Ein nicht ganz sorgen­freies Jubiläum

Einband des aktuellen Braunschweigischen Jahrbuchs.
Einband des aktuellen Braunschweigischen Jahrbuchs.

Braun­schwei­gi­scher Geschichts­verein hat sein 100. Jahrbuch für Landes­ge­schichte vorgelegt.

Nachdem der Braun­schwei­gi­sche Kalender seit 2017 nicht mehr erscheint, ist das Jahrbuch des Braun­schwei­gi­schen Geschichts­ver­eins das tradi­ti­ons­reichste Periodikum in der Region. Aktuell ist das 100. Jahrbuch für Landes­ge­schichte erschienen. Enthalten sind wie seit jeher wissen­schaft­liche Aufsätze an der Nahtstelle zwischen Forschung und Vermitt­lung. Der Braun­schwei­gi­sche Kalender hatte eher journa­lis­ti­sche Beiträge zum Inhalt und war der älteste konti­nu­ier­lich erschei­nende Kalender im deutsch­spra­chigen Raum. Er wurde seit 1650 im Joh. Heinr. Meyer Verlag heraus­ge­geben.

Platz für Forschungs­er­geb­nisse

„Ein histo­ri­scher Verein braucht ein periodi­sches Veröf­fent­li­chungs­organ, um Forschungs­er­geb­nisse zu publi­zieren, zu disku­tieren und neue Forschungen anzuregen“, sagt Brage bei der Wieden, Vorsit­zender des Braun­schwei­gi­schen Geschichts­ver­eins und Stand­ort­leiter des Nieder­säch­si­schen Landes­ar­chivs Wolfen­büttel. Das Braun­schwei­gi­sche Jahrbuch wird im Selbst­verlag des Vereins heraus­ge­geben.

In seinem Rückblick auf 100. Ausgaben schließt Bei der Wieden mit kritisch-sorgen­vollem Blick auf das Braun­schwei­gi­sche Jahrbuch: „Die sinkende Mitglie­der­zahl des Geschichts­ver­eins und die Erwar­tungen einer zunehmend digitalen Umwelt zwingen dazu, über neue Publi­ka­ti­ons­formen nachzu­denken. Wahrschein­lich werden auch die Grenzen des behan­delten Raumes weiter verblassen. Das könnte zu einer weniger histo­risch-adminis­trativ als geogra­fisch begrün­deten Neuaus­rich­tung führen.“ Da jedoch auch weiterhin Geschichte sich in der Region ereignet und von Menschen für ihre Identi­fi­ka­tion genutzt werden wird, bleibe ein Periodikum wie das Braun­schwei­gi­sche Jahrbuch auch in Zukunft unver­zichtbar.

Spannend und nicht zu wissen­schaft­lich

Beleg dafür sind fraglos die in der aktuellen Ausgabe behan­delten Themen. Da unter­nimmt Martin Fimpel den Versuch, Ordnung in die Namens­ge­bung des Landes Braun­schweig zu bringen, beschreibt Simon Siemi­a­nowski das Verhältnis der fünf Weich­bilde auf dem Weg zur Gesamt­stadt um 1300 zuein­ander oder beleuchtet Sonja Bulla den Kompe­tenz­streit zwischen der Stadt Braun­schweig und Herzog Heinrich dem Jüngeren vor dem Hinter­grund der beiden Hexen­pro­zesse gegen Anna Durmeiger und Margareta Bernd Meiger (1565). Spannend und nicht zu wissen­schaft­lich aufge­schrieben.

Diesmal sind insgesamt 270 Seiten Histo­ri­sches aus dem Braun­schwei­gi­schen zusam­men­ge­kommen. Im Kern sind es acht umfang­reiche Aufsätze. Dazu kommen fünf kürzere Beiträge und eine erhel­lende Dokumen­ta­tion über Braun­schweig in der freien Online-Enzyklo­pädie Wikipedia.

Schrif­ten­tausch mit 205 Insti­tu­tionen

Das Jahrbuch 2020 ist in der Buchhand­lung Graff für 25 Euro erhält­lich. Die Mitglieder des Geschichts­ver­eins erhalten es kostenlos. Das Jahrbuch gelangt im Schrif­ten­tausch an 205 Insti­tu­tionen im In- und Ausland, darunter die Akademien der Wissen­schaften in Göttingen, München, Stockholm und Prag und die Bodlein Library in Oxford.

Das erste Jahrbuch des Braun­schwei­gi­schen Geschichts­ver­eins kam 1902 erstmals als wissen­schaft­li­ches Organ für die Geschichte des Landes Braun­schweig heraus. Ein Jahr zuvor war der Verein gegründet worden. Er hat aktuell mehr als 400 Mitglieder. Neben dem Jahrbuch werden Schrif­ten­reihen veröf­fent­licht, Vorträge und Führungen veran­staltet sowie Exkur­sionen angeboten.

18 Mal nicht erschienen

Lediglich von 1916 bis 1922 wegen des Ersten Weltkriegs und seiner Folgen, von 1943 bis 1949 wegen des Zweiten Weltkriegs und seiner Folgen sowie aus unter­schied­li­chen Gründen 1915, 1928, 1932 und 1939 erschien das Jahrbuch nicht.

Während der NS-Zeit war dem Geschichts­verein die Verant­wor­tung für das Jahrbuch aus der Hand genommen worden. Die „Braun­schwei­gi­sche Landes­stelle für Erfor­schung und Pflege der Heimat“, in der alle histo­ri­schen und heimat­kund­li­chen Bestre­bungen zusam­men­ge­fasst wurden, übernahm die Heraus­gabe. Das Jahrbuch erschien von 1940 bis 1943 als Publi­ka­tion dieser Landes­stelle in Zusam­men­ar­beit mit dem Braun­schwei­gi­schen Geschichts­verein, dem Braun­schwei­gi­schen Landes­verein für Heimat­schutz, dem Braun­schweiger Verein für Sippen­for­schung und dem Verein für Natur­wis­sen­schaft.

Die Bände von 1902 bis 2006 sind digital einzu­sehen unter: https://publikationsserver.tu-braunschweig.de/receive/dbbs_mods_00064800

Fakten:

  • Vorstand des Braun­schwei­gi­schen Geschichts­ver­eins:
    Vorsit­zender: Brage Bei der Wieden
    Stellv. Vorsit­zende: Annette Boldt-Stülze­bach
    Schatz­meister: Sascha Köckeritz
    Geschäfts­führer: Werner Arnold
  • Ehren­mit­glieder: Dr. Horst-Rüdiger Jarck, Dr. Manfred R. W. Garzmann
  • Beirat: Sandra Donner, Manfred Grieger, Birgit Hoffmann, Christian Lippelt, Jochen Luckhardt, Heike Pöppel­mann, Thomas Scharff, Matthias Steinbach, Henning Stein­führer

Kontakt:

Braun­schwei­gi­scher Geschichts­verein e. V.
Forstweg 2 (Landes­ar­chiv)
38302 Wolfen­büttel

Telefon: 05331–935245 (9.30 – 13.30 Uhr)
Internet: www.bs-gv.de

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