Startseite Heimat & Identität Der Burgplatz glänzt mit einer...

Der Burgplatz glänzt mit einer freien Interpretation

von

Braunschweigs Plätze, Folge 11: Die eindrucksvolle Kulisse des Burgplatzes mit Bauwerken aus unterschiedlichen Epochen ist über die Jahrhunderte Mittelpunkt der Stadt geblieben.

Ist es nicht eine große Freude, wenn bei Fernsehinterviews von Braunschweiger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Burgplatz als beeindruckendes Hintergrundbild gewählt wird. Das macht doch jede Braunschweigerin und jeden Braunschweiger stolz. Was für eine prächtige Visitenkarte für eine bundesweit noch immer zu Unrecht weit unterschätzte Stadt! Da stört es doch fast nicht, dass die Burg lediglich ein idealtypischer Neubau von Stadtbaurat Ludwig Winter (1843-1930) ist. Von 1887 bis 1906 wurde daran gebaut. Diese imposante Stadtansicht macht mächtig Eindruck. Und schließlich: Wer weiß außerhalb Braunschweigs schon, dass Heinrich der Löwe (1129-1195) in diesem Gemäuer nie residierte.

Aktuelle Ansicht auf Burg, Burglöwen und Dom. Foto: Stadtmarketing

Zeugnis des Historismus

„Die Burg Dankwarderode stellt eine freie Interpretation der von Winter initiierten Grabungsbefunde dar. Das Bauwerk ist somit auch mit seiner prächtigen Innenausstattung ein Zeugnis des Historismus. Der Arkadenübergang zum Dom bildet mit seinem Fachwerkaufbau eine pittoreske Komponente“, erläutert der renommierte Bauhistoriker und Stadtteilheimatpfleger Elmar Arnhold. Die sozusagen originale Burg war im Laufe der Jahrhunderte mehrfach umgestaltet worden. Ein Brand 1873 führte zehn Jahre später zum vollständigen Abbruch und machte den attraktiven Neubau möglich. Aus der Zeit Heinrichs des Löwen (1129-1195) stammen dagegen der Dom St. Blasii (1173-1226) und das Löwen-Monument (1166).

Blick auf das ehemalige Hauptgebäude der mittelalterlichen Burg nach dem Brand 1873. Der ehemalige Ferdinandsbau ist bereits abgerissen. Foto: Stadtarchiv

Gemeinsam mit Elmar Arnhold stellt „Der Löwe – das Portal für das Braunschweigische“ Braunschweigs Innenstadt-Plätze in monatlicher Folge vor. Die Serie basiert auf dem von ihm verfassten und von der Richard Borek Stiftung herausgegebenen Buch „Braunschweiger Plätze in Geschichte und Gegenwart“ (s.u.). Anlass für das Buch waren die Umgestaltungspläne für den Hagenmarkt. Herausgekommen ist ein attraktives Standardwerk.

Mittelpunkt der Stadt

Keinen Zweifel lässt Arnhold an der Bedeutung des Burgplatzes für Braunschweig. „Er ist über die Jahrhunderte Mittelpunkt der Stadt geblieben und bildet eine eindrucksvolle Kulisse mit Bauwerken aus unterschiedlichen Epochen“, lobt der Bauhistoriker. Burg, Dom und Löwe zählen nicht nur für ihn zu den Hauptsehenswürdigkeiten der Stadt. Zum stimmigen Ensemble gehören weiterhin das Veltheimische Haus, das Huneborstelsche Haus, das Vieweghaus, das Deutsche Haus und das Gebäude Burgplatz 1. Die heute selbstverständliche Pflasterung erfolgte übrigens erst wieder 1937. Zuvor war der Platz im Zuge des Burgneubaus für rund drei Jahrzehnte mit Rasenflächen und mit auf den Burglöwen zentrierten Wegen umgestaltet worden.

Blick auf (von links) Vieweghaus, Veltheimisches Haus und Huneborstelsches Haus, Ansichtskarte um 1910. Foto: Stadtarchiv

Die eigentliche Geschichte des Burgplatzes beginnt noch früher als zu Zeiten Heinrichs des Löwen. Bereits für das 11. Jahrhundert, so Arnhold, lägen gesicherte Erkenntnisse über eine Wasserburg vor. Sie war der Sitz des Adelsgeschlechts der Brunonen, denen die Stadt wohl ihren Namen verdankt. Heinrich der Löwe kam erst 1142 auf den Plan. Als er Herrschaft über das Herzogtum Sachsen erlangt hatte, wählte der Welfe Braunschweig als Residenz und ließ den alten Adelssitz zu einer monumentalen Burganlage ausbauen. Für Bauarbeiten an der Burg, die ähnlich der Kaiserpfalz in Goslar gestaltet wurde, sind keine Datierungen überliefert. Angenommen werden die späten 1160er oder frühen 1170er Jahre.

Kaiser im Dom beigesetzt

Der Dom wurde zu Lebzeiten Heinrichs des Löwen nicht vollendet. Nachdem 1189 bereits seine Gemahlin Mathilde im Dom beigesetzt worden war, fand der 1195 weitgehend entmachtete Herzog dort 1195 seine Grabstätte. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts erlangte die Burg als Herrschersitz von Kaiser Otto IV. (1175-1218) noch einmal überregionale Bedeutung. Auch der einzige welfische Kaiser des Heiligen Römischen Reichs wurde im Dom beigesetzt.

Das älteste Bauwerk auf dem Burgplatz ist das gerade sanierte Veltheimische Haus, in dem die Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg ihren Sitz hat. Es ist das einzig erhaltene Gebäude der sogenannten Adelshöfe und wurde 1573 als Fachwerkbau errichtet. Nicht mehr erhalten ist das Schulenburgsche Haus (1619). An seiner Stelle entstand das Deutsche Haus (1896/97). Das Fachwerk des Hotelneubaus zum Burgplatz sollte an den ehemaligen Schulenburgschen Adelshof erinnern.

Historische Fassade umgesetzt

Das Huneborstelsche Haus ohne die Schnitzfassade, 1955. Foto: Stadtarchiv

Für die danach noch existierende Baulücke zwischen Veltheimischen Haus und Deutschem Haus fand sich 1902 eine prächtige Lösung: Mit dem Huneborstelschen Haus wurde eines der bedeutendsten Fachwerkhäuser Braunschweigs am Sack abgetragen und seine reichhaltig geschnitzte Fassade sowie das historische Dachwerk in einem Neubau eingefügt. Während des Krieges war die die Frontfassade des umplatzierten Huneborstelschen Hauses abgebaut und vor Bombenangriffen geschützt in der Domäne Hessen aufbewahrt worden. Sie kehrte erst 1956 aus dem damals zur DDR gehörenden Gebiet zurück.

Nach dem Abbruch des ursprünglichen Burgtores auf der Westseite gab es Platz für weitere Gebäude Burgplatz 1. Zuerst entstand das frühklassizistische Bürgerhaus mit der Anschrift Burgplatz 1 (1798) und dann ihm gegenüber das imposante Gebäude des Verlegers Friedrich Vieweg, das wohl von David Gilly, einem bedeutenden Baumeister des Berliner Klassizismus entworfen wurde. Heute ist in dem Bauwerk das Braunschweigische Landesmuseum (seit 1985) untergebracht. Aktuell wird dort voraussichtlich bis 2027saniert.

Fakten:

Braunschweiger Plätze in Geschichte und Gegenwart
128 Seiten
Herausgeber: Richard Borek Stiftung
Autor, Inhalt und Gestaltung: Elmar Arnhold
Herstellung: Druckerei Häuser KG, Köln
ISBN 978-3-9823115-0-0
Preis: 12,90 Euro

 

Bilboard 2 (994x118 px)