Beton statt filigranem Eisen­fach­werk

Ein bisschen zu groß geraten: Die Kurt-Schumacher-Straße und ihre Brücke über die Oker. Foto: Der Löwe
Ein bisschen zu groß geraten: Die Kurt-Schumacher-Straße und ihre Brücke über die Oker. Foto: Der Löwe

Braun­schweigs Brücken, Folge 11: Die Ottmer­brücke musste einem Neubau für die Kurt-Schuma­cher-Straße weichen.

Der Wunsch, aber auch die Notwen­dig­keit nach einer autoge­rechten Stadt haben das Stadtbild in den Nachkriegs­jahren geprägt – teilweise überdi­men­sio­niert. So entstand 1959/1960 die Brücke Kurt-Schuma­cher-Straße. Sie verbindet die Innen­stadt mit dem Haupt­bahnhof. Die Brücke 1959/60 ersetzte im Zuge des Neubaus der der Kurt-Schuma­cher-Straße die Ottmer­brücke. Das war eine reine Fußgän­ger­brücke, die die Passage von der Ottmer­straße zum Löwenwall ermög­lichte. Vorbei waren die Zeiten, in denen es um schöne Gestal­tung der Brücken ging. Bei der Beton­brücke Kurt-Schuma­cher-Straße ging es ausschließ­lich um Funktio­na­lität.

Heimat der Floßsta­tion

Heute ist sie einer großen Öffent­lich­keit auch von unten bestens bekannt. Denn am Fuß der Brücke hat sich die Floßsta­tion Braun­schweig angesie­delt. Von hier aus sind Oker-Floßfahrten möglich. Angeboten werden aber auch Tret- und Paddel­boote zur Ausleihe. Auf einer Tour auf den Okerum­flut­gräben sind alle Brücken vom Wasser aus zu entdecken. Aller­dings endet der östliche Umflut­graben am Wenden­wehr in einer Sackgasse.

„Schon 1882 erwog man an dieser Stelle der heutigen Kurt-Schuma­cher-Straße den Bau einer Straßen­brücke und nahm damit die Planungen der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg vorweg“, berichtet der renom­mierte Bauhis­to­riker und Stadt­teil­hei­mat­pfleger für die Innen­stadt, Elmar Arnhold. In Koope­ra­tion mit ihm stellt der „Der Löwe – das Portal der Braun­schwei­gi­schen Stiftungen“ die bedeu­tenden inner­städ­ti­schen Brücken in monat­li­cher Folge vor. Reali­siert wurden die Pläne jedoch nicht.

Holzbrücke für den Schüler­ver­kehr

Mit dem Abbruch der Ottmer­brücke, deren Entwurf nicht von dem seiner Zeit längst verstor­benen Baumeister Carl Theodor Ottmer stammte, sondern lediglich dessen Namen zur Erinne­rung trug, verschwand, so meint Arnhold, eine der bemer­kens­wer­testen Brücken Braun­schweigs. Sie wurde 1884/85 nach Plänen von Professor E. Häseler (Techni­sche Hochschule Braun­schweig) errichtet. Voran ging diesem Brückenbau eine 1876 gebaute Holzbrücke, die für den Schüler­ver­kehr der damals neu errich­teten Bürger­schule konzi­piert war.

Teile beim Staats­theater

Die Ottmer­brücke war als eiserne Dreige­lenk-Bogen­brücke mit zwei Pfeilern an den Fluss­ufern ausge­bildet. Für die sichel­för­migen Bögen und die waagrechten Brücken­träger (Oberbau) war eine Eisen­fach­werk-Konstruk­tion gewählt worden. Die Lasten des Oberbaus wurden über Stäbe auf die Bogen­träger abgeleitet, die an den Fußpunkten der Pfeiler auflagen und am Schei­tel­punkt gelenkig mitein­ander verbunden waren. Mit der Fertigung der Träger war die Braun­schweiger Firma Wilke beauf­tragt. Nach dem Abbruch der Brücke sind einige Brücken­träger in den Kulis­sen­ge­bäuden des Staats­thea­ters einge­la­gert worden.

Fakten Brücke Kurt-Schuma­cher-Straße:

Länge: 35,80 m
Breite: 51,00 m
Stütz­weite: 35,00 m
Sanierung: 2001 (neues Geländer)

Fotos

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