Eulen­spie­gel­brunnen ins rechte Licht gerückt

Der Eulenspiegelbrunnen heute. Foto: Stadtarchiv
Der Eulenspiegelbrunnen heute. Foto: Stadtarchiv

Autor Dr. Henning Stein­führer und die Richard Borek Stiftung widmen dem Kunstwerk ein 60-seitiges Buch mit vielen histo­ri­schen Fotos.

Unter Braun­schweigs Sehens­wür­dig­keiten steht der Eulen­spie­gel­brunnen ein wenig im Schatten. Das liegt wohl daran, weil er nicht Teil einer der fünf Tradi­ti­ons­in­seln ist, die nach der Zerstö­rung der Stadt im Zweiten Weltkrieg einge­richtet wurden und die Erinne­rung an das alte Gesicht der Stadt hochhalten sollen. Das Zeug dazu hätte das ehemalige Ensemble am Bäcker­klint mit Brunnen/Eu­len­spiegel-Haus/­Mumme-Haus allemal gehabt.

Das Buch „Der Braun­schweiger Eulen­spie­gel­brunnen“, geschrieben vom Leiter des Stadt­ar­chivs Dr. Henning Stein­führer und heraus­ge­geben von der Richard Borek Stiftung, rückt das Kunstwerk des Bildhauers Arnold Kramer nun auch ohne Tradi­ti­ons­insel zu sein ins rechte Licht. Denn nicht nur für den Buchautor zählt der Eulen­spie­gel­brunnen zu einem der bedeu­tenden und vor allem belieb­testen Braun­schweiger Wahrzei­chen. Er verdient die Beachtung einer eigenen Beschrei­bung in Buchform. Und die gibt es jetzt.

Henning Stein­führer erzählt darin kurzweilig, unter­hal­tend und kompetent die spannende Geschichte jenes Brunnens, der am 27. September 1906 enthüllt wurde. Das Denkmal erinnert an Till Eulen­spiegel, der im Jahr 1300 in Kneitlingen/Elm geboren sein und in Braun­schweig seine Streiche gespielt haben soll. In direkter Nachbar­schaft zum Brunnen soll sich bis 1944 die Bäckerei befunden haben, in der Till, dem Volksbuch zufolge, statt Brot und Brötchen eben Eulen und Meerkatzen gebacken haben soll.

Das 60-seitige Buch enthält 33 histo­ri­sche Fotos. Sie zeigen die Epochen auf, die die dominante Skulptur des Schelms als Kern des Brunnens in nunmehr 108 Jahren erlebte. Enthalten ist selbst­ver­ständ­lich auch die neunzehnte Historie, „wie Eulen­spiegel zu Braun­schweig sich verdingt zu einem Brotbä­cker als ein Bäcker­knecht“. Kunst­his­to­riker Dr. Justus Lange würdigt in einem geson­derten Kapitel den Eulen­spie­gel­brunnen als bedeu­tendes Beispiel der volks­tüm­li­chen, zum Teil humoris­ti­schen Brunnen, die Ende es 19. Jahrhunderts/Anfang des 20. Jahrhun­derts in Deutsch­land entstanden, weil man der Kriegs­denk­mäler nach 1871 überdrüssig geworden war. Lange führt zum Vergleich den „Gänse­dieb­brunnen“ in Dresden und das sogenannte „Brunnen­bu­berl“ vor dem Münchener Stachus an. Lange war bis 2009 Kustos am Städti­schen Museum in Braun­schweig und leitet seither die Gemäl­de­ga­lerie Alte Meister in Kassel.

„Die Geschichte des Brunnens spannt einen Bogen von der großen Zeit der Stadt im späten Mittel­alter, als Eulen­spiegel seine Scherze trieb, bis hin zu der an Brüchen reichen Geschichte des 20. Jahrhun­derts. Der Eulen­spie­gel­brunnen am Bäcker­klint ist ein Monument Braun­schweiger Bürger­sinns und ein Symbol für den schweren Neuanfang nach dem Zweiten Weltkrieg, vor allem aber ist er ein bedeu­tendes Kunstwerk“, schreibt Henning Stein­führer.

Er schildert in seinen Kapiteln die Anfänge des Eulen­spie­gel­brun­nens und die Reaktionen auf die Ausstel­lung eines Modells 1905 im Herzog­li­chen Museum. Die Braun­schweiger mochten den volks­tüm­li­chen Brunnen von Anfang an. Doch die Finan­zie­rung schien ein ernst­haftes Problem zu werden, bis der Bankier Bernhard Meyers­feld Bürger­sinn bewies und die damals horrende Summe von 15.000 Mark aufbrachte und den Brunnen schließ­lich seiner Heimat­stadt Braun­schweig schenkte.

„Eine Denkmal­schän­dung begingen die Natio­nal­so­zia­listen, als sie den Namen des jüdischen Stifters Bernhard Meyers­feld aus der Inschrift entfernen ließen“, berichtet Stein­führer in einem Kapitel von den verbre­che­ri­schen Machen­schaften jener Zeit. Heute ziert den Brunnen wieder eine Gedenk­tafel, auf der es heißt: „Dem lustigen Gesellen Till Eulen­spiegel dort errichtet, wo er die Eulen und Meerkatzen buk, Erdacht und gemacht von Arnold Kramer aus Wolfen­büttel. Wieder aufge­stellt zum Braun­schweiger Heimattag am 1. Oktober 1950. In Gedenken an den Stifter des Brunnens von 1905 Bernhard Meyers­feld.“

Wie durch ein Wunder überstand der Brunnen den schweren Bomben­an­griff vom 15. Oktober 1944, dem die wunder­baren Fachwerk-Häuser drumherum samt und sonders zum Opfer fielen. Die Bilder in dem Buch belegen die damalige Schönheit des Quartiers rund um den Eulen­spie­gel­brunnen.

Obwohl der Brunnen unver­sehrt blieb, wurde er, so schildert es Dr. Henning Stein­führer, von der Stadt­ver­wal­tung in der unmit­tel­baren Nachkriegs­zeit aus Angst vor Metall­dieben abgebaut. Zum Glück wurden bei der Wieder­auf­stel­lung Überle­gungen verworfen, den Brunnen an einen anderen Standort auf eine Tradi­ti­ons­insel, umzusie­deln. Wer das Buch von Henning Stein­führer liest, wird das bestä­tigen. Für 5 Euro ist die Veröf­fent­li­chung „Der Braun­schweiger Eulen­spie­gel­brunnen“ im Braun­schweiger Buchhandel und bei Borek am Dom zu kaufen.

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