende Abstände zu Siedlungen und dem Elm sowie nicht zuletzt die ihrer Ansicht nach dadurch zerstörte Sicht­achse zum Kaiserdom in Königs­lutter, der ebenfalls zum Vermögen der SBK zählt.

SBK-Präsident Dr. Hoffmann sieht persön­lich viele dieser Argumente als einleuch­tend an: „Ich bin seit langem der Auffas­sung, dass an bestimmten Stellen im Lande solche Windkraft­an­lagen – und erst recht die jetzt noch viel höheren – tatsäch­lich eine schwere Beein­träch­ti­gung unserer tradi­tio­nellen Natur- und Kultur­land­schaft darstellen und darstellen können. Für eine Stiftung wie die unsere, die sich für die Pflege und Bewahrung unserer großar­tigen Kultur- und Natur­güter einsetzt, ist das natürlich ein besonders sensibler Punkt. An manchen Stellen im Lande – das gilt natürlich besonders für Welterbe­stätten – sind seit langer Zeit Kultur und Natur eine großar­tige Verbin­dung einge­gangen und stellen in dieser Symbiose und das dadurch erzeugte Erschei­nungs­bild selbst wieder ein schüt­zens­wertes Kulturgut dar.“

Mögli­cher­weise müsste die Frage dieser tatsäch­li­chen Beein­träch­ti­gung, z. B der Sicht­achse zum Kaiserdom, einmal fachgut­ach­ter­lich unter­sucht werden. Und dann müsse man nachvoll­ziehbar und sachge­recht in die Abwägung natürlich auch den Gesichts­punkt der optimalen wirtschaft­li­chen Nutzung der Stiftungs­lie­gen­schaften einstellen. Nach seiner persön­li­chen Meinung aller­dings würden bei solcher Abwägung ernsthaft nachvoll­zieh­bare Beein­träch­ti­gungen einer Kultur- und Natur­land­schaft gegenüber dem Belang optimaler wirtschaft­li­cher Nutzung das höhere Gewicht haben.

Dort, wo solche  Bedenken und Gesichts­punkte Windkraft­an­lagen nicht entge­gen­stünden, habe er auch prinzi­piell keine Bedenken. Und die SBK habe auf ihren landwirt­schaft­li­chen Flächen immerhin bereits schon 44 Windener­gie­an­lagen (Üplingen, Bündheim, Haken­stedt, Unseburg, Neuhof, Theding­hausen, Warsleben und Remlingen). Die nicht unerheb­li­chen Einnahmen aus der Windenergie verwendet die Stiftung zur Erfüllung ihrer Stiftungs­zwecke, wozu unter anderem auch Erhalt und Pflege des Kaiser­doms in Königs­lutter gehören.

Die im Gespräch befind­li­chen Windkraft­räder werden in der Regel über eine Laufzeit von 20 Jahren plus einer Option auf fünf und mehr Jahre von regio­nalen, natio­nalen und inter­na­tio­nalen Unter­nehmen betrieben. Die neuen, jetzt disku­tierten Windkraft­an­lagen werden bis zu rund 200 Meter hoch in den Himmel ragen. Sie sind dementspre­chend auch wirtschaft­lich noch attrak­tiver. Während die Windkraft­räder der ersten Genera­tion lediglich eine Leistung von 0,5 Megawatt entwi­ckelten, sind es bei den neuesten Windkraft­rä­dern bereits mehr als das Sechs­fache (3,2 Megawatt).

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