Der Duft von Honig­ku­chen und exoti­schen Gewürzen

Weihnachtsmarkt Braunschweig
Weihnachtsmarkt Braunschweig

Den Braun­schweiger Weihnachts­markt gibt es seit mehr als 500 Jahren.

Der Braun­schweiger Weihnachts­markt hat sich in den vergan­genen Jahrzehnten zu einem Ereignis entwi­ckelt, das Strahl­kraft über die Region hinaus hat. Nicht nur sein Standort rund um Burglöwen und Dom macht seinen beson­deren Reiz aus. Neben den Ständen mit Kunst­hand­werk, mit Nahrhaftem und dem nicht wegzu­den­kenden Glühwein, bietet er ein abwechs­lungs­rei­ches kultu­relles Rahmen­pro­gramm – und das seit Jahrhun­derten.

Denn die Tradition des Braun­schweiger Weihnachts­marktes reicht ins Jahr 1505 zurück und ist damit bereits 508 Jahre alt. 1505 hat Maximi­lian I., der spätere deutsche Kaiser, der Stadt das Recht verliehen, einen Jahrmarkt zur Weihnachts­zeit zu veran­stalten. Der Habsburger war 1486 in Frankfurt zum deutschen König gewählt worden und hatte damit das Privileg, Markt­rechte zu verleihen.

Die Urkunde im Stadt­ar­chiv, verfasst auf Pergament und mit kaiser­li­chem Siegel versehen, gestattet der Stadt Braun­schweig die Veran­stal­tung zweier Märkte. Beide Märkte durften zehn Tage lang dauern. Das war für die damalige Zeit sehr lang. Die Termine für die Märkte waren unver­rückbar, da sie mit denen der andern Messe­städte abgestimmt waren.

Den Beginn des einen Jahrmarktes schrieb das kaiser­liche Dekret für Christi Himmel­fahrt fest, den des anderen auf Mariä Empfängnis, also auf den 8. Dezember. Damit hatte Braun­schweig einen Markt in der Vorweih­nachts­zeit, einer Zeit, in der in der Stadt ausge­las­senes Treiben herrschte. Schüler zogen verkleidet durch die Stadt und trieben allerlei Schaber­nack. Andere zogen als Weihnachts­sänger von Haus zu Haus.

In diese Zeit fiel von 1505 an der erste neue Weihnachts­markt, der auf dem Altstadt­markt abgehalten wurde. Auf diesen Märkten wurden Waren aller Art gehandelt. Da die Kaufleute mit freiem Geleit in die Messe­städte des Mittel­al­ters gelangten, wurden in ihnen die nicht nur regionale Produkte angeboten, sondern es kamen Kaufleute aus dem Süden mit Seide aus Italien, aus Hamburg und Antwerpen kamen Tuche aus England die Koloni­al­waren aus Übersee, also auch exotische Gewürze mit ihrem verfüh­re­ri­schen Duft wie Pfeffer, Ingwer, Nelken, Muskat und ähnliche.

Solch wertvolle Gewürze waren Zutat, für ein Produkt, für das Braun­schweig nicht nur im Mittel­alter berühmt war, und das auf Märkten wie dem Weihnachts­markt gehandelt wurden: Honig­ku­chen. Aufgrund seiner exoti­schen Zutaten gehörten sie zu den wertvollsten Feier­tags­back­werken. Es gab aller­dings auch preis­güns­tige Varianten, bei denen auf das exotische Beiwerk verzichtet wurde. Egal welche Variante: Der Genuss dieses Gebäcks macht glücklich und bringt so manchen dazu, zu “grinsen wie ein Honig­ku­chen­pferd”.

Seit dem 16. Jahrhun­dert hatte sich diese Backkunst in Braun­schweig entwi­ckelt und machte die Stadt damit zu einer der Honig­ku­chen-Metro­polen, zu denen auch unter anderen auch Messe­plätze wie Nürnberg, Aachen und Dijon gehörten. Die Kuchen wurden von beson­deren Honig­ku­chen­bä­ckern gebacken.

Während auswär­tige Kaufleute Wein mit auf die Märkte brachten, genossen sie in Braun­schweig die im Mittel­alter berühmte Mumme. Die war damals noch nicht alkohol­frei, und vor allem in Nord- und Westeu­ropa sehr gefragt.

Außer Honig­ku­chen und Mumme gehörten auch Spezia­li­täten zum vorweih­nacht­li­chen Angebot für das üppige Festmahl wie das “Martze­bahn”, das sich wegen der teuren Zutaten nur wohlha­bende Bürger leisten konnten. Das Rezept aus dem 16. Jahrhun­dert ist im Kochbuch “Kunstbuch von mancherley Essen” des Braun­schweiger Hofkochs Frantz de Rontzier überlie­fert, das 1598 erschien und in dem auch gleich drei Rezepte für den schon erwähnten Honig­ku­chen zu finden ist:

Honnig Kuchen
Honnig macht man heiß, vermi­schets mit Weizen­mehl, arbeitet es mit Weitzen­k­leien durch und macht Kuchen daraus.
2. Man läutert Honnig, arbeitet es mit Mehl, Negelein und Zucker, macht dar Kuchen von.
3. Man läutert Honnig, vermi­schets mit Mehl, zerschnitten Ingber, der zuvor in Wasser gesotten, gantzen und zerstossen Musca­ten­blume und Zucker und macht Kuchen davon.

Der Begriff “Negelein” steht für Nelken, ein Gewürz, das wie Ingwer und Muscat von den Händlern aus dem Süden auf die Märkte gebracht wurden.

In den folgenden Jahrhun­derten entwi­ckelte sich der weihnacht­liche Markt immer mehr vom Handels­markt hin zum reinen Weihnachts­markt. Sein Besuch gehörte für Kinder und Erwach­sene einfach zur Einstim­mung auf das Fest – wie noch heute. Neben den schon erwähnten Honig­ku­chen und Figuren daraus – zum Beispiel dem schon erwähnten Honig­ku­chen­pferd – gab es kleine Männchen aus Dörrobst, die im Braun­schwei­gi­schen Bratjen­kerls hießen. An den Ständen wurden Äpfel und Nüsse verkauft und für Kinder gab es kleine Spiel­zeuge aus Ton. Und von Anfang des 18. Jahrhun­derts an wurden die ersten Weihnachts­bäume auf den Märkten gesichtet. Anfang Dezember 1790 bot ein Inserat in den “Braun­schweiger Anzeigen”. Die Offerte: “…einige Kiepen Hohen Buchsbaum zu Weihnachts­bäumen für Kinder zu gebrau­chen.”

Der neue Brauch, zum Fest einen geschmückten Baum durch Kerzen zu erleuchten, verbrei­tete sich so rasant, dass 1810 die “Notbremse” gezogen werden musste. In Braun­schweig, das damals unter franzö­si­scher Besatzung stand, verbot der Präfekt des Oker-Depar­te­ments den Verkauf von Weihnachts­bäumen, da die Fichten­scho­nungen geplün­dert worden waren, von größeren Bäumen aus der Krone der passende Christ­baum heraus gesägt worden war. Ein Dekret von 1812 erinnert dringlich an dieses Verbot: “Bei dem bevor­ste­henden Weihnachts-Markte wird von hiesiger Präfektur bereits unter dem 1ten Dezember 1810 erlassene Verbot des Verkaufs junger Tannen oder sogenannte Weihnachts­bäume hierdurch in Erinne­rung gebracht.”

Doch die Dekrete der Franzosen konnten den Sieges­lauf des Weihnachts­baums nicht stoppen, so sah sich die herzog­liche Polizei-Direktion 1826 nach Abzug der Franzosen genötigt, wegen der “Beschä­di­gungen und Verwüs­tungen der Tannen-Gehege” erneut ein Verbot auszu­spre­chen. Fortan durften nur Weihnachts­bäume auf gehandelt werde, die ein polizei­li­ches Unbedenk­lich­keit-Siegel trugen.

Der Tannen­baum erfreute sich in den kommenden Jahrhun­derten trotz aller Verbote wachsender Beliebt­heit – wie die Weihnachts­märkte. Die zogen in der Stadt mehrmals um. Vom Altstadt­markt, auf dem er 1505 gestartet war fand er später auf dem Kohlmarkt und dann auf dem Hagen­markt statt, bis zum heutigen Standort rund um Dom und Burglöwen, einen Ur-Braun­schweiger Ort.

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