Ein Taschen­messer für die Minispieluhr

Blick in den Eingangsbereich. Foto: MMM
Blick in den Eingangsbereich. Foto: MMM

Braun­schweigs Museen, Folge 11: Das Museum für mecha­ni­sche Musik­in­stru­mente in Königs­lutter besitzt dank der Sammlung Carlson inter­na­tio­nales Format.

Der flüchtige Passant vermutet nicht, dass gegenüber dem Kaiserdom in Königs­lutter ein derart bedeu­tendes Museum verborgen ist. Tatsache ist jedoch, dass das Museum für mecha­ni­sche Musik­in­stru­mente (MMM) Königs­lutter über eine Sammlung von inter­na­tio­nalem Rang verfügt. Von der guten alten Drehorgel bis hin zu aufwen­digsten Repro­duk­ti­ons­flü­geln, von der allseits bekannten Musikbox bis hin zu kostbar verzierten Spiel­uhren ist dort in sehr schöner Präsen­ta­tion alles zu finden, was eben mecha­nisch musiziert.

Zeitreise in die 1920er-Jahre

Der 3. Oktober bietet sich von 11 bis 16 Uhr übrigens für einen Besuch an. In stünd­li­chen Erleb­nis­füh­rungen bringen eine Dame der „besseren Gesell­schaft“, ein Bohemien und ein Drehor­gel­spieler den Gästen die goldenen 1920er-Jahre näher. Im Dom Café kann die Zeitreise fortge­setzt werden. Die Führung kostet 5 Euro. Jede Gruppe besteht den Corona-Hygie­ne­re­geln entspre­chend aus maximal zehn Personen. Die Anmeldung kann im Vorfeld telefo­nisch (Tel. 05353/ 918 464), aber auch vor Ort erfolgen. Mund-Nasen­schutz ist erfor­der­lich, kann auch an der Rezeption erworben werden.

Sammlung Carlson als Grund­stock

Auswahl von Tischdrehorgeln. Foto: MMM
Auswahl von Tisch­dreh­or­geln. Foto: MMM

„Das Gros der gezeigten Exponate stammt aus der ehema­ligen Sammlung des früheren Braun­schweiger Textil­kauf­manns Jens Carlson“, berichtet Museums­lei­terin Britta Edelmann. Mit Hilfe der Stadt Königs­lutter am Elm, des Landkreises Helmstedt, der Kultur­stif­tung der Länder, der Beauf­tragten der Bundes­re­gie­rung für Kultur und Medien, der Museums­stif­tung Baden-Württem­berg und der Stadt wurde sie als es notwendig wurde für die Öffent­lich­keit gesichert.

Mehr als 200 Objekte der Sammlung, die wegen ihrer heraus­ra­genden Stellung auf der Liste des national wertvollen Kultur­gutes stand, sind seit 2005 im Museum für mecha­ni­sche Musik­in­stru­mente in Königs­lutter ausge­stellt. Weitere rund 100 Exponate sind als Abteilung des Badischen Landes­mu­seums auf Schloss Bruchsal im 2003 extra dafür gegrün­deten Deutschen Musik­au­to­maten Museum zu sehen.

Ein Gang durch das Museum in Königs­lutter infor­miert über die Entwick­lung mecha­ni­scher Musik­in­stru­mente in den vergan­genen 250 Jahren. Das kleinste der insgesamt 242 Objekte des Museums ist eine Minia­tur­spieluhr. Sie misst gerade mal 1,5 mal 1,5 Zenti­meter. Das größte Exponat ist eine Karus­sell­orgel mit den Maßen 3 mal 4 Meter.

Taschen­messer gegen Spieldose

Im 19. Jahrhun­dert eroberten mecha­ni­sche Musik­in­stru­mente nicht nur private Salons und Vergnü­gungs­eta­blis­se­ments, sondern auch die Jahrmärkte und die Straßen der Städte. Jens Carlson, Jahrgang 1941, war schon als Kind von Musik­au­to­maten wie Spiel­dosen, Leier­kästen und Jahrmarkt­or­chestrien faszi­niert. Er tauschte, so heißt es in einer Infor­ma­tion der Kultur­stif­tung der Länder, bereits als Zwölf­jäh­riger ein Taschen­messer gegen eine Platten­spiel­dose und legte damit den Anfang für seine bemer­kens­werte Sammlung.

Mitte der 1970er Jahre hatte Carlson bereits eine derart umfang­reiche Sammlung zusam­men­ge­tragen, dass sie drei histo­ri­sche Fachwerk­häuser in der Braun­schweiger Innen­stadt füllte. Nachdem sich Carlson aus seiner beruf­li­chen Tätigkeit zurück­ge­zogen hatte, siedelte er mit seiner Sammlung nach Königs­lutter um, ehe er sie schließ­lich verkaufte.

Der Klang begeis­tert

Die große Karussellorgel wird auch am 3. Oktober zu hören sein. Foto: MMM
Die große Karus­sell­orgel wird auch am 3. Oktober zu hören sein. Foto: MMM

Ein geführter Rundgang durch die Dauer­aus­stel­lung klärt über alle wesent­li­chen Fragen zu mecha­ni­schen Musik­in­stru­menten auf. Was genau ist eigent­lich eine Stumm­film­orgel? Gab es Drehor­geln wirklich nur in „Zilles Milieu“? Wie funktio­niert ein Orches­trion? Was ist der Unter­schied zwischen einem Grammo­phon und einem modernen Platten­spieler? Übersicht­liche Infor­ma­tionen zur Funkti­ons­weise und Geschichte der mecha­ni­schen Musik­in­stru­mente sind für den inter­es­sierten Besucher gut verständ­lich aufbe­reitet.

Viele der ausge­stellten Musik­in­stru­mente sehen zwar auch schon beein­dru­ckend aus, ihre volle Wirkung entfalten sie aber erst dann, wenn sie spielen. Während der regel­mäßig statt­fin­denden Führungen werden den Besuchern daher auch viele unter­schied­liche Klang­er­leb­nisse ermög­licht.
Das Museum wird getragen von der Stiftung „Museum mecha­ni­scher Musik­in­stru­mente Königs­lutter am Elm“.

Kontakt:

Museum Mecha­ni­scher Musik­in­stru­mente
Vor dem Kaiserdom 3–5
38154 Königs­lutter am Elm

Telefon: 05353 918–464
E‑Mail: museum@koenigslutter.de
Internet: www.museen-koenigslutter.de

Öffnungs­zeiten:

  • Dienstags – sonntags: 11 – 17 Uhr
  • Gruppen­füh­rungen: nach Verein­ba­rung
  • Öffent­liche Führungen: samstags und sonntags jeweils um 11.30 und 15.00 Uhr

Eintritt:

  • Erwach­sene: 3,50 Euro + 1 Euro Führung
  • Kinder bis 14 Jahre: 2 Euro inkl. Führung
  • Gruppen ab 20 Personen: 3 Euro pro Person inkl. Führung
  • Behin­derte: 3 Euro

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