Ein irritie­render Schelm

Till Eulenspiegel als Puppe. Foto: Meike Buck
Till Eulenspiegel als Puppe. Foto: Meike Buck

Unter dem Motto „Überra­schen! Irritieren! Wider­spre­chen!“ hat das Till Eulen­spiegel-Museum in Schöp­pen­stedt seine neue Dauer­aus­stel­lung eröffnet. Sie zeigt den Narren von seiner bunten, vielfäl­tigen und unbekannten Seite.

„Eulen­spiegel lässt sich nicht zwischen Wände sperren, nicht festlegen und in Schub­laden packen“, sagt Axel Richter, Geschäfts­führer der Braun­schwei­gi­schen Stiftung. Und trotzdem versucht es das kleine Museum in Schöp­pen­stedt. Wie beim Narren aus Kneit­lingen blitzt in der neuen Ausstel­lung an verschie­denen Stellen der Schalk durch. Seit der ersten Stunde hat die Stiftung die Umgestal­tung gefördert. „Es ist ein Heimspiel für uns“, sagt Richter. „Ein Thema, das nie enden wird und das auch mal ungewöhn­liche Wege erfordert.“ Wie die Sammel­ak­tion der Kornkorken, die die Stiftung zur Finan­zie­rung des Museums 2013 gestartet hatte.

Von der ersten Idee der Umgestal­tung bis zur Eröffnung sind fünf Jahre vergangen – und auch dabei hatte wohl Eulen­spiegel mehr als einmal seine Hand im Spiel. Ein histo­ri­sches Gebäude auf technisch aktuellen Stand zu bringen, war eine Heraus­for­de­rung. Zwei Mal musste die Eröffnung verschoben werden und nicht nur die Förderer und Unter­stützer brauchten viel Durch­hal­te­ver­mögen. Neben der Braun­schwei­gi­schen Stiftung unter­stützten die Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz, die Stiftung Zukunfts­fonds Asse, die Curt Mast Jäger­meister Stiftung, die Nieder­säch­si­sche Sparkas­sen­stif­tung und die Arbeits­ge­mein­schaft Litera­ri­scher Gesell­schaften und Gedenk­stätten finan­ziell und ideell.

Im Mittel­punkt der Ausstel­lung stehen – natürlich – Till Eulen­spiegel und seine 96 Historien. Doch sie zeigt dem Besucher auch unbekannte Seiten des Narren, getreu dem Motto „Überra­schen! Irritieren! Wider­spre­chen!“. Die Geschichten wurden bereits im 16. Jahrhun­dert unter dem Titel „Ein kurtz­weilig lesen von Dil Ulenspiegel, geboren vß dem land zu Brunßwick, wie er sein leben volbracht hat“ aufge­schrieben, vermut­lich von dem Braun­schweiger Zollschreiber Hermann Bote. Nach der Überlie­fe­rung wurde Eulen­spiegel im Jahre 1300 in Kneit­lingen am Elm geboren. Durch die Länder ziehend spielte er Bauern und Bürgern, Armen und Mächtigen Streiche. Heute ist es eines der bedeu­tendsten litera­ri­schen Werke des nieder­säch­si­schen Raumes und wurde in mehr als 280 Sprachen übersetzt.

Maler, Zeichner, Bildhauer, Schrift­steller, Musiker und Filme­ma­cher waren faszi­niert von den Narren­ge­schichten. Sogar die Porzel­lan­ma­nu­faktur Fürsten­berg verkaufte Eulen­spiegel-Figuren. Doch die Gestalt war auch Projek­ti­ons­fläche für verschie­dene politi­sche Ideen. So wurde der Kneit­linger Narr zur Symbol­figur der Flamen im Freiheits­kampf gegen die spanische Besatzung. Und als nach dem Bomben­an­griff auf Braun­schweig im Zweiten Weltkrieg der Eulen­spiegel-Brunnen auf dem Bäcker­klint unver­sehrt blieb, nahmen die natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Macht­haber es als Zeichen. Im Namen Eulen­spie­gels riefen sie die Bevöl­ke­rung zum Durch­halten gegen die Alliierten auf.

Der Anspruch von Charlotte Papendorf, der Leiterin des Museums, und ihrem Team ist, alle Inhalte der Ausstel­lung für alle Menschen mit ganz unter­schied­li­chen Voraus­set­zungen zugäng­lich zu machen. Der inklusive Gedanke zieht sich als roter Faden durch die Ausstel­lung. Die Texte sind in Englisch, in leichte Sprache und in Braille­schrift übersetzt. Viele Hörsta­tionen laden ein, sich die Geschichten des Schelms erzählen zu lassen. Wer mehr wissen will, kann sich einen „digital guide“, eine Art Tablet, ausleihen. Dort stehen verschie­dene Führungen zur Auswahl, u.a. eine für Kinder, und viele Hinter­grund­in­for­ma­tionen, Fotos und Audio­da­teien.

Die neue Ausstel­lung ist bunt, so bunt wie die Figur Eulen­spiegel. Die archi­tek­to­ni­sche Gestal­tung eröffnet immer wieder neue, unerwar­tete Blick­winkel, Ausblicke und Einblicke.

Infor­ma­tionen

Till Eulen­spiegel-Museum
Nordstraße 4a
38170 Schöp­pen­stedt
www.eulenspiegel-museum.de

Öffnungs­zeiten

Dienstag bis Freitag, 14 bis 17 Uhr
Samstag und Sonntag, 11 bis 17 Uhr

Fotos

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