Die deutsche Eiche ist in Gefahr

Arbeitskreisleiterin Sylke Freudenthal und SBK-Revierförster Burkhard Röker begutachten den Wald in Kampstüh bei Lehre. Foto: Andreas Greiner-Napp/SBK
Arbeitskreisleiterin Sylke Freudenthal und SBK-Revierförster Burkhard Röker begutachten den Wald in Kampstüh bei Lehre. Foto: Andreas Greiner-Napp/SBK

Arbeits­kreis Umwelt und die Stiftungen, die Wald als Immobi­li­en­be­sitz bewirt­schaften, disku­tierten in Braun­schweig das Spannungs­feld Nutz‑, Schutz- und Erholungs­funk­tion des Stiftungs­waldes.

Der Arbeits­kreis Umwelt und die Stiftungen, die Wald als Immobi­li­en­be­sitz bewirt­schaften machen sich Sorgen um den Erhalt der Eiche in deutschen Wäldern. „Wenn wir die natur­schutz­fach­lich wichtige Baumart Eiche in einem nennens­werten Umfang erhalten wollen, dann bedarf es forst­li­chen Handelns, sonst verlieren wir sie“, fasst Burkhard Röker, Revier­leiter der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz, die vorherr­schende Meinung der 70 Teilneh­me­rinnen und Teilnehmer der Fachta­gung „Stiftungs­wald im Spannungs­feld von Nutz‑, Schutz und Erholungs­funk­tion“ zusammen. Die zweitä­gige Veran­stal­tung fand auf Einladung der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz (SBK) und der Stiftung Zukunft Wald in Braun­schweig statt. Der Arbeits­kreis Umwelt bietet im Bundes­ver­band Deutscher Stiftungen seit 1997 eine Plattform für Umwelt­stif­tungen.

Im Rahmen der Tagung wurde disku­tiert, ob die in Deutsch­land prakti­zierte multi­funk­tio­nale Forst­wirt­schaft dem Trippel­mandat des Waldes mit Nutz‑, Schutz- und Erholungs­funk­tion gerecht werden kann. Wie viel Natur­schutz im Wald ist für die Biodi­ver­sität notwendig und wie viel Wirtschafts­wald wird benötigt, um den nachwach­senden Rohstoff Holz in erfor­der­li­chem Maß bereit­stellen zu können.

Um dieses Spannungs­feld anschau­lich zu machen, hatten die Organi­sa­toren der Tagung hochka­rä­tige Referen­tinnen und Referenten nach Braun­schweig einge­laden. Prof. Dr. Christian Ammer von der Georg-August-Univer­sität in Göttingen und Dr. Peter Meyer von der Nordwest­deut­schen Forst­li­chen Versuchs­an­stalt hielten die Haupt­im­pulse und beschrieben den Spannungs­bogen zwischen Waldbe­wirt­schaf­tung und Biodi­ver­sität. Eines machten die Experten deutlich: „Es gibt keine einfachen Lösungen und die multi­funk­tio­nale Forst­wirt­schaft, wie sie in Deutsch­land betrieben wird, ist ein guter Ansatz, die Biodi­ver­sität im Wald zu fördern. Wenn die unbewirt­schaf­teten Wälder, die auf der Grundlage der deutschen Biodi­ver­si­täts­stra­tegie aus der Nutzung genommen sind, als ergän­zende Kompo­nente zum Wirtschafts­wald hinzu­komme, bestehe eine gute Chance, eine hohe Biodi­ver­sität im Wald zu erhalten. Wie viel Wald die Gesell­schaft für die Biodi­ver­sität aus der Nutzung nimmt, sei mit einer wissen­schaft­li­chen Begrün­dung nicht festzu­setzen. Dieses bedarf eines gesell­schaft­li­chen Diskurses.

Im Rahmen der Tagung fand eine Exkursion  in den Kampstüh bei Lehre und in den Wald der SBK in Querum statt. lm Kampstüh wurde der Unter­schied zwischen Wirtschafts­wald und unbewirt­schaf­tetem Wald aus dem Portfolio der Natur­er­be­flä­chen, betreut von der Deutschen Bundes­stif­tung Umwelt (DBU), deutlich. Augen­fällig war der Totholz­reichtum der unbewirt­schaf­teten Waldfläche mit entspre­chenden Lebens­räumen für auf Totholz angewie­sene Tiere und Pflanzen. Es sei jedoch davon auszu­gehen, dass auch die existie­renden, sehr alten Eichen im Kampstüh das Ergebnis mensch­li­chen Handelns im Mittel­alter waren, so Röker. Schon damals wussten die Menschen Hutewälder für die Mast der Schweine, Rinder und Ziegen gezielt anzulegen. Die Forst­kol­legen der Nieder­säch­si­schen Landes­forsten zeigten auf den angren­zenden Flächen des Forst­amtes Wolfen­büttel, wie sie die Eiche bewirt­schaften. Um die Habitat­kon­ti­nuität der Eiche zu gewähr­leisten, pflanzen sie auf etwa einem Hektar großen Waldlö­chern junge Eichen und erhalten auf angren­zenden Flächen alte Eichen, auch über ihren wirtschaft­li­chen Nutzungs­zeit­punkt hinaus.

Es bestehe wenig Hoffnung, so die Forst­leute unter den Tagungs­teil­neh­mern, dass sich die zurzeit verstärkt sichtbare Eichen­ver­jün­gung gegen die konkur­renz­stär­kere Buche durch­setzt. Die Bundes­wald­in­ven­turen zeigen, dass sich bundes­weit Eichen­flä­chen zugunsten der Buche deutlich verrin­gern. „Die natür­liche Vegeta­tion in unseren Breiten wäre der Buchen­wald. Die Buche ist recht anspruchslos, sie wächst im Vergleich zur Eiche schnell und verjüngt sich alleine. Das kommt der Forst­wirt­schaft entgegen“, erläutert Röker.

Die Eiche hingegen verlange hohe Inves­ti­tionen bei der Verjün­gung und wird im Vergleich zur Buche nur langsam dick. „Eine teure gesicherte Eichen­kultur belastet das Betriebs­er­gebnis eines Forst­be­triebes angesichts einer 180 jährigen Umtriebs­zeit deutlich stärker als ein natürlich verjüngter Buchen­be­stand mit geringem finan­zi­ellen Input“, schildert der SBK-Revier­förster die Proble­matik. Die Ertrags­er­war­tungen von Stiftungen, die den Wald als Stiftungs­ka­pital übertragen bekommen haben, um daraus Erträg­nisse für die Erfüllung des Stiftungs­zwe­ckes zu generieren, seien bei der Holzpro­duk­tion aber andere.

Im Stiftungs­wald in Querum präsen­tierte SBK-Förster Röker ein Vertrags­na­tur­schutz-Projekt zwischen der Stadt Braun­schweig und der Stiftung. „Ein solches Projekt kann nur gelingen, wenn sich beide Vertrags­par­teien auf Augenhöhe begegnen und einander vertrauen”, nannte Röker die Zusam­men­ar­beit beispiel­ge­bend.

Elisabeth Hüsing, Direk­torin der Stiftung Zukunft Wald (Landes­forsten-Stiftung) erläu­terte ihren Stiftungs­auf­trag „Wald und Kinder –  neue Wege der Motiva­ti­ons­bil­dung.” Besucht wurde der Schulwald gegen den Klima­wandel der Raabe­schule. Seit 2013 nimmt das Gymnasium mit einem eigenen Schulwald an der Oker (hinter dem Abenteu­er­spiel­platz Melverode) an dem Projekt „Schul­wälder gegen Klima­wandel – Schul­wälder für Genera­tionen“ der Stiftung Zukunft teil. Schüle­rinnen und Schüler könnten sich vor Ort und praktisch für Wald‑, Umwelt- und Klima­schutz einsetzen, sagte Elisabeth Hüsing. Aktuell gibt es in Nieder­sachsen 60 Schul­wälder, an denen 110 Schulen mit insgesamt 60.000 Schüle­rinnen und Schüler beteiligt sind.

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