Auf neuen, alten Wegen durch Viewegs Garten

Der rund 60.000 Quadratmeter große Viewegs Garten aus der Luft Foto: Stadt Braunschweig/Daniela Nielsen

Garten­his­to­ri­sche Bezüge der Wegever­bin­dungen aus der Epoche der Aufklä­rung im zentralen Bereich des Parks erhalten.

Mit der Sanierung von Viewegs Garten ist das erste Projekt der fünften Verein­ba­rung zur Förderung grünflä­chen­be­zo­gener Projekte zwischen der Stadt Braun­schweig und der Richard Borek Stiftung abgeschlossen. In den vergan­genen Monaten wurden die Wegever­bin­dungen im zentralen Bereich des Parks erneuert und der Kinder­spiel­platz in die Mitte des Parks verlegt. Ziel der Sanierung war es in erster Linie, die noch erhal­tenen garten­his­to­ri­schen Bezüge zu bewahren, die auf die Epoche der Aufklä­rung zurück­zu­führen sind.

Erst hieß es „Campes Garten“

Johann Heinrich Campe, Kupfer­stich von F. Müller Foto: gemein­frei

Um 1797 hatte der Verleger Johann Heinrich von Campe (1746 – 1818) den Grund­stein für seinen Landschafts­garten gelegt. 1781 war er dem Ruf Herzog Carl Wilhelm Ferdi­nands nach Braun­schweig gefolgt, um das Schul­wesen des Herzog­tums zu refor­mieren. Die Reform schei­terte zwar am Wider­stand der Kirchen- und Schul­be­hörden, aber Campe gründete 1787 die „Braun­schwei­gi­sche Schul­buch­hand­lung“. Die Buchhand­lung überschrieb er seinem Schwie­ger­sohn, dem Berliner Buchhändler Friedrich Vieweg, nachdem dieser 1799 ebenfalls auf Wunsch des Herzogs Carl Wilhelm Ferdinand nach Braun­schweig umsie­delte. Auf ihn geht also der heutige Name des Parks zurück. Noch 1835 hieß er „Campes Garten“.

Campes Erben übernahmen den Garten und die Famili­en­grab­an­lage. Sie ersetzten das Wohnhaus Campes durch eine großzü­gige Villa des Archi­tekten Konstantin Uhde, der Hochschul­lehrer am Collegium Carolinum, dem Vorläufer der heutigen Techni­schen Univer­sität, war. Unter anderem entwarf der auch die heute noch existie­renden Villen Löbbecke und Rimpau sowie das heutige TU-Altge­bäude. Im Februar 1935 wurde der mittler­weile als „Viewegs Garten“ bekannte Park von der Stadt Braun­schweig erworben.

Ursprüng­lich befanden sich auf dem Gelände Felder und zwei Windmühlen ehe der braun­schwei­gi­sche Minister Heinrich Bernhard Schrader von Schlies­tedt (1706–1773) etwa elf Hektar erwarb und einen ersten Garten anlegte. Es folgte 1778 der Engländer Roger von Drake als Eigen­tümer, der den Park zwischen­zeit­lich im engli­schen Stil umgestal­tete.

600 Bäume wurden gefällt

Karten­aus­schnitt der Stadt Braun­schweig mit Campes Garten, um 1835 Foto: gemein­frei

Als der heutige Haupt­bahnhof in den 1950er Jahren entstand, wurden umfang­reiche Umgestal­tungen im Umfeld erfor­der­lich. Von Viewegs Garten blieb zugunsten des Bahnhofs und der dreizü­gigen Kurt-Schuma­cher-Straße nur noch ein Rest übrig. Mehr als 600 Bäume wurden gefällt, die Gräber der Familie Campe auf den benach­barten Magnif­riedhof verlegt, die Villa Vieweg wie weitere 100 Häuser abgerissen und 1000 Bewoh­ne­rinnen und Bewohner umgesie­delt. Im Gegenzug wurde der Park im Osten und im Süden bis an den Berliner Platz erweitert. Der Haupt­bahnhof wurde 1960 als Durch­gangs­bahnhof eröffnet. Er ersetzte den Alten Bahnhof aus dem Jahr 1838, der als Sackbahnhof den modernen Erfor­der­nissen nicht mehr entsprach.

Ob das freilich die letzte gravie­rende Umgestal­tung der histo­ri­schen Garten­an­lage war, bleibt vor dem Hinter­grund der städte­bau­li­chen Überle­gungen zur sogenannten Bahnstadt ungewiss. Denn Viewegs Garten zählt zum Master­plan der 300 Hektar großen „inner­städ­ti­sche Poten­ti­al­fläche“, könnte in dem Zuge an Bedeutung gewinnen und als „grüne Lunge“ gegenüber dem Haupt­bahnhof aufge­wertet werden.

Ratsherr Detlef Kühn, Bezirks­bür­ger­meis­terin Jutta Plinke, Michael Grisko, Geschäfts­führer der Richard Borek Stiftung, und Umwelt­de­zer­nent Holger Herlit­schke geben die sanierten Wege in Viewegs Garten frei Foto: RBS

Der erste „Grünflä­chen­ver­trag“ zwischen Stadt und Richard Borek Stiftung wurde 1993 geschlossen. Ausgangs­punkt war seiner­zeit die geplante Bewerbung Braun­schweigs für die Landes­gar­ten­aus­stel­lung. Zur Bewerbung kam es seiner­zeit nicht, dafür hat die Förder­ver­ein­ba­rung mit der Richard Borek Stiftung bis heute Bestand. Bislang wurden dank der Koope­ra­tion 18 Projekte in Parkan­lagen und auf histo­ri­schen Fried­höfen in Braun­schweig reali­siert.

Weitere Projekte

Im Rahmen der fünften Verein­ba­rung werden wie aktuell am Löwenwall auch im Bürger- und im Prinzen­park sowie im Natur­schutz­ge­biet Riddags­hausen umfang­reiche Sanie­rungen vorge­nommen. Im Prinzen­park wird die Brunnen­an­lage am Prinz-Albrecht-Denkmal instand­ge­setzt (2025). Im Bürger­park geht es um die Wege um den Südteich. Und im Natur­schutz­ge­biet Riddags­hausen werden die Stationen „Rinder­pfad“, „Amphi­bi­en­pfad“ sowie der „Steg Schapen­bruch­teich“ restau­riert und an allen sieben Stationen die Schau­ta­feln erneuert.

Mehr zu Johann Heinrich von Campe: https://www.der-loewe.info/ein-fanatiker-der-franzoesischen-revolution

 

 

 

 

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